
Ein Kleingarten in Mainz-Mombach wird für Angelika und Sascha Schmidt zur grünen Oase und zum Rückzugsort vom Stadtleben – mit viel Herzblut, Gemüseanbau und einer Prise Gartenzwerg-Charme. Inmitten von 1.588 Parzellen in Mainz ist ihr Garten ein Paradebeispiel für gelebte Kleingartenkultur und zeigt, wie erfüllend das Leben auf 602 Quadratmetern sein kann. Doch die Sehnsucht nach dem eigenen Stück Natur bleibt groß – denn freie Gärten sind rar und heiß begehrt.

Ein Sonntag im Mai, blauer Himmel, es zwitschert und plätschert, der Frühstückstisch ist abgeräumt und unter dem Sonnenschirm wartet der Liegestuhl. Perfekte Kleingarten-Idylle. Dackel Arthur streunt durch „sein“ Revier, ein Trupp Deko-Frösche mit Schubkarren und Rasenmäher wacht neben einem blühenden Blumenkasten, zwei kleine Keramiksurferinnen sind am Ufer des Miniteichs platziert. Gartenzwerge säumen den kleinen, gepflasterten Weg. Angelika Schmidt freut sich über ihre vielen liebevoll drapierten Deko-Elemente. „Es ist zwar Kitsch, aber es gehört für mich dazu.“ Gemeinsam mit ihrem Mann bewirtschaftet sie 602 qm im Kleingärtnerverein Mainz-Mombach. Seit über 20 Jahren hat die Familie das Gartengrundstück unter ihren Fittichen, inzwischen haben Angelika und Sascha Schmidt den Garten von Sascha Schmidts Vater übernommen.

Sehnsuchts-Ort
Die Sehnsucht nach dem eigenen Fleckchen Grün ist groß – schließlich sind eigene Gärten gerade im dicht besiedelten Innenstadtbereich eher eine Seltenheit. Ein Kleingarten, fernab vom Trubel und dennoch gut erreichbar, mit eigenem Gemüsebeet und blühenden Rosen – davon träumen viele Mainzer. Und obwohl Mainz auf den ersten Blick mit Kleingärten eigentlich recht gut ausgestattet scheint, ist die Chance, kurzfristig einen eigenen Kleingarten pachten zu können, eher gering. Die Wartezeit in den einzelnen Vereinen beträgt teilweise mehrere Jahre, berichtet Angelika Schmidt, die auch stellvertretende Vorsitzende des Stadtverbands Mainz der Kleingärtner ist.

Parzellen um die Stadt
1.588 einzelne Garten-Parzellen gibt es in Mainz, aufgeteilt auf 23 Kleingartenvereine mit etwa 2.000 Mitgliedern. Der Stadtverband fungiert als Generalpächter der insgesamt etwa 610.000 qm Kleingartenfläche im Stadtgebiet und verwaltet die Gärten im Auftrag der Stadt. Etwa 250 bis 350 qm groß sind die einzelnen Gärten in Mainz im Durchschnitt – lediglich in Mombach, der Anlage, die jenseits der Schiersteiner Brücke in der Nähe des Rheinufers liegt, sind sie größer. Viele der Vereine befinden sich in der Oberstadt, zusammenhängend am Rande der Geschwister- Scholl-Straße, erzählt Angelika Schmidt. Weitere gibt es unter anderem in Bretzenheim, Laubenheim, Ebersheim, auf dem Hartenberg oder in Finthen. Dass weitere Flächen dazukommen könnten, sei unwahrscheinlich. Im Gegenteil – man hoffe, dass durch den Anschluss des Heiligkreuzareals ans Straßenbahnnetz nicht mittelfristig Flächen wegfallen.

Regelwerk?
Was Regelungen angehe, sei die Gartenordnung der Stadt ausschlaggebend, erklärt Angelika Schmidt. Und die besagt unter anderem, dass die Mainzer Gärten allesamt Nutzgärten seien – heißt, dass ein Drittel der Fläche dem Anbau von Obst und Gemüse vorbehalten bleiben muss. Kartoffeln, Zwiebeln, Salat, Knoblauch, Blumenkohl, Brombeeren – sogar eine Weinrebe gibt es im Schmidt‘schen Garten in Mombach. „Das Gärtnern macht uns einfach großen Spaß“, sagt Angelika. „Man kann das essen, was man selbst angebaut hat.“ Und natürlich sei die Gartenarbeit ein sehr schöner Ausgleich zu ihrem Job, bei dem sie hauptsätzlich eine sitzende Tätigkeit ausübe. Für ihren Mann ist das Gärtnern sogar Berufung: Dass er ausgebildeter Landschaftsgärtner ist, sieht man dem Garten der Familie natürlich an. Ein selbstgebauter Rosenbogen begrüßt die Bewohner, Hecken, Beete, Wege und Terrassen sind professionell angelegt und top in Schuss. Auch das ist von Vorteil, wenn man einen Kleingarten pachten möchte: einen grünen Daumen und Freude an der Gartenarbeit haben. Der Komfort im Mombacher Garten kann sich – für Kleingartenverhältnisse – sehen lassen: Die gemütliche, zweckmäßige Laube ist mit Einbauküche ausgestattet, der Strom für den Kühlschrank kommt vom Solarpanel auf dem Dach. In einem kleinen Hüttchen gibt‘s eine Chemietoilette, Wasser holen sich die Schmidts aus dem Schwengelbrunnen. Und im Geräteschuppen findet sich alles, was man zur Gartenpflege so braucht.
Raus aus der Enge
Das Ehepaar lebt sonst in der Neustadt – dort haben sie Patenschaften für Bäume übernommen; einen eigenen Garten kann das aber nicht ersetzen. Umso größer die Freude über die grüne Oase in Mombach – die beide auch im Winter regelmäßig besuchen und in Schuss halten. „Wir machen dann Reparaturen im Häuschen, ich setze auch mal Winterzwiebeln“, sagt die Hobbygärtnerin. Generell sei im Winter in den Anlagen aber wenig los. Umso schöner dann, wenn der Frühling kommt und das Leben und die Blüte wieder einkehren: Fast wirkt das Fleckchen Erde in Mombach dann wie ein Urlaubsort – mit dem Unterschied, dass Übernachten in den Kleingärten nicht gestattet ist. Mal ein Sommerwochenende sei akzeptabel, sagt Angelika Schmidt, dauerhaft dort wohnen darf man allerdings nicht. Und die Kosten? Wenige hundert Euro im Jahr im Durchschnitt! „Aber wenn man einen richtigen Selbstversorger- Garten anlegt, kann man das Geld wieder reinholen“, weiß Angelika und zeigt auf ihre gepflegten Beete. Da kann Dackel Arthur nur zustimmend bellen und es sich auf dem Plätzchen unter der Sitzbank gemütlich machen.
Text: Maike Hessedenz
Fotos: Luise Artmann