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Koordinierte Schnitzeljagd


Text: Monica Bege
Fotos: Katharina Dubno

Geocaching – der neue Trend aus den USA erobert Mainz. Schatzsuche per GPS: sensor zeigt wie’s funktioniert.

Menschen mit technischem Kleingerät in der Hand, irgendetwas scheinen sie zu suchen. Kommt man ihnen näher, endet ihre Stöberei abrupt. Hilfe möchten diese Leute auch nicht. Sind Sie vielleicht auf einige Exemplare der weltweit vier bis fünf Millionen Mitglieder zählenden Gruppe der Geocacher gestoßen?

Was ist Geocaching?
Geocaching ist eine Art weltweiter Schnitzeljagd, bei der die einen verstecken und die anderen suchen. Wortwörtlich übersetzt bedeutet Geocache Erdversteck. Cache wird wie das englische Wort „cash“ (dt. Bargeld) ausgesprochen. Die Cache-Lokalisierung läuft über die satellitengestützten Koordinaten des GPS (Global-Positioning-System). Anfangs verfälschte die US-Regierung aus militärischen Gründen das zivil genutzte GPS-Signal. Seit dem 1. Mai 2000 ist diese Störung beseitigt und Ortsungenauigkeiten schrumpften auf nunmehr wenige Meter zusammen. Grund genug für Dave Ulmer, am 3. Mai 2000 in Portland/USA eine kleine Dose zu verstecken und deren GPS-Koordinaten im Internet einzustellen. Drei Tage später läuteten bereits zwei Finder heftig an den Geburtsglocken des Geocaching. Die Mitgliederzahl wächst seither stetig an.

Variationsreiche Caches
Verschiedene Spielarten entwickelten sich, das Suchen-Finden-Prinzip ist geblieben. Die ursprünglichen, traditionellen Caches sind an besonderen Orten versteckte, wasserdichte Behältnisse unterschiedlicher Größe. Anhand ihrer auf Webseiten hinterlegten GPS-Koordinaten können sie gesucht werden. Kleine Caches in Filmdosengröße beinhalten meist nur ein zusammengerolltes Logbuch. Nachdem der Cache gehoben, also gefunden wurde, trägt sich der Finder dort mit Datum und Uhrzeit ein. Größere Boxen beherbergen zusätzlich noch kleine Tauschgegenstände. Die Regel: Wer rausholt, muss auch reinlegen. Lebensmittel und gefährliche Gegenstände stehen auf dem Index, gut geeignet sind kleine Figuren und Anhänger. Anders der Mystery-Cache: Zunächst wird eine Rätsel- oder Knobelaufgabe gestellt, aus der richtigen Lösung ergeben sich die Zielkoordinaten. Der Multi-Cache hingegen setzt sich aus zwei oder mehreren Verstecken zusammen, alle geben Hinweise für oder zu dem finalen Cache.

Reisende wieder gehen lassen
Ein „Travelbug“ ist eine Metallmarke mit eingestanzter oder aufgedruckter Nummer. Meist hängt an dieser ein kleiner Gegenstand. Unterwegssein aus purer Lust, mit Aufgaben oder bestimmten Zielen – wer ihn aus einer Box entnimmt, muss ihn wieder an anderer Stelle ablegen. Zur Nachverfolgung ist der Internet-Logeintrag wichtig. Gleiches gilt für Geocoins, optisch sehr attraktive Münzen.

