von David Gutsche Fotos: Katharina Dubno
Als Joseph Beuys einmal einem toten Hasen Bilder erklärte, versperrte er die Tür von innen und ließ die Besucher draußen. Sie konnten den Vorgang durch das Fenster beobachten. Beuys Kopf war dabei mit Blattgold, Goldstaub und Honig bedeckt. Mit dem Karnickel auf dem Arm ging er durch die Ausstellung. Sowas war früher mal Performance-Kunst. Mit der Betonung auf „war“ – und genau das kotzt Peter Schulz und Nic Schmitt an: „Die Leute denken, wir machen hier so alten Kram aus den 70ern, dabei hat Performance sich in den letzten 40 Jahren enorm verändert.“
15 Jahre ein Team
Peter Schulz (45) und Nic Schmitt (39) alias das Künstlerduo „Schmitt&Schulz“ betreiben das Mainzer performance art depot, kurz pad genannt. Kennen gelernt haben die beiden sich beim Theaterwissenschaft- Studium an der hiesigen Uni 1999. Hier assistierte sie ihm bei seinen ersten Regie-Arbeiten, bis man irgendwann auf den Trichter kam, dass das gemeinsame Inszenieren doch viel mehr Spaß macht. Also schlug man sich fortan mit Gelegenheitsjobs durch, inszenierte weiter Projekte und zeigte diese auf verschiedenen Festivals. 2007 wurde beiden schließlich der Raum in der Leibnizstraße 46 (Neustadt) angeboten. Neben dem Vietnamesen „Ha Noi“ markiert ein winziger Empfangsraum den Eingang. Der große Theaterraum befindet sich im Untergeschoss. Schmitt&Schulz stehen hier auch oft selbst auf der Bühne.
Performance im Wandel
Früher in den 60er Jahren waren Performances Happenings, Live- Events, Fluxus-Konzerte, Straßenaktionen und Demonstrationen als öffentliches künstlerisches Ereignis. Heute ist der Performance-Begriff viel weiter gefasst. In den 90ern begann eine Entwicklung, in der sich die Szene zunehmend „theatralisierte“. Performances sind jetzt oft durch-inszenierte abendfüllende Bühnenstücke, die sich anschauen lassen wie ein Theaterstück, nur dass man statt Fiktion eher auf Authentizität setzt und der Performer im Gegensatz zum Schauspieler meist keine Rolle spielt, sondern als er selber auftritt. Im deutschsprachigen Raum befinden sich die Performance- Szenen in Berlin, Wien, Hamburg, Basel und Köln. Aber auch Frankfurt kann sich sehen lassen, Dreh- und Angelpunkt dort ist das Künstlerhaus Mousonturm.
In Rheinland-Pfalz gibt es praktisch nichts, außer das pad. Trotz dieser herausragenden Stellung könnten die Besucherzahlen und Finanzen besser sein: „Wir bekommen 5.000 Euro im Jahr Förderung von der Stadt. Dazu kommen noch ein paar Tausend Euro Projektmittel hauptsächlich vom Land sowie kleine Sponsorings“, ärgert sich Peter. „Unser Lebensunterhalt lässt sich darüber nicht finanzieren und bekannte Künstler können wir auch nicht bezahlen.“ Fehlende Mittel seien auch der Grund, warum es im pad keine regelmäßigen Veranstaltungen gebe und daher wiederum nicht genug Leute kämen. „Dazu fallen 90 Prozent unserer Arbeit im Büro an, also Verhandlungen, Planung, Konzepte schreiben. Und die Pflege vom Raum nicht zu vergessen. Mehr geht nicht“, ist sich Peter sicher.
Kein Geld für Kultur
Tatsächlich sinken die öffentlichen Gelder vor allem in der Kultur und hier noch mehr für die freie Szene. Trotzdem kommt das Verhalten der beiden auch ein wenig arrogant herüber. Eine Anspruchshaltung gegenüber der öffentlichen Hand drückt sich aus und wenig Wille, eine lukrativere Gelegenheit oder Struktur zu schaffen. Dafür verstehen sich beide scheinbar zu sehr als Künstler. „Entweder es klappt auf diesem Weg oder nicht. Eher würde ich Taxi fahren, als Veranstaltungen zu machen, die uns nicht interessieren“, meint Peter. Ein zusätzliches Problem sehen die beiden auch beim Staatstheater: „Seit die Studenten da quasi umsonst rein dürfen, kommen sie weniger zu uns.“ Dass es auch an anderen Dingen liegen könnte, etwa einer ineffektiven Werbung etc., scheint nicht bekannt.
Groß-Event im November
Schlecht ist das pad deswegen aber nicht. Die Vorstellungen liegen auf einem hohen Niveau. Vom 13. bis 15. November läuft das 3-Tage- „Event“ höherschnellerweiter, eine Persiflage auf die heutigen Superlative. Zahlreiche internationale Gast-Künstler wie Regisseur Ray Cliffords aus