Echtes, grünes Moos an den Wänden, Federn aus Holz, leere Vogelkäfige im Treppenhaus – irgendwas stimmt hier nicht. Jetzt fehlt nur noch ein grüner Kakadu, der um die Ecke fliegt. Der kommt zwar nicht, dafür die Kakadu- Hüterin Sylvia Fritzinger. Sie ist Kommunikationschefin im Staatstheater und sie will der grünen Kunstfigur, vor allem der Idee dahinter, Leben einhauchen – mit all den augenzwinkernden Irritationen und Brechungen, die man mit der Theaterwelt verbindet.
Haus des Weines
Erzählen wir die Geschichte des Kakadus von Anfang an: Jeder und jede in Mainz kannte das „Haus des Deutschen Weines“, kurz HDW genannt, das mit großem Enthusiasmus – schon lange vor den Great Wine Capitals – den Mainzern und Besuchern jahrzehntelang gezeigt hat, dass auf den umliegenden rheinhessischen Hügeln tatsächlich Reben wachsen und Wein in den Adern fließt. Dennoch musste das traditionsreiche Lokal schließen. Der pfiffige Theaterintendant Markus Müller ahnte sofort, dass man mit dem benachbarten Restaurant engere Bande zum Theater knüpfen könnte, denn Theaterbesucher gehen gerne vor dem Konzert oder vor der Oper noch was essen oder anschließend was trinken. Daneben eignet es sich auch als Spielstätte. Gesagt, getan. Bei der Suche nach dem Namen landete man schnell bei Arthur Schnitzlers Theatergroteske „Der grüne Kakadu“. Schauplatz des Stücks ist die gleichnamige Bar eines ehemaligen Theaterdirektors in Paris – Treffpunkt gewisser Gestalten mitten in der französischen Revolution. Und hatten wir nicht auch einst die Mainzer Republik? Der Name war gefunden, jetzt fehlte noch das Konzept.
Tradition und Innovation
Im Erdgeschoss gibt es Speisen für „vorneweg oder hinterher“ wie Salatbowls oder saisonale Suppen, aber auch Deftiges wie Wiener Kalbsschnitzel samt Apfel-Rotkraut- Salat oder Rumpsteak und Ragouts sowie Mainzer Klassiker, vom Hand- oder Spundekäs bis zu Weck, Worscht und Woi. Und siehe da, die Weinkarte knüpft an die Tradition des HDWs an, mit Weinen aus fast allen Lagen und Ländern. Kulinarisch bekommt man ein ordentliches Gericht serviert, das seinen Preis wert ist. Christoph Trost ist Küchendirektor und man darf sich auf die Entwicklung freuen. Das Ambiente ist gemütlich, modern und schlicht: warmes Holzparkett, mal grüne Polster, mal grünes Moos – irgendwo muss der Kakadu seine Spuren hinterlassen. Sehenswert, die kleine Kaschemme oder Spelunke im hinteren Teil des Restaurants, eine Reminiszenz an Schnitzlers Groteske. Kurzum: Der Grüne Kakadu ist ein angenehmes Plätzchen, allenfalls die Beleuchtung könnte etwas schmeichelnder sein.
Barbetrieb im ersten Stockwerk
Richtig rund wird das Konzept mit der Kakadu Bar im ersten Stock: eine Mischung aus Salon und Brettl-Bühne, die das große Theater mit den kleinen Künsten verbindet. Hier diskutieren Regisseure mit Autoren, lesen Schauspieler des Ensembles und Musiker musizieren, jammen, tanzen und singen – Theater zum Greifen nah. Programm und Vorstellung der Künstler übernimmt Sylvia Fritzinger. Jürgen Knauer und Georg Schiessl sind die Gastgeber, Schiessl ist zudem Barista, als auch Schauspieler und Sänger und tritt am 10. März mit einem eigenen Liederabend (Der Ungeist startet nachts im Frack) auf. Die Kakadu Bar ist dabei nicht nur Name, sondern auch Wirklichkeit mitsamt Bar und reichhaltiger Cocktail-Karte von Whisky Sour bis zum Bond-Klassiker „Lillet Vesper“. Schön, dass der grüne Kakadu in Mainz sein Nest gebaut hat.
www.zumgruenenkakadu-mainz.de
Text Michael Bonewitz