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„Konzern“ unimedizin erneut mit Rekord-Minus

Viele Maßnahmen sind seit Jahresbeginn angestoßen, um eine Trendwende in der wirtschaftlichen Situation der Universitätsmedizin Mainz einzuleiten. In seiner vergangenen Sitzung hat der Aufsichtsrat das Jahresergebnis 2023 festgestellt. Demnach schließt das Unternehmen das Jahr 2023 mit einem Fehlbetrag von 113,6 Mio. Euro ab. Der Umsatz lag dagegen bei fast 1 Milliarde.

Damit fällt der testierte Jahresfehlbetrag etwas besser aus als erwartet – im März war noch mit einem Fehlbetrag von 120 Mio. Euro gerechnet worden. „Die aktuelle Situation erfordert ohne Zweifel klare und umgehende Maßnahmen. Deshalb gibt es sehr viele Themen, die wir gerade an der Universitätsmedizin bewegen“, so der Vorstandsvorsitzende und Medizinische Vorstand Univ.-Prof. Dr. Ralf Kiesslich. „Eine wesentliche Maxime dabei ist: Wir müssen Ressourcen künftig verstärkt gemeinsam nutzen.“

„Das Jahresergebnis 2023 zeigt einmal mehr die wirtschaftlichen Herausforderungen. Wir lassen uns davon aber nicht den Blick darauf verstellen, was im ersten halben Jahr des Neustarts schon eingeleitet wurde“, so der Aufsichtsratsvorsitzende, Wissenschaftsminister Clemens Hoch. „Auch mit den Beschlüssen der heutigen Sitzung werden die Schritte zur Sanierung deutlicher. Die mittelfristige Finanzplanung zeigt, wie die Unimedizin sich mit einer konkreten Umsetzung der Projekte einer schwarzen Null annähern kann. Und mit der Departmentbildung haben wir eine tiefgreifende und doch ganz konkrete Veränderung in der Organisation der Krankenversorgung an der Universitätsmedizin beschlossen. Im Namen des Aufsichtsrats möchte ich dem Vorstand für die Arbeit in der aktuellen Phase danken und ermutigen, weiterzumachen – der Aufsichtsrat steht gemeinsam mit dem Vorstand zum eingeschlagenen Kurs für mehr Wirtschaftlichkeit, aber auch einer effizienteren Versorgung im Sinne der Patienten.“

Einer der Gründe für das negative Ergebnis in 2023 sind ausgebliebene Erlöse aus dem Krankenhausbetrieb – insbesondere im letzten Quartal des Jahres wurden auf den Stationen weniger Patienten behandelt als geplant, die stationären Leistungen sind damit deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Ein weiterer Einflussfaktor sind die im Vergleich zu den geringeren Leistungen unter anderem auf Grund von Preissteigerungen erhöhten Ausgaben im Bereich der medizinischen Sachkosten.

Zum Abbau des Defizites wurden insbesondere zwei Zukunftsprogramme etabliert: Ziel von UM.Neustart ist es, Strategie, Organisation und Prozesse weiterzuentwickeln. „In diesem Programm sind mir insbesondere die Installation eines neuen, effektiven Reportings, das sowohl dem Vorstand als auch allen Einrichtungsleitungen als gutes Steuerungsinstrument dient, die Evaluation und Verbesserung vieler Verwaltungsprozesse sowie UM-einheitliche Strategien im Bereich IT und Medizintechnik wichtig“, berichtet Dr. Waltraud Kreutz-Gers, Kaufmännischer Vorstand. In einem weiteren Programm mit dem Namen UM.Performance sind vor allem solche Projekte verortet, die die Wirtschaftlichkeit steigern und das Defizit reduzieren sollen. Beide Programme wurden im Rahmen der im letzten Jahr angestoßenen Organisationsuntersuchung mit der Unternehmensberatung Roland Berger erarbeitet, die auch die initiale Umsetzung begleitet.

Ressourcen gemeinsam nutzen – stationäre Leistungen steigern

Nach einer initialen und inzwischen weitgehend abgeschlossenen Reorganisation der Vorstandsbereiche – ein Projekt im Rahmen des Programms UM.Neustart – stehen aktuell vor allem zwei UM.Perfomance-Projekte im Fokus, die eine gemeinsame Nutzung von Ressourcen zum Ziel haben. „Mit einem neu ausgerichteten Bettenplan werden wir Stationen kondensieren und Synergien bündeln, um künftig eine optimale interdisziplinäre Nutzung zu erreichen“, erläutert Pflegevorstand Marion Hahn. „Zudem haben wir ein Statut in Bezug auf die Belegung der Betten in den chirurgischen Kliniken abgestimmt, das uns tagesaktuell flexibler bei der fächerübergreifenden Belegung der Betten macht und Engpässe minimiert.“

Eine weitere wichtige Ressource ist die effiziente Nutzung verfügbarer OP-Kapazitäten. „Auch hier haben wir wichtige Veränderungen bereits angestoßen, um die wertvolle OP-Zeit, die uns zur Verfügung steht, künftig optimiert zu nutzen“, berichtet Ralf Kiesslich. Beispielsweise wurde die Datengrundlage für ein monatliches Reporting verbessert. Seit dem 1. Mai leitet Sebastian Tensing das Zentrale OP-Management.

Nicht zuletzt wird auch die Bildung von Departments, in denen verwandte klinische Disziplinen künftig zusammengefasst werden sollen, zu einer besseren gemeinsamen Nutzung von Ressourcen führen. „Inzwischen haben wir unter Beteiligung der Einrichtungsleitungen ein Zielbild für die Zusammensetzung der Departments festgelegt, eine Mustergeschäftsordnung erarbeitet und beides in den internen Gremien vorgestellt und diskutiert“, so Ralf Kiesslich. In seiner Sitzung hat der Aufsichtsrat nun den Vorstand der Universitätsmedizin Mainz beauftragt, die Gründung der Departments vorzubereiten. Die Umsetzung erfolgt sukzessive, wenn mit der notwendigen Novellierung des Universitätsmedizingesetzes die rechtliche Grundlage hierfür geschaffen wurde.

Mammutaufgabe vergleichbar Marathon

„Die Sanierung und Konsolidierung der Universitätsmedizin ist eine Mammutaufgabe, vergleichbar mit einem Marathon. Wir werden Zeit brauchen, aber ich bin zuversichtlich, dass wir viel erreichen können“, so das Fazit von Kiesslich. Umso wichtiger sei es, den für dieses Jahr vereinbarten Wirtschaftsplan einzuhalten. Dieser sieht ein Defizit von etwa 107 Mio. Euro für das Jahr 2024 vor. Um dieses zu erreichen, sollen bereits erste Effekte im Rahmen der genannten UM.Performance-Projekte erzielt werden – wobei der Fokus darauf liegt, stationäre medizinische Leistungen durch die beschriebene gemeinsame Nutzung von Ressourcen mit dem vorhandenen Personalbestand zu steigern. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass uns dies gelingen wird, wenn alle an einem Strang ziehen und den eingeschlagenen Weg der Veränderung konsequent mitgehen“, betont Kiesslich. „Dies kann nur in einem intensiven Austausch zwischen dem Vorstand und den einzelnen Einrichtungen erfolgen. Dabei werden wir die erzielte medizinische Leistung, die aktuell zwar schon leicht über derjenigen des Vorjahres, aber doch unter Plan liegt, mit dem Personalaufwand in Einklang bringen müssen.“

Im Zusammenhang mit der gemeinsamen Nutzung von Ressourcen, der Intensivierung der interdisziplinären Zusammenarbeit und einer innovativen Ausrichtung der klinischen und administrativen Prozesse sowie exzellenter Forschung eröffnet der Bau-Masterplan die große Chance, Lehre, Forschung und Krankenversorgung baulich optimal aufeinander abzustimmen und die gemeinsame Nutzung von Intensiv-, OP- und Bettenkapazitäten auch räumlich umzusetzen. Aktuell wurden durch den Vorstand drei vorbereitende Gutachten beauftragt, die die zuvor erstellte Bau-Masterplanung konkretisieren und vertiefen und damit die Leitplanken für die weitere bauliche Planung setzen werden.

Das Jahr 2023 in Zahlen

Die Umsatzerlöse der Universitätsmedizin Mainz erreichten 2023 mit knapp 994 Mio. Euro abermals einen neuen Höchstwert. Aus den Krankenhausleistungen wurden Erlöse in Höhe von rund 487 Millionen Euro generiert. Der Schweregrad der geleisteten Behandlungen wird durch den Case-Mix-Index angegeben: Dieser liegt 2023 bei 1,22. Die Mitarbeitenden der Universitätsmedizin Mainz haben 2023 rund 58.900 Patienten vollstationär sowie rund 276.000 Patienten ambulant behandelt. Davon waren etwa 137.500 Hochschulambulanz-Fälle. Die ambulanten Erlöse beliefen sich auf 44,7 Mio. Euro.

Für 8.726 Mitarbeitende war die Universitätsmedizin im Jahr 2023 Arbeitgeber. Die Zahl der Vollkräfte betrug 6.055. Für das gesamte Personal wendete die Universitätsmedizin im Jahr 2023 rund 575 Mio. Euro auf. Der Materialaufwand betrug 313,4 Mio. Euro.

Die Höhe der eingeworbenen Drittmittel belief sich für das Jahr 2023 auf 67,9 Mio. Euro. Insgesamt war die Universitätsmedizin im Jahr 2023 an 12 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereichen beteiligt. „Im Mai 2024 sind erfreulicherweise zwei weitere Beteiligungen hinzugekommen“, freut sich der kommissarische Wissenschaftliche Vorstand Univ.-Prof. Dr. Hansjörg Schild und ergänzt: „Diese herausragenden Forschungsleistungen werden von Lehrleistungen auf vergleichbarem Niveau komplementiert, wie sich am Abschneiden der Mainzer Medizinstudierenden bei den entsprechenden Examina zeigt.“

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