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Arbeitsmarkt zeigt sich zweigeteilt / Migranten fangen Rückgänge (in manchen Bereichen) auf

Nach einer leichten Entspannung hat die Arbeitslosigkeit in Rheinhessen wieder zugenommen. Und: Das Beschäftigungswachstum in RLP wird ausschließlich von ausländischen Beschäftigten getragen.

„Die Zahl der Menschen, die sich nach einer Beschäftigung arbeitslos melden mussten, hat gegenüber dem Vorjahr kaum zugenommen. Auf der anderen Seite fanden mehr Arbeitslose einen neuen Job als noch im Vormonat und im Vorjahr“, so die Vorsitzende Geschäftsführerin der Mainzer Arbeitsagentur Heike Strack. Dies zeige, dass der Bedarf an Personal weiterhin hoch und das Entlassungsrisiko nach wie vor vergleichsweise niedrig sei.

Belastet wurde der Arbeitsmarkt durch zahlreiche Arbeitslosmeldungen bei den Jobcentern. „Ein Gutteil des Anstiegs ist darin begründet, dass sich Geflüchtete nach Beendigung ihres Sprachkurses arbeitslos meldeten“, so Strack. „Dadurch werden diese Menschen nun auch statistisch sichtbar“. Dies werde sich in den kommenden Monaten immer deutlicher zeigen, wenn weitere Sprachkurse endeten. Sprach- und Kulturvermittlung seien laut Strack hier die essentiellsten Bereiche.

Trotz des aktuellen Anstiegs sieht die Agenturchefin auch in Rheinhessen erste Erfolge des Ende letzten Jahres von Arbeitsminister Heil ausgerufenen Job-Turbo. „An unseren Infomessen, Speeddatings und Bewerbertagen in den letzten Monaten haben rund 1.500 Geflüchtete teilgenommen. 13 Praktika wurden hier direkt vergeben. Im Nachgang der Veranstaltungen sind bisher 23 Einstellungen erfolgt und zahlreiche weitere Gespräche bei den Arbeitgebern laufen“, erklärt Strack. Insgesamt seien in rheinhessischen Betrieben inzwischen über 1.200 Geflüchtete aus der Ukraine beschäftigt. Zum Vergleich: im Februar 2022 waren es 385. 4.700 der Beschäftigten in Rheinhessen kommen aus den Asylherkunftsländern.

Gleichzeitig zur Jobvermittlung werbe man bei den Geflüchteten wie bei allen Bürgergeldempfängern, insbesondere denen ohne formale Ausbildung, auch für Weiterbildungen. Für viele sei der erste Job nur ein Einstieg. Durch begleitende Sprachkurse und Weiterbildung ergäben sich dann weitere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. So ist die Zahl der Teilnehmenden an Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung im April gegenüber dem Vorjahr erheblich angestiegen.

Der Ausbildungsmarkt zeigt sich auch in diesem Jahr als Bewerbermarkt. Aktuell gibt es noch rund 1.900 Ausbildungsangebote für Jugendliche. Vor allem in den technischen Berufen sowie im Einzelhandel oder für angehende Handelsfachwirte gibt es noch zahlreche offene Stellen. Professionelle Hilfestellung bei Berufswahl und Bewerbung erhalten junge Menschen bei der Berufsberatung. Termine können online vereinbart werden.

Ausländische Beschäftige halten Pflegeberufe & Co. stabil

Zuwanderung ist mittlerweile ein wesentlicher Faktor zur Sicherung des Arbeitskräftebedarfs in Rheinland-Pfalz. Seit 2023 wird das Beschäftigungswachstum hier ausschließlich von ausländischen Beschäftigten getragen. Selbst bei Aktivierung aller inländischen Potenziale wäre Rheinland-Pfalz auf eine höhere Arbeits- und Fachkräftezuwanderung angewiesen, um den Bedarf der Unternehmen zu decken und die durch demografische Effekte entstehenden Lücken zu schließen.
„Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat berechnet, dass nur mit einer jährlichen Nettozuwanderung von 400.000 Personen das Arbeitskräfteangebot in Deutschland bis zum Jahr 2060 nahezu konstant bleibt“, sagt Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit.

Die Zahl der Beschäftigten mit deutschem Pass sinkt, wogegen der Anteil der ausländischen Beschäftigten im Vergleich zum Vorjahr um 10.300 oder 4,8 Prozent anstieg, der Hauptanteil davon aus der Ukraine, Syrien und Afghanistan.

„Ohne ausländische Staatsangehörige würden in vielen Engpassberufen weitaus mehr Beschäftigte fehlen. So ist zum Beispiel in den Pflegeberufen im vergangenen Jahr die Zahl der beschäftigten Deutschen um fast 1.000 Personen gesunken. Dieser Rückgang wurde gänzlich aufgefangen durch 1.000 zusätzliche Fachkräfte aus Drittstaaten“, so Schulz.

„Auch in Rheinhessen ist der Arbeitsmarkt international. Knapp 40 Prozent der Beschäftigten haben einen ausländischen Pass. Anders als in Rheinland-Pfalz wurde der Beschäftigungsaufbau im letzten Jahr aber nicht ausschließlich durch die Zunahme der Beschäftigung von Ausländern getragen. Dies liegt vor allem an einer Zunahme bei den deutschen Beschäftigten im Bereich wissenschaftliche und technische Dienstleistungen. Ein wesentlicher Anteil geht hier auf den Beschäftigungsaufwuchs in der Pharma- und Biotechnologiebranche zurück“, so die Vorsitzende Geschäftsführerin der Mainzer Arbeitsagentur Heike Strack.

Laut Schulz brauche es dennoch insbesondere bei der gesteuerten Zuwanderung „bessere Übungswege.

So bestehe weiterhin auf der einen Seite der Fachkräftemangel und auf der anderen Seite Arbeitslosigkeit, weil es den Arbeitslosen an entsprechenden Ausbildungen fehlte. Auch hier benötige es einen „größeren Anlauf“ so Schulz.

Wichtig bei Migranten seien nach wie vor Integrations- und Sprachkurse und erst daraufhin die Integration in die Arbeit mit bestenfalls paralleler Weiter- und Nachqualifizierung. Etwa 5 bis 7 Jahre brauche es, um erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert zu sein. Mit Blick auf die Alterspyramide in Deutschland werde sich dieses „Problem“ verstärken resümieren Schulz und Strack.

Der Arbeitsmarkt in Zahlen

Im April waren in Rheinhessen bei den Dienststellen der Arbeitsagentur und den Jobcentern insgesamt 19.745 Männer und Frauen arbeitslos gemeldet. Das waren 89 mehr als im März und 1.703 oder 9,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote blieb unverändert bei 5,4 Prozent. Ein Jahr zuvor lag sie bei 5,0 Prozent. Die Unterbeschäftigung, in der u.a. auch Teilnehmende an Maßnahmen und kurzfristig Erkrankte mitgezählt werden, lag im April mit 24.954 um 2,2 Prozent über dem Vorjahreswert.

Die Nachfrage nach Arbeitskräften auf dem ersten Arbeitsmarkt zog im April leicht an. Die Arbeitgeber meldeten 1.282 offene Stellen; 32 mehr als im März, aber 238 weniger als im Vorjahr. Im Bestand waren 6.373 offene Stellen, 835 weniger als ein Jahr zuvor.

Die leichte Zunahme der Arbeitslosenzahlen zeigte sich im April auf allen regionalen Arbeitsmärkten Rheinhessens mit Ausnahme der Stadt Worms. Hier verringerte sich die Arbeitslosenquote von 8,5 auf 8,4 Prozent; im Landkreis Alzey-Worms stieg sie dagegen von 4,2 auf 4,3 Prozent. Im Gesamtbezirk sowie in der Stadt Mainz und im Landkreis Mainz-Bingen bleiben die Quoten stabil bei 5,4; 5,3 und 5,0 Prozent.

Bild: Johanniter

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