Seit Juli dürfen Cannabis Social Clubs (CSC) mit dem gemeinschaftlichen Anbau starten. Viel tut sich aber noch nicht. Wo in Mainz gekifft werden darf ist zudem unübersichtlich geregelt. Ein Überblick zum aktuellen Stand:
Der Konsum von Cannabis ist in Deutschland seit dem 1. April 2024 legal. „Eine längst überfällige Entkriminalisierung der Konsumenten“, sagt Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband. Der Besitz von bis zu 25 Gramm „Gras“ ist seitdem erlaubt. Zudem dürfen Konsumenten bis zu drei Pflanzen zum Selbstanbau besitzen. Seitdem passierte jedoch wenig. Die nächste Phase der versprochenen Teillegalisierung, die Gründung der Cannabis-Vereine, wurde erst drei Monate später eingeläutet. Den sogenannten Cannabis Social Clubs (CSC) ist es seit dem 1. Juli offiziell möglich, sich zu formieren und einen Gründungsantrag beim Land zu stellen. In Rheinland-Pfalz ist für die Erlaubniserteilung das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung (LSJV) zuständig. Damit die Mitglieder der Clubs gemeinschaftlich Cannabis anbauen können, um so den Schwarzmarkt zu bekämpfen und den Zugang zu sauberem und qualitativ hochwertigem Cannabis zu ermöglichen, sind jedoch einige Hürden zu nehmen. Der Deutsche Hanfverband zählt bundesweit um die 180 Gründungsanträge, von denen nur ein Bruchteil zum jetzigen Stand bearbeitet ist – in Rheinland-Pfalz wurden 13 Anträge eingereicht. Für Wurth gibt es zwei Gründe, warum es so langsam geht: Fehlendes Personal in den Behörden und eine Pflicht-Schulung für die Mitarbeiter der Clubs, die meist noch nicht absolviert wurde. „Die Länder müssen die Behörden ausbauen, um die Anträge zu prüfen, es gibt aber noch zu wenig Personal. Zudem kommt das Problem mit den Schulungen. Jeder Club braucht einen Präventionsbeauftragten“, so der Geschäftsführer des Verbands.
Stand in Mainz
Auch in Mainz tut sich was: Die offiziellen Anbauvereine sind uns nicht bekannt, denn dies sind oft noch sehr kleine Clubs und Vereine, die bei weitem noch nicht in großem Stil anbauen und organisieren können. Doch ein wichtiger Player der Szene, der High Society CSC, gegründet von Julian Sens und Chris Hauptmann, befindet sich in der Strukturierungsphase. Laut den Geschäftsführern werde im Moment der vereinsinterne Cannabis-Anbau organisiert und eine Konsumvereinigung gegründet. Den ersten Mainzer Cannabis-Club plagen Behördengänge und der Organisationsstau. Es lägen bereits 1.500 Mitgliedsanträge vor und „es werden von Tag zu Tag mehr“, sagt Sens. Doch die Gesetzeslage schreibt eine Maximalanzahl von 500 Mitgliedern pro CSC vor, sodass die Verantwortlichen von High Society eine Lösung finden müssen, alle Interessierten gesetzeskonform unterzubringen. Wie auch andere Cannabis-Clubs erhoffen sich Sens und Hauptmann durch ihre Arbeit, den Schwarzmarkt zurückzudrängen. Wurth stuft die Rolle der Vereine dahingehend jedoch als gering ein: „Der Eigenanbau besitzt in meinen Augen aktuell mehr Potenzial als die Cannabis-Clubs, den Schwarzmarkt zurückzudrängen.“ Sens und Hauptmann arbeiten daher neben dem Aufbau ihres Cannabis-Clubs an der Eröffnung des dem Verein als Anlaufstelle dienenden Ladens „CannaTech“ in der Binger Straße 22, der technischer Ausstatter sowie Beratungsagentur werden soll. Sens erklärt: „Erst wenn der Shop fertig ist, kann mit der richtigen Vereinsarbeit begonnen werden.“ Am Samstag 28. September wird Eröffnung gefiert.
Unübersichtlich
Und wo darf nun „gekifft“ werden? Natürlich in den eigenen vier Wänden, doch darüber hinaus werden die Regeln undurchsichtig. In Fußgängerzonen etwa ist der Konsum von 7 bis 20 Uhr verboten. Auch auf Volksfesten muss der Joint aus bleiben. Vor allem der Jugendschutz führt zu weiten Verbotszonen, denn laut Gesetzeslage darf erst mit einem Abstand von 100 Metern („in Sichtweite“) von Schulen, Kitas, Jugendzentren, Spielplätzen und öffentlich zugänglichen Sportstätten „Gras“ geraucht werden. Der Konsum in der Nähe von Minderjährigen ist also untersagt. „Schräg“, findet Wurth: „Wer kann denn auf den Meter genau Distanzen einschätzen? Und wie soll das exakte Alter von Jugendlichen geschätzt werden?“, fragt er sich. „Ich sehe nicht, ob jemand 17 oder 18 Jahre alt ist“, so der Verbandsgeschäftsführer. In Hinblick auf Mainz wird der rechtmäßige Konsum besonders in der Neustadt, in Gonsenheim und im Stadtteil Hartenberg-Münchfeld wegen der vielen Schulen und Kitas schwierig. Grünes Licht gibt es hingegen am Rheinufer, am Hauptbahnhof und in einem großen Teil der Altstadt. In Schwierigkeiten kommt dabei aber auch die Polizei, denn wie will sie einen Dealer von einer Person mit Eigengebrauch bei einer Grenze von 25 Gramm unterscheiden? Die Legalisierung entpuppt sich so lange noch als Projekt in „Kinderschuhen“.
Text: Leonard Rosch