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Kicken auf Mainzer Art: Die bunte Liga


Die Bunte Liga Rheinhessen lebt eine besondere Fußballkultur: Es geht um Fairplay, kühles Bier und die Freude am Spiel

Sie nennen sich „Lederdämmerung“, „Bombeleescher“ oder „Fleischwoscht Samba Fußballwucht“. Jedes Wochenende kommen sie zusammen, um auf einer ihrer „Kampfbahnen“ gegeneinander anzutreten. Denn sie alle verbindet die tiefe Liebe zum Ball: Die Bunte Liga Rheinhessen – das ist wahre Fußballleidenschaft gepaart mit einer guten Portion Gediegenheit. Denn die Kiste Bier am Spielfeldrand, die fehlt eigentlich nie.

Pünktlich zum Wochenende stürmt die bunte Truppe fußballbegeisterter Freizeitkicker die Bolzplätze der Region – mit Ball, Bier und Fangemeinde im Gepäck. Vor allem bei schönem Wetter wächst die Menschentraube am Spielfeldrand: Da trifft Männlein auf Weiblein, Kinderwägen reihen sich ein und auch die Kids vom Spielplatz nebenan schauen neugierig, was sich da auf dem grünen Rasen anzubahnen droht.
Anpfiff! Zwei Mannschaften à sechs Spieler geben 60 Minuten ihr Bestes. Einen Schiri gibt es nicht. Das regeln die Mannen unter sich, Fairness wird dabei groß geschrieben. Emotional geht es trotzdem her: Es wird gejubelt, wenn Tore fallen und geflucht, wenn der Ball nur um Haaresbreite am Pfosten vorbei schlenzt. Nach 30 Minuten ist Zeit zum Durchatmen. In der Fünfminutenpause besprechen die Teams ihre Taktik, dabei sind die Mienen ernst. Und ehe man sich versieht, geht das Spiel auch schon weiter. „Nichts ist verloren, auf geht’s, Vollgas“, tönt es über den Platz – „Ja so antwortet man“, rufen die Gegner, als das entscheidende Tor fällt. Das Publikum grölt. Des einen Freud ist des anderen Leid. Fast wie im wahren Leben, doch hier ist alles halb so wild, denn wichtig ist, dass es Spaß macht. „Wir wollen entspannt zusammen kicken und eine gute Zeit haben, ohne feste Vereinsstrukturen, in lockerer Atmosphäre“, sagt Daniel Sieben, Spieler bei den „CF Millonarios Maguncia 02“. Seine Mannschaft führt die Tabelle derzeit an. Und auch wenn er selbst seit einigen Wochen nur mit Krücken vom Spielfeldrand aus dabei ist, über den Erfolg seiner Truppe ist er dennoch sichtlich erfreut.

Fußball 2.0 – selbstorganisiert und spontan
Wer wann und wo spielt, regeln die Jungs von der Liga über ihr Internet-Forum, das Herzstück der selbstorganisierten Truppe. „Manchmal stehen die Termine erst drei Tage vorher fest, das ist alles sehr spontan und nur dank des Forums möglich“, erklärt Daniel. Bei so viel Spontaneität kann es schon mal vorkommen, dass ein Spieler erst zehn Minuten nach Anpfiff mit seinem Fahrrad um die Ecke kommt. Vor 13 Jahren, als sich die Bunte Liga in Mainz zusammengefunden hat, lief die Organisation noch per Post und Telefon. Über den so genannten „BLED“, den Bunte-Liga-Ergebnisdienst, wurden alle Mannschaften per Post über Spielergebnisse, Tabellenstand und Spieltermine informiert. Ein absoluter Blätterwahn, den man sich heute kaum noch vorstellen kann.
Bemerkenswert, dass sich die locker organisierte Runde bis heute hält und an jedem Wochenende Fußballspaß für Spieler und Zuschauer liefert. Bis Ende November dauert die neunmonatige Saison jedes Jahr. Dann müssen alle Spiele gelaufen sein, denn im Dezember steht die große Ligafeier an. Dazu bastelt jedes Team einen Pokal. Das Siegerteam, der Meister der Saison, darf sich dann als Erstes eines dieser selbstgebastelten Exemplare aussuchen. Schon des öfteren ist der Pokal am Abend der Ligafeier verschwunden, liegen geblieben im Taxi oder vergessen in der Kneipe. Bezeichnend für die Bunte Liga, denn Sieg oder Niederlage, darum geht es hier eigentlich weniger: „Zum Spiel gehört vor allem die Party drumherum.“ schließt der Ehrenkodex der Bunten Liga.

www.die-bunte-liga.de

Text: Nicola Diehl
Fotos: Ichi