Imran Khan ist eine Erscheinung. An warmen Tagen sieht man ihn manchmal in seiner Jeans- Latzhose, die Dreads baumeln vom Kopf, Sonnenbrille, südeuropäischer Teint. Seine ruhige Gitarre hebt sich wohltuend vom Rest so manch anderer Dudler ab. Ob Queen, Beatles, Stevie Wonder oder der Soundtrack von Amelie – man merkt, hier spielt jemand, der es richtig draufhat. Und dahinter steckt jemand, der trotz seiner 31 Jahre viel erlebt und gesehen hat von der Welt – und dennoch bescheiden bleibt. Fast täglich von vier bis sechs Uhr steht er auf dem Marktplatz, Leichhof oder dem Liebfrauenplatz. Immer dabei sind seine Akustik-Gitarre, ein kleiner Verstärker und Klapprad. Dann versinkt er in eine eigene Welt. Manchmal stampft er mit dem Fuß, tänzelt zum Takt und spielt die Gitarre, die teils klingt wie zwei.
Turbulentes Leben
Geboren wurde Imran im April 1988 in London (zwei Jahre nach seinem Bruder) als Kind von Eltern aus Pakistan und Bangladesch. Die zogen kurz vor der Geburt in die britische Hauptstadt. Imrans Mutter arbeitet dort beim Roten Kreuz, sein Vater bei verschiedenen NGOs, denn es war nur einer von vielen Umzügen: Sieben Jahre später geht die Familie nach Laos (Vientiane). Von dort ziehen sie nach weiteren vier Jahren Richtung Kuala Lumpur (Malaysia) und von 2001 bis 2004 nach Bangkok. Imran ist mittlerweile Teenager und besucht die französische Schule. Er spricht auch italienisch. Es ist die Zeit, in der sich sein Bruder eine E-Gitarre kauft und das Faible für Musik beginnt: die Nachwehen von Nirvana und Rage Against the Machine. In Bangkok spielt Imran in einer Band erste Coversongs.
Teenager-Zeit
2004 geht es zurück nach London. Imran macht sein Abitur (A-Level) mit den Schwerpunkten Kunst, Musik und Politik. Nach der Schule folgt eine Auszeit in Italien, wo ein Zweig der Familie ein Hotel betreibt. Imran jobbt dort und sein musikalischer Schwerpunkt verschiebt sich von der E- zur Akustik-Gitarre. Die Liebe zur Musik treibt ihn jedoch weiter nach Kuba. Rhythmen stehen hier auf dem Programm und Imran lernt Spanisch und besucht Musikkurse. Er bereist das Land und zieht mit Freunden weiter durch Zentralamerika: Mexiko, Panama und Guatemala. Die Musik begleitet ihn dabei. Nach der Auszeit folgt das Studium an der SOAS University of London – School of Oriental and African Studies – eine der Top 15 Hochschulen in Großbritannien und nach wie vor die wichtigste Uni für Studiengänge, die sich mit Afrika, Asien und dem Nahen Osten befassen. Imran studiert Musik und macht seinen Abschluss 2010. Danach geht es wieder auf Reisen – dieses Mal mit dem Fahrrad von London nach Mali (Afrika). Drei Monate ist er unterwegs zu einem Festival in die Hauptstadt Timbuktu. Mit dabei ist seine Freundin, eine Sängerin. Beide lernen unterwegs viele Musiker kennen und nehmen gemeinsam ein Album auf: „Ich habe so viele Einflüsse“, sagt Imran. „Weil ich Musik von der ganzen Welt höre.“ Schon in seinem Elternhaus wurde westafrikanische Musik gespielt.
Zusammenbruch und Neu-Findung
2011 – zurück in London – heiratet das Paar und kauft sich ein Hausboot. Imran hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. 2014 dann die Trennung und eine Phase der Neu-Findung, bestimmt durch die Musik. Sein musikalisches Vorbild ist Tommy Emmanuel, ein begnadeter Solo Gitarrist, bekannt für seine spezielle Spieltechnik. Emmanuel ist erst mit 50 berühmt geworden, durch Youtube- Videos. Imran hat also noch Zeit. An einem normalen Wochenende in London geht er zu drei Konzerten – mindestens. Doch die Musik, die ihn interessiert, spielt kaum in England. Dagegen findet vieles in Deutschland statt. Der Weg der Musik führt Imran also wieder auf Reise, zuerst nach Italien. Imran macht unterwegs gutes Geld, teils 50 Euro am Tag. Die Übernachtungskosten sind gering, meistens schläft er im Zelt. In Rom trifft er eine alte Liebe, die schon in Deutschland gelebt hat, ausgerechnet in Mainz. Die Liebe zu der Italienerin flammt wieder auf und das Paar zieht über London nach Mainz, wo sie einen Job an der Unimedizin bekleidet. Seit knapp zwei Jahren wohnen sie nun gemeinsam in einem Haus in Bretzenheim. Und Imran macht das, was er am liebsten macht: Musik – fast jeden Tag auf Mainzer Plätzen. Und: Er kann zum ersten Mal davon leben. Auch erste gebuchte Auftritte sind dabei – noch wenige. Er würde gerne mehr davon absolvieren. Dort spielt er mehr eigene Sachen, improvisiert, auch mit internationalen Stilen. Im unterhaus hat er schon ein Konzert gegeben, auch eine neue CD existiert und eine weitere soll folgen. Doch am liebsten mag er es, wenn die Leute einfach nur seiner Musik zuhören, egal wo. Doch was hält so jemanden in Mainz? „Ich wollte eine ruhige Stadt, nichts Hektisches, wo zu viele Musiker sind, so wie in Berlin und London.“ Ob es wohl dabei bleibt? Oder er sich von der Musik weitertreiben lassen wird – man wird sehen …
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von David Gutsche
Fotos: Katharina Dubno