Das neue Jahr hat begonnen, und schon steht die Mainzer SPD vor einer ihrer ersten großen Prüfungen. Auf dem Parteitag am heutigen Sonntag wurden die Weichen für zwei Dezernentenposten gestellt, die die Partei laut Koalitionsvertrag mit Grünen und CDU besetzen darf. Die Entscheidung fiel auf die Parteivorsitzenden Jana Schmöller und Ata Delbasteh. Während Schmöller für das Sozialdezernat nahezu unumstritten ist, sorgt die Nominierung von Delbasteh für das Schul- und Kulturdezernat für Diskussionen.
Ein Verfahren unter Zeitdruck
Zuerst hierließ die Art und Weise, wie die Kandidatenfindung organisiert wurde, bei den Genossen Fragen. Die Bewerbungsfrist bis zum 11. Dezember sei zu knapp gewesen und die Auswahl erfolgte in einem Verfahren, bei dem nicht die Expertise in den betroffenen Ressorts im Vordergrund stand, sondern mehr parteipolitische Überlegungen: Wer ist gut vernetzt? Wer kann die Parteipolitik am besten in den Stadtvorstand einbringen? Dass sich letztlich die Parteivorsitzenden durchsetzten, lässt vermuten, dass weniger die besten Kandidaten gesucht wurden als ein parteiinterner Konsens – immerhin hatte die Findungskommission 10 Bewerbungen vorliegen. Dennoch wagte die SPD überhaupt dieses offene Verfahren mit dem Verweis auf demokratische Teilhabe.
Ein Kandidat ohne starken Ressortbezug
Die Personalie Delbasteh rief hier und dort Kritik hervor. Der Unternehmer hat sich aus herausfordernden Verhältnissen hochgearbeitet, ist seit 18 Jahren SPD-Mitglied, seit zwei Jahren ihr Vorsitzender und hat die Partei nach der gescheiterten OB-Wahl geeint wie kein zweiter. Nun möchte er sich für Bildung und Kultur einsetzen. Doch die Verbindung zu den Ressorts bleibt weniger stark als bei manch anderen: Zwar erwähnte er in seiner Rede zahlreiche Kulturprojekte, wie die von ihm mit-initiierte lulu, oder das Allianzhaus und die Kulturbäckerei, doch hat er vergleichsweise weniger Erfahrungen in der Kultur- oder Bildungspolitik vorzuweisen, als Kandidaten, die seit Jahren dort aktiv sind – und zudem auch keinen Mainzer Wohnsitz. Dennoch sind viele weitere Fähigkeiten unbestreitbar. Dies zeigten auch mehrere anschließende Wortmeldungen, die den Parteivorsitzenden bestätigten. Etwaige Kritiker blieben stumm.
Eine Alternative aus der zweiten Reihe
Interessant wurde vor der Nominierung der Blick auf Tino Leo, einen überraschenden dritten Kandidaten aus dem Ortsverein Hechtsheim. Als Theaterautor und Leiter der Mainzer Schauspielschule brachte er einen augenscheinlich stärkeren Bezug zu Kultur und Bildung mit – allerdings nicht die parteipolitische Machtbasis und das Netzwerk von Delbasteh. Beide haben das, was jeweils dem anderen fehlt, aber Delbasteh die größere Bekanntheit und Basis.
Die Abstimmung reflektierte dann auch die Spannungen: Zwar konnte sich Delbasteh mit 81 Stimmen durchsetzen, doch Leo sammelte immerhin 25 Stimmen von 117 – ein Achtungserfolg, der signalisiert, dass nicht alle in der Partei mit der Entscheidung zufrieden sind.
Zwei Dezernenten – ein Geschmäckle
Seine bisherigen Jobs wird Delbasteh nach dem Antritt als Dezernent an den Nagel hängen, Parteivorsitzende wollen er und Jana Schmöller jedoch weiterhin bleiben. Da Schmöller ohne Gegenkandidaten lief, erreichte sie 103 von 121 gültigen Stimmen und wird damit neue Dezernentin für „Soziales und Jugend“, wo sie durch den Zuschnitt von Delbastehs Dezernat „Schulen und Kultur“ sowieso eng mit ihm zusammenarbeiten wird.
Die Amtszeit des amtierenden Sozialdezernenten Eckhard Lensch endet am 30. Juni 2025, die von Kulturdezernentin Marinna Grosse im Februar 2026. Die Nominierung ist noch vorbehaltlich der Wahlen im Stadtrat, was jedoch nur noch Formsache sein dürfte.
Am Ende stehen zwei neue Dezernenten, aber die Findung hinterlässt ein wenig Geschmäckle.
Kommentar: David Gutsche
Quo Vadis SPD (in Mainz) ? Seit Herrn Ebling Abgang geht es wohl nur um schnelle Posten Besetzung ? Kein gutes Vorbild für Wähler… Obwohl ich ein überzeugter SPD Wähler bin (bzw. war) werde meine Stimme nicht mehr dieser Partei geben !