Wie steht es um die Club-Szene aktuell?
In Mainz sind wir Clubs fast vergessen worden. Vieles ist immer noch zu. Es kommen oft Vertröstungen und Entschuldigungen. Es gibt kaum Perspektiven. Im März war man noch geschockt bzw. im ersten Moment dachte ich, geil, endlich Urlaub. Aber der Genuss ging schnell vorbei, als man gesehen hat, wie lange das dauert. Es wurde dann viel gestundet an Kosten, es gab Hilfen vom Staat, Kurzarbeitergeld. Ich selbst habe Hartz4 bzw. Grundsicherung beantragt. Und dann konnten die ersten Läden öffnen, also zumindest die Gastronomie etc. Aber in meiner Kneipe „Good Time“ haben wir leider keinen Außenbereich und unser Innenbereich ist auch klein und jetzt fasst er noch weniger Leute wegen Abstandsregeln – und im Sommer kommen auch weniger Leute. Das ist alles sehr kritisch aktuell, alle Rücklagen sind aufgebraucht.
Was ist von den finanziellen Hilfen überhaupt zu halten?
Die Soforthilfe war stark reglementiert und man muss sie in vielen Fällen wieder zurückzahlen. Wer aber hat das Geld später bitteschön noch? Kürzlich gab es das zweite Paket, aber da kommt auch noch Einkommensteuer drauf. Dann die Stundungen, die wollen auch alle ihr Geld wieder zurück plus laufende Kosten. Schwierig. Wir haben eine Patenschafts- Aktion ins Leben gerufen, da spenden unsere Gäste monatlich einen Betrag X, um uns über die Runden zu helfen. Das lief fantastisch.
Und wann könnte es im Club wieder losgehen?
Da wird kein Wort drüber verloren. Ein Stadt-Mitarbeiter sagte kürzlich, es bleiben vermutlich ein paar Läden auf der Strecke… Es gibt jedenfalls Vorschläge und Konzepte, wie die Ideen vom Wieland vom Caveau, die auch machbar wären. Aber es sieht insgesamt eher schlecht aus. Zudem will sich vermutlich niemand den Schuh anziehen, sollte doch mal irgendwo etwas passieren. Von daher, wenn du bisschen ruhig schlafen willst, machst du dir um die Frage am besten keinen Kopf. Was aber wohl passieren wird, ist, dass wir Clubs demnächst Wochenenden auf der Zitadelle gestalten können mit Konzerten etc. Da sind wir in Gesprächen mit der Stadt bzw. bei schlechtem Wetter sogar möglicherweise im KUZ oder auf dem Rathaus-Plateau. (wir berichteten)
Warum macht das ATG nicht als Barbetrieb auf, wie manch andere?
Dann müssten wir unsere Konzession ändern und die Tanzfläche schließen usw. Und dann weiß ich später nicht, ob wir die Konzession mit Tanzveranstaltungen und Live-Konzerten wieder zurückbekommen würden. Das ist mir zu riskant.
Die jungen Leute feiern jetzt am Rheinufer & Co. Wie siehst du das?
Ja, jetzt ist viel los draußen am Rheinufer usw. Und daher ist es auch schon gut, dass die Kneipensperrstunde aufgehoben wurde. Die Leute kommen jetzt aber auch nachts zu uns und dann erklär denen mal die Maskenpflicht und Nachverfolgung – ich hätte nicht gedacht, dass wir mal einen Türsteher brauchen…
Bist du eigentlich Mainzer?
Ich bin gebürtiger Mainzer, hier geboren, wohnhaft in Hechtsheim und ich werde evtl. auch hier sterben. Ich bin hier zur Schule gegangen, habe danach eine Ausbildung als Elektriker gemacht, auch als Fernfahrer, und kam schließlich zur Gastronomie wie die Jungfrau zum Kind. Ich kannte den ehemaligen Pächter vom „Good Time“, der hat mir das angeboten vor 20 Jahren. Und ein wenig Gastro-Erfahrung hatte ich auch. Ein Jahr später kam dann das ATG dazu und zwischendurch noch ein zwei kleinere Projekte, das Mephisto am Goetheplatz und das Türmchen am Sömmeringplatz.
Warst du auch bei den Hells Angels oder Devils oder woher deine Tattoos?
Man muss ja nicht unbedingt bei den Angels sein, um Tattoos zu haben. Mein erstes Tattoo hatte ich schon 1980 mit 15 Jahren. Das kam eher durch die Rockmusik, also die frühen Scorpions, Iron Maiden, Deep Purple, Led Zeppelin, Kiss. All das, was es damals so gab. Vorher war da noch der Krautrock und irgendwann kamen ja alle Bands aus England und Amerika rüber.
Was wärst du geworden, wenn nicht Gastronom?
Ich war früher ja Fernfahrer. Das war schon klasse, etwas von der Welt zu sehen. Bis Südafrika bin ich da gekommen, aber vor allem viel Österreich, Frankreich, runter ans Meer. Und England natürlich an erster Stelle, mit seiner Geschichte von Wilhelm dem Eroberer bis heute und der Monarchie. Das gefällt mir sehr gut, auch die Landschaft. Einfach damals auf den Bock gesetzt, Tür zugemacht und die Sorgen zuhause gelassen. Die Fernfahrerei war da aber auch noch nicht so stressbelastet wie heute.
Hast du noch andere Hobbies?
Ja, Schiffsmodelle bauen. Aus Holz, nach Plänen, bis 1,50 m Größe. Da sitze ich manchmal bis zu einem Jahr dran an einem. Wenn ich Stress habe, gehe ich runter ins Büro und schnitz an meiner Kanone rum. Ich baue jetzt seit Jahren an der HMS Victory von 1765. Das ist das älteste im britischen Marinedienst befindliche Schiff noch aus der Seeschlacht von Trafalgar. Die steht heute als Museumsschiff in Portsmouth.
Seit drei Jahren bist du auch in der SPD. Was willst du da bewegen?
Durch die Obdachlosenhilfe kam ich dazu. Da bin ich einfach an meine Grenzen gekommen und in die Altstadt-SPD eingetreten und habe dort einen starken Partner gefunden, weil da kann man viel bewegen, auch beim Thema Brunnen und Mission Leben usw. Auf so einem Weg kann man einfach mehr erreichen als alleine.
Interview David Gutsche Foto Jana Kay
Da haben sie ja den richtigen gefunden. Nie in der eigenen Kneipe gerabeitet (jedenfalls sieht man ihn da nie), Kohle hat ja gestimmt bis her, völlig überfordertes Personal (die guten, die mal da waren, hat er wohl heim geschickt….klar gutes Personal kostet halt Geld) und jetzt die Leute anschnorren, weil er seine Pforten nicht öffnen darf, passt ja toll. Dumm, wer sich drauf einlässt.