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Dr. Treznok im April: Ich bin nicht die Kolumnistin der „sensorin“


„Sehr geehrte Leserinnen und Leser! Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer möchten sich gemeinsam mit den Seminarleiterinnen und Seminarleitern bei den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern …“ – ich weigerte mich, den Artikel weiterzulesen, der mich eigentlich interessiert hatte, und warf das komplette Heft in den Papierkorb beziehungsweise in die Papierkörbin. Dass ein Drittel der Textin und des Textes aus der Verdoppelung von Begriffinnen und Begriffen bestand, um sowohl Männer als auch Frauen anzusprechen, zermürbte meine Nervinnen und Nerven.

Dabei hat die feministische Linguistik durchaus recht, wenn sie die Diskriminierung der Frauen in der deutschen Sprache kritisiert und eine Veränderung wünscht. Wir leben in einer Gesellschaft, die auf einer patriarchal geprägten Tradition beruht, und entsprechend hat sich auch unsere Sprache patriarchal, also frauen-unterdrückend, entwickelt. Das Dumme ist, dass wir eben nur dieses sprachliche System haben. Wir können also nur mit patriarchalen sprachlichen Mitteln aus der patriarchalen Sprache aussteigen. Das kann – logischerweise – nicht funktionieren.

Das Suffix –in, das darauf aufmerksam machen soll, dass auch Frauen gemeint sind, ist ebenfalls ein patriarchal geprägtes sprachliches Hilfsmittel. Es stammt aus einer Zeit, als Frauen noch Eigentum von Männern waren, und bedeutet „Frau von …“. Eine Studentin ist demnach die Frau eines Studenten, eine Doktorin die Frau eines Doktors und eine Kolumnistin die Frau eines Kolumnisten. Als ernstzunehmenden feministischen Ansatz kann man dies schwerlich bezeichnen.

Das Blöde ist, dass die Menschinnen und Menschen immer wieder versucht haben, Ordnung in die geschlechtliche Verwirrung zu bringen. Alles scheint so eindeutig: es gibt Männer und es gibt Frauen, die es ganz natürlich zueinander treibt, damit die Fortpflanzung gesichert wird. Doch so eindeutig war und ist die menschliche Sexualität eben nicht. Sowohl in Bezug auf die sexuelle Orientierung als auch auf die sexuelle Identität gibt es alle möglichen Zwischenstufen: es gibt homo- oder heterosexuelle Menschen sowie alles dazwischen, es gibt transsexuelle und transidentische Menschen, es gibt Menschen mit nicht definierbarem Geschlecht oder einem unklaren sexuellen Chromosomensatz.

In Berlin denkt man nun darüber nach, öffentliche Toiletten für sexuell unklare Menschen einzuführen. Bislang gibt es Klos für Männer, für Frauen und für Behinderte, die ja bekanntlich geschlechtslos sind. Was ist nun aber mit Menschen, deren Geschlecht zwar eindeutig, aber wechselhaft ist? Solche Leute gibt es nämlich auch, und auch sie müssen mal aufs Klo. Wenn nun also ein Mann aufs Herrenklo geht und drinnen plötzlich seine weiblichen Anteile entdeckt, dann müsste die Toilette sich anpassen und zum Damenklo mutieren. Würde man alle Möglichkeiten der sexuellen Identitäten berücksichtigen, dann bräuchte man inflationär viele Toiletten, so dass zum Schluss ganz Berlin nur noch aus unterschiedlichen öffentlichen Toiletten bestünde.

Erwähnenswert finde ich, dass der Vatikanstaat der einzige Staat auf der Erde ist, in dem Männer und Frauen grundsätzlich für gleiche Arbeit den gleichen Lohn erhalten. Es gibt zwar keine Päpstin, aber 25 Prozent aller Beschäftigten sind Frauen, viele davon in führenden Positionen – so steht zum Beispiel die päpstliche Universität unter der Führung einer Frau. Putzfrauen gibt es so gut wie keine, das Saubermachen wird von Männern erledigt. Dass der Vatikanstaat deshalb männerfeindlich ist, wurde bislang allerdings noch nicht diskutiert. Über die Situation der öffentlichen Toiletten im Vatikan weiß ich leider nichts. Es sieht so aus, als würde der päpstliche Stuhl bis auf weiteres männlich bleiben. Das finde ich zwar bedauerlich, aber ich selbst möchte ja auch nicht die Kolumnistin der „sensorin“ sein.