Erste Schritte im Netz
Neugierig geworden, möchten wir auch einige der weltweit 1,2 Millionen ausgelegten Caches aufspüren. Über das Internet steigen wir in die Cacher-Szene ein und stoßen über die deutschsprachige Website www.geocaching.de auf eine gute Übersicht zum Thema, eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Finden eines Cache und wichtige Regeln, die unbedingt beachtet werden sollen. Eine Cache-Datenbank bietet diese Seite jedoch nicht, sie verweist auf die weltweit größte Anlaufstelle www.geocaching.com. Wer’s englisch nicht mag, kann am Ende der Seite die Sprache nach Herzenslust wechseln. Unter „Caches suchen und verstecken“ geben wir in das Feld „nach Adresse“ direkt „Mainz“ ein. Das Symbol MAP IT rechts am Rand öffnet eine Karte und zeigt tatsächlich die ersten Verstecke an. Wir sind begeistert und klicken auf einen durch eine grüne Box gekennzeichneten traditionellen Cache und dann nochmals auf den unterstrichenen Cache-Namen. Die Beschreibung zu dem Versteck können wir lesen, doch für die Koordinaten müssen wir uns einloggen. Die Basic-Mitgliedschaft ist kostenfrei. Gebührenpflichtig, aber mit einigen Extras für Profis im Angebot ist die Premium-Mitgliedschaft.
Anders ist die deutschsprachige Alternative www.opencaching.de, die ebenfalls mit eigener Datenbank aufwartet. Neben der Beschreibung gibt es hier die Koordinaten auch ohne Registrierung. Nur für den virtuellen Logbucheintrag auf der Webseite müssen wir uns anmelden. Das ist kostenfrei und viele Caches sind parallel auf beiden Internet-Plattformen eingestellt.

Mit welchem Gerät auf Dosensuche?
Mit GPS-Handgerät und Smartphone wollen wir loslegen. Unser „Undwas-jetzt-und-was-jetzt?“-Mantra wird nicht mit spiritueller Eingebung belohnt. Wir forschen nach und fassen zusammen:
Für das Smartphone braucht man eine Geocaching-App. Zum Reinschnuppern reichen auch kostenfreie Testversionen, wie z.B. die iPhone-App „Geocache INTRO“. In der Sparversion natürlich mit Einschränkungen: Anzeige nur der drei nächstgelegenen Caches, graphisch einfach gehalten, englischsprachig und Distanzangaben in Meilen. Auch bietet die App keine Hinweise zum Fundort oder Fotos. Die ausgereifte Vollversion für 7,99 EUR lässt hingegen kaum Wünsche offen. Im Android-Bereich kommt das kostenlose „c:geo“ sehr gut an und ist der „Ge-Org“-Applikation (9,99 Dollar) relativ ebenbürtig.
Eine prinzipiell andere Herangehensweise beim GPS-Gerät: im Vorfeld die Auswahl der zu hebenden Caches am PC suchen, dann das Überspielen der Daten (Name und Koordinaten) auf das GPS-Gerät. Für den Notfall, falls wir vor Ort nicht weiterkommen sollten, drucken wir schnell noch die hilfreichen Cache-Beschreibungen auf Papier aus.

Technik-Check
Nach zwei Stunden leidenschaftlicher Suche und glückseligen Findens zeigt der Telefon-Akku bereits erhebliche Ermüdungserscheinungen, unser robustes batteriebetriebenes GPS-Gerät ist davon noch weit entfernt. In puncto Genauigkeit geben sich beide Geräte nicht viel. Wer sich allerdings längerfristig diesem Hobby widmen möchte, wird um ein GPS-Gerät kaum herum kommen. Der Zwischenstopp in einem Outdoor-Fachgeschäft (z.B. Sine) gibt einen Überblick über die verschiedenen Modelle: Einige Geräte zeigen in Verbindung mit der Geocaching-Premium-Mitgliedschaft (Jahresgebühr derzeit 30 Dollar) auch die nützlichen Zusatzinformationen an. Bequemes papierloses Cachen somit auch hier möglich, das Übertragen der Daten entfällt damit aber nicht.

Fazit
Hier trennt sich die Spreu vom Weizen: Schon beim ersten Fund spüren wir, dass heißes Cacherblut durch unsere Adern jagt. Verstecke aufspüren, mit neuen Blickwinkeln auf Vertrautes schauen, nicht offensichtliche Dinge wahrnehmen und historische Besonderheiten des Fundortes per Cachebeschreibung erfahren – das spricht nicht nur uns an, sondern auch Familien mit Kindern, Großeltern und Naturfreunde. Die Kombination von Technik, über die man sich im Vorfeld gut informieren sollte, frischer Luft und ausgelebtem Jagdtrieb empfanden wir als sehr reizvoll. Und warum das Ganze? Aus Spaß, einfach nur aus Spaß. Weidmanns Dank sagt sensor.

Buchempfehlung
Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers, Bernhard Hoëcker, Rowohlt Taschenbuch
Verlag

Gerät
GPS-Gerät, Smartphone, Palmtop/PDA mit GPS-Empfänger, die elektronische Schiefertafel iPad

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