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2×5 Interview mit Kultursommer-Chef Jürgen Hardeck

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Interview: David Gutsche
Foto: Jana Kay

Jürgen Hardeck
Geschäftsführer Kultursommer Rheinland-Pfalz
56 Jahre

Beruf

Was ist der Kultursommer?
Der Kultursommer Rheinland-Pfalz entstand 1992 als Initiative der ersten SPD-geführten Landesregierung in der Landesgeschichte, um eine Kulturförderung für die freie Kulturszene einzuführen, die es bis dahin im Land nicht gab. Der Kultursommer versteht sich als Dienstleister für die Kulturszene des Landes, das heißt er finanziert Kulturprojekte mit, er berät, gibt Impulse für neue Ideen und veranstaltet auch selbst Projekte. Gleichzeitig ist er die Dachmarke über alle Sommerfestivals im Land, die er gemeinsam bewirbt.

Also kann sich jede Kulturinitiative in RLP bei Ihnen bewerben?
Grundsätzlich ja, die Projekte müssen aber ihren zeitlichen Schwerpunkt zwischen dem 1. Mai und 3. Oktober haben. Das Land hat natürlich noch andere Fördermöglichkeiten für die Kulturszene, nicht nur den Kultursommer. Dazu findet man Informationen im Internet oder kann uns anrufen. Die Antragsunterlagen werden übrigens in Kürze wieder bereitgestellt – Antragsschluss ist der 31. Oktober.

Von welchen Projekten und Summen reden wir hier?
Die Fördersumme vom Land beträgt rund vier Millionen Euro, wenn man die Mittel für die kommunalen Kulturprojekte im Kultursommer mit einbezieht, wie wir das tun. Die Anträge werden von den Fachleuten des Kulturministeriums und des Kultursommerbüros ausjuriert. Die Vorschläge gehen dann gebündelt an den Kulturstaatssekretär und an die Ministerin, die die Entscheidungen treffen. Am Ende sind es jedes Jahr ca. 250 Projekte aus allen Kultursparten im ganzen Land. Der Kultursommer versteht sich von Anfang an und bis heute als große Spielwiese, die immer auch Raum haben muss für Neues. In den letzten Jahren haben Ministerin Ahnen und Kulturstaatssekretär Schuhmacher sogar ausdrücklich in die Ausschreibung hinein geschrieben, dass ein Teil der Mittel für die junge Szene reserviert ist. Es melden sich jährlich zwischen 300 und 400 Antragsteller, die für die Umsetzung ihrer Ideen von wenigen hundert bis zu mehreren zehntausend Euro benötigen. Dafür reicht das Geld nie aus, es muss also eine Auswahl getroffen werden.

Welche Projekte können Sie dieses Jahr empfehlen?
In Mainz zum Beispiel am 13. und 14. Juni das Festival „Mit Pauken und Trompeten!“ – inszenierte witzig-gekonnte Blasmusik rund um die Kammerspiele. Dann natürlich, auch ab Juni, die Konzerte von „Summer in the City“. Den „Mainzer Musiksommer“ empfehle ich allen, die die Klassik lieben. Und im September freue ich mich wieder auf „Grenzenlos Kultur“ im KUZ. Wer Kulturveranstaltungen gerne als Anlass für einen Ausflug nimmt, findet aber überall im Land ganz unterschiedliche Festivals.

Macht Ihnen die Arbeit noch Spaß?
Mein Leben ist 350 Tage im Jahr geprägt vom Nachdenken, Erleben, Planen und Arbeiten für Kultur. Das macht mir immer noch sehr viel Spaß, sonst würde ich es nicht machen. Er ist aber eine Teamleistung vieler. Der Kultursommer hat in den 20 Jahren, in denen ich sein Geschäftsführer bin, mein Leben stark geprägt. Andererseits bin ich mittlerweile so lange dabei, dass ich das Abendrot für mich langsam auch kommen sehe.

Mensch

Sie kommen aus Hachenburg im Westerwald und waren da selbst Veranstalter?
Ja, ich war da zehn Jahre ehrenamtlich als Kulturveranstalter und dann fünf Jahre als kommunaler Kulturreferent tätig. Ich komme eigentlich von den Sparten Kleinkunst und populäre Musik. Die ersten Veranstaltungen, die ich gemacht habe, waren solche. Das Spektrum hat sich dann immer mehr ausgeweitet; später habe ich auch Jazz und klassische Musik veranstaltet und große Kulturfeste und Festivals für zum Teil mehrere zehntausend Gäste. Aber meine Wurzeln liegen eindeutig beim Kabarett, den deutschen Liedermachern und bei der weiten Welt der Rock- und Pop-Musik.

Was sind Ihre Hobbys?
Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht und pflege das, was ich mal im Studium gelernt habe, nämlich als Kulturwissenschaftler in der Erwachsenenbildung tätig zu sein. Daneben ist es mir wichtig, das Leben zu genießen: mit meiner Frau und meinen Freunden, gut zu essen und zu trinken, mich an der Natur zu erfreuen, zu lesen, Musik zu hören, Yoga und ein bisschen Sport zu machen und ab und zu in die Sauna zu gehen.

Sie haben Religionswissenschaften, Philosophie und Sinologie studiert. Wie macht sich das heute bemerkbar?
Ich verstehe Religionswissenschaft als Kulturwissenschaft, das heißt es geht um die Entwicklung des Menschen. In allen Religionen zeigen sich die tiefsten Sehnsüchte des Menschen, manchmal allerdings auf merkwürdige Weise. Aber sie bergen ungeheure kulturelle Schätze. Für mich ist Religion in erster Linie Erleben und nicht Dogma. Ich glaube: Es kommt auf die Lebenspraxis an, nicht so sehr auf die Theorie, die Theologie oder gar Orthodoxie. Wie steht es so schön in der Bibel: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“ Und die Chinesen haben auch eine schöne Weisheit, an die ich glaube: „tianxià wèi gong“: Die Welt gehört allen.

Sie hatten durch die Arbeitsbelastung auch schon mal gesundheitliche Probleme. Wie kam es dazu und wie gehen Sie heute damit um?
Es war eine Mischung aus Überlastung und Frustration. Ich hatte vergessen, auf mich und meine Bedürfnisse zu achten. Das habe ich dann wieder gelernt. Ich habe mein Leben geändert, pflege in der Freizeit wieder mehr meine Freundschaften, mache regelmäßig Sport. Ich sorge für den notwendigen Ausgleich, indem ich Zeit mit meiner Frau, Freunden und meinen Hobbys verbringe und nicht nur arbeite. Was bedeutet Glück für Sie? Wirklich glücklich wird man nicht, wenn man nur an sich selbst denkt. Am glücklichsten ist man, wenn man anderen helfen oder eine Freude machen kann. Deswegen mache ich auch diesen Job so gerne. Man sollte nur keine falsche Selbstlosigkeit üben. Nur wer sich selbst liebt, kann auch andere lieben. Außerdem glaube ich, wir sind Wesen, die gebraucht werden wollen. Wenn man uns das nimmt, macht uns das unglücklich – mich zumindest.