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Der große Test: Bäckereien – sensor vergleicht Mainzer Backstuben

Bäckertest-5
von Thomas Schneider, Fotos: Jonas Otte

Dieses Mal testen wir unser „täglich Brot“, Brötchen und den zur Fassenacht wieder allseits beliebten Kreppel (alias Berliner). Viele Menschen kaufen ihr Brot beim Discounter oder in anonymen Franchiseketten – wir haben uns gegen große Ketten und für Inhaber- oder Familien-geführte Bäckereien entschieden. Auch zwei Bio-Bäcker sind mit dabei. Alle Bäckereien wurden am späten Nachmittag aufgesucht. Unser vergleichbarer Warenkorb enthielt zumeist eine Art Bauernbrot (circa 70 % Roggen, 30 % Weizen), einen Kreppel, ein Kaiseroder Weizenbrötchen und ein Kürbiskern- oder Mehrkornbrötchen.

Bäckerei & Conditorei Mario P. Berg (Sömmerringplatz 6, Neustadt)
„Der Berg ruft… Komm ins Backparadies“ lautet hier das Motto. Das Hauptgeschäft der Familienbäckerei, 1947 gegründet von Großvater Peter Berg, ist in Budenheim ansässig. Von dort aus werden täglich vier Filialen beliefert, eine in Heidesheim, eine weitere in Budenheim und zwei in der Mainzer Neustadt. Kleinster Laib Brot: Single-Größe 375 g (1,30 Euro). (Halb-) Rohlinge und Filial- Backöfen gibt es bewusst keine. Songül Berg klärt uns auf: Kunden hätten mal irritiert gefragt, ob die Rohlinge aus Tschechien geliefert würden, da seien die Öfen wieder abgeschafft worden. Brot: Roggenbrot (1.000 g, 2,85 Euro) – beim Testkauf im Angebot der Woche (2,50 Euro) und als einzi ges mit höherem Roggen- (90 %) als Weizenanteil erhältlich. Kräftig, passt zu geräuchertem Schinken oder herzhafter Wurst. Brötchen: Bestes Mehrkornbrötchen im Test – groß, viele Körner (auch innen), Geschmack und Konsistenz gut (65 ct). Kürbiskernbrötchen ausverkauft, Kaiserbrötchen (33 ct) klassisch und okay. Kreppel: Größte Auswahl im Test, 4 Marmelade-Varianten: Erdbeere (im Fußball-Look), Pflaume, Aprikose und Himbeere-Johannisbeere. Pflaume (echter Klassiker, 95 ct) schmeckt gut.

Bäckerei-Conditorei-Confiserie Pfaff (Poststraße 126, MZ-Finthen)
Seit 1900 besteht dieser Familienbetrieb. Der Slogan im ansprechend modernen, aber noch immer typisch Bäcker gestalteten Verkaufsraum lautet „Pfaff’s handgemachte Vielfalt“ und ist Programm: Ob Pralinen, zahlreiche Teilchen, Brote, Brötchen, Torten, ein paar Bio-Produkte – Oliver Pfaff bietet eine enorme Auswahl an Backund Konditorwaren. Öffnungszeiten beachten: Jeden zweiten Montag geschlossen, wochentags Mittagspause von 13 bis 14 Uhr. Nicht nur, aber insbesondere für Single-Haushalte und zum Ausprobieren sehr empfehlenswert ist das 50/50-Mischbrot „Chef’s Liebling“ (30 ct pro 100 g, portionsweise geschnitten aus einem 3 kg Laib). Brot: „Kosakenbrot, Krume mit Malz gebräunt“ (500 g, 1,60 Euro, 80 % Roggen) – sehr kräftig bzw. intensiv und trotzdem fluffig, passt gut zu Herzhaftem. Tipp: „Chef’s Liebling“ – wohlschmeckend, innen fluffig, außen dank langen Backens mit einzigartiger Knusperkruste. Brötchen: Kaiserbrötchen (30 ct) außen klassisch knusprig, innen nicht zu trocken, eher luftig. Körnerbrötchen waren alle ausverkauft. Kreppel: Allerbester im Test (95 ct). Einzigartige Konsistenz, auch die Faller Johannisbeere-Füllung schmeckt gut.

Bäckerei-Konditorei Olemutz (Boppstraße 54, Neustadt)
Außen irritiert das Schild „Bäckerei Klein“, im Laden herrscht ein gewisses optisch nicht unbedingt ansprechendes Achtzigerjahre Flair. Zwei weitere Filialen befinden sich in MZMombach. „Slow-Baking“ nennt Kai Olemutz die Prozedur, mit der sich traditionell geprägte Produkte auf hohem Niveau herstellen lassen, 1992 übernahm er den 1962 gegründeten Betrieb seines Vaters. Kaum für Single- Haushalte geeignet sind die Portionen: Halbe Laibe erhalten wir nur bei 1.000 g, nicht bei 750 g Broten. Brot: Holzlukenbrot (500 g, 1,85 Euro, 60 % Roggen) – angenehmer Geruch, geschmacklich gut. Brötchen: Kürbiskernbrötchen (55 ct) – sonst überall ausverkauft oder nicht Teil des Sortiments, haben wir hier bekommen – kräftig, dunkel, lecker und empfehlenswert. Kaiserbrötchen klassisch, aber relativ trocken. Kreppel: Wird live vor Ort befüllt, schmeckt unspektakulär (1 Euro).

Bio-Bäckerei Kornland (Weißliliengasse 23, Altstadt)
„Korngesunde Köstlichkeiten“ lautet Kornlands Motto, Bio- und Vollkorn seit 1983. Vor allem werden wir freundlich, herzlich und kommunikationsfreudig empfangen. Das wissen Stammkunden offenbar zu schätzen und lädt Neukunden zum Wiederkommen ein. Auch der täglich wechselnde Mittagstisch mit vegetarischen und veganen Gerichten macht neugierig. Brote sind sogar „customized“ bestellbar – Buchweizen, Maismehl, egal, einfach anrufen und anfragen. Geschnittenes Brot ist nicht erhältlich. Brot: Roggenfeinschrotbrot (750 g, 3,40 Euro) – Aroma gut, die feine Konsistenz ungewöhnlich. Brötchen: Weizenbrötchen – Schrippe (35 ct) – stolze 13,5 cm lang und 8 cm breit, schmeckt gut. Mehrkornbrötchen zart, geschmacklich okay, Hafer und Körner nur oben drauf. Kreppel: Im Kern lecker, am Rand trocken (95 ct).

Kaiser Biobäckerei (Große Bleiche 34)
Positiv aufgefallen sind die Aspekte Ambiente (helles, modernes Design), Hygiene, Information und Umweltbewusstsein. Plastiktüten, um etwa geschnittenes Brot einzupacken, gibt es hier nicht, stattdessen Papiertüten. Alle Backwaren werden per Papierfolie angefasst bzw. eben nicht angefasst, sodass Geld und Lebensmittel auch indirekt nicht miteinander in Berührung kommen. Auf die Frage nach den Inhaltsstoffen erhalten wir sofort alle Zutaten, Allergene und Nährwerte, per Kasse ausgedruckt. Brot: Sowohl preislich als auch geschmacklich okay: Halbes Kaiser- Kruste (375 g, 1,78 Euro), passt gut zu herzhafter Wurst. Viele Brote waren ausverkauft. Brötchen: Kaiser- (heißt Backfrische, 37 ct) und Mehrkornbrötchen (69 ct) sind sonst oft außen hart bzw. kross, hier nicht, eher zart. Außen krosser, lecker und empfehlenswert ist das Paarweck (99 ct). Kreppel: Gehören nicht zum Sortiment. Wir haben stattdessen „Kokosmakrone mit Schoki“ bestellt, nicht vergleichbar, aber süß und recht lecker (1,99 Euro). Schmeckt wie ein Orangen-Bounty.

Vetters Backstube – Die Altstadtbäckerei (Jakobsbergstraße 4)
Getreu dem Motto „Über 75 Jahre Qualität durch Tradition“ versorgt Steven Vetter einen großen Teil der Altstadt-Gastronomie mit seinen Backwaren. Wir sagen dazu: Kein Wunder, sein Bauernbrot ist phänomenal! Das Weizenbrötchen, das zwar Kaiserbrötchen heißt, aber nicht wie ein solches aussieht, ist ebenfalls empfehlenswert. Verständlich im Sinne von Umwelt und Frische: Ein Brot maschinell schneiden und in Plastik hüllen zu lassen, kostet 20 ct extra. Brot: Bestes Bauernbrot im Test (500 g, 2,50 Euro, 70 % Roggen). Konsistenz innen fluffig, fast feucht, außen knusprig, einfach spitze. Egal ob mit Butter, Schinken, Salami, Käse oder pur, sehr empfehlenswert. Brötchen: Kaiserbrötchen (30 ct) duftet ein wenig wie frisches türkisches Fladenbrot, recht klein, aber schmeckt sehr gut. Mehrkornbrötchen unspektakulär. Kreppel: Gut. Locker, fluffig in der Mitte, Himbeere-Johannisbeere-Füllung.

Fazit
Es gibt sie noch, echte Bäcker! Ohne Fabrik und LKWs, einfach vor Ort um die Ecke, traditionell, frisch und authentisch, mit täglich frisch zubereiteten Vor- und Sauerteigen. Und das schmeckt man. Auch uns fiel erst jetzt auf, wie gut manches Brot, gewisse Brötchen und auch Meenzer Kreppel schmecken können. Bei Bio-/Vollkornbrot scheiden sich die Geschmäcker, vielleicht muss sich ein Gaumen daran erst gewöhnen. Oft heißt es, Bio- Backwaren seien teuer; dieses Vorurteil ließ sich nicht bestätigen. Manches Brot kostet vielleicht tatsächlich 1 Euro mehr, die Brötchen und Teilchen hingegen sind oft preislich gleich. Enttäuscht haben uns insgesamt bei den meisten Bäckereien Lebensmittelhygiene und Informationskultur. Lediglich die Kaiser Biobäckerei war hier vorbildlich. Ansonsten hieß es oft, die genauen Inhaltsstoffe kenne nur der Meister, wir könnten diese anfragen und einen Tag später erfahren. Oliver Pfaff hat uns persönlich die Inhaltsstoffe seiner Produkte aufgeschrieben und darauf verwiesen, dass bald seine Homepage genaue Infos biete. Hygiene: In Bergs Backparadies kamen konsequent Brothandschuh und Zange zum Einsatz, im Kornland zumindest meistens eine Zange. Brote und Brötchen wurden bei Pfaff, Vetter und Olemutz ohne „Schutz“ angefasst, obwohl selbige Hände Münz- und Scheingeld entgegennahmen. Geschmacklich empfehlenswert sind die Schrippe im Kornland, Kaisers Paarweck, Vetters Kaiserbrötchen, das Olemutzsche Kürbiskern- und Bergs Mehrkornbrötchen. Total überzeugt und echt überrascht haben uns der gefüllte Kreppel und das portionsweise erhältliche „Chef’s Liebling“ bei Oliver Pfaff in Finthen sowie das fluffige Bauernbrot in Vetters Backstube.