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Versteckte Perle: In Finthen auf dem Layenhof gibt es eine umtriebige Kunst- und Atelierszene

Ein paar Kilometer von der Innenstadt entfernt liegt das Layenhof- Areal, eine südwestlich von Mainz- Finthen gelegene Siedlung, die einst aus der Konversionsfläche des Finthen Army Airfield hervorging. Ursprünglich stammt der Name von einem heute nicht mehr existenten Hofgut, die Bezeichnung Mainz-Layenhof als Ortsteil ist daher faktisch nicht korrekt. Sie entsprang aber dem Wunsch, den Layenhof als neuen Stadtteil auszubauen. In dieser Hoffnung wurde zwar ein Ortsschild errichtet, weitergehende Schritte aber wurden bis heute unterlassen. Vor allem der Flugplatz ist bekannt, mit bald 100 Starts am Tag – zumeist von Hobbyfliegern. Durch den ehemals günstigen Wohnraum hat sich in der Nähe des Flugplatzes in zwei Flachbauten aber auch eine interessante Mischung an Künstlern niedergelassen, die verteilt auf das jeweilige Erdgeschoss und den ersten Stock etwa 30 Atelier- und Arbeitsräume bevölkern. „Die höchste Künstlervarianz, die Mainz zu bieten hat“ beschreibt es eine der Künstlerinnen.

Kunst und Künstler
Als Künstlerkollektiv sehen sich die Künstler aber nicht unbedingt. Es gibt kein gemeinsames Ideal, eine Vision oder Lebensweise. Mit eigenen Worten bezeichnen sie sich lieber als „Cluster“ mit einer großen und bunten Bandbreite. Studierte treffen auf Autodidakten, Lehrer auf Autoren, Rentner auf „Instagrammer“ und ITler auf Volkswirtschaftler. Anja Vorrath etwa arbeitet gerade an neuen Arbeiten zum Thema Natur. Manchmal sind es zufällig gefundene Pflanzen, manchmal einfach nur Spargelschalen, die sie faszinieren. Petra Landau hat gerade die Vorbereitungen für ihre Ausstellung im „Kunst-Würfel“ in Bischofsheim beendet. Ihre Kollegin Heide Stoll ist mit dabei. Nebenan arbeitet Dietmar Bertram, freier Schauspieler, Clown und Puppenspieler. 2009 gründete er sein Figurentheater, die Compagnie MaRRAM. Die Puppen stellt er selbst her: Fast menschengroß und leicht karikiert erzählen sie Geschichten aus dem Leben. Hasina Khan verarbeitet in ihren neuen Werken Bienenwachs, das sie in neun Schichten auf einen Bildträger gibt. Gudrun Hotte-Reif schwelgt in Farben, großformatig und freundlich – „Farbfeldstudien“, wie sie sagt. Ina Moraweg verarbeitet Verpackungsmaterial zu Collagen und haucht ihnen so neues Leben ein. Margit Weber sammelt alte, bebrütete Bienenwaben, schmilzt sie ein und es entstehen Objekte mit neuer Haptik. Eine Druckerwerkstatt hat sich Andrea Issabelgloo eingerichtet, höchst professionell. Und nach dem Verkauf des bekannten „Atelier Neun“ in der City ist Pia Eisenbarth glücklich über den neuen Raum hier, der großformatige Arbeiten zulässt. Malerei wohin man blickt, auch bei Pia Pascale- Pommer oder Julia Mann, die Ballerinas in Schwarz auf pinkem Untergrund tanzen lässt. Bei Ursula Niehaus, die auch die offenen Layenhof-Ateliers organisiert hat, glaubt man vor hyperrealistischer Malerei zu stehen, die Frauen zum Thema hat. Aber aus der Nähe wird klar, dass alle Arbeiten aus Stoff gefertigt sind. Collagen und Malerei gibt es bei Heide Stoll, und monochrome Welten präsentiert Horst Pietrek, der der erste Künstler auf dem Layenhof war – 20 Jahre ist das jetzt her. Atelier 4 beherbergt Eva Maria Maschke, Christa Elise-Erb und Barbara Morgott-Schupp. Rainer E. Grünen und seine Frau teilen sich auf: Er baut Objekte, sie malt. Auch Fotografie gibt es: zum Beispiel bei Michael Dörr, oder bei „Frau Schmitt fotografiert“. Die Künstler selbst kommen aus den verschiedensten Regionen Deutschlands. Sie eint die Suche nach einem Ort, in dem sie sich austoben können. Was für manche als einfacher Lagerraum anfing, ist nun eine Kreativfabrik und Rückzugsraum geworden. Frei und explorativ können sie sich in den Ateliers am Layenhof in ihre Arbeit stürzen. Weite Wiesen und Felder laden zu inspirierenden Spaziergängen ein, und ein gutes Restaurant mit einer feinen Kaffeerösterei fördert das Übrige. Der Ort ist unter Schaffenden beliebt und die Liste zur Aufnahme lang.

„Es muss von uns kommen“
Eine stete Sorge um die Sicherheit der Ateliers säuselt um die Layenhöfe. Oft wird Gewerbegelände gebraucht und anders verwendet als für Kunst und Kultur. Deshalb sehen sich die Künstler auch in der Verantwortung, eine Relevanz zu schaffen. Sie wollen gemeinsam einen Kulturteil der Stadt abbilden und die Bewohner teilhaben lassen. Dafür gab es im März die Offenen Ateliers nur auf dem Layenhof, dafür gibt es am 16. und 17. September die offenen Ateliers Rheinland-Pfalz. Entdecken Sie selbst die Bandbreite!

Text Benjamin Fürstenau (zu Teilen aus der Allgemeinen Zeitung)

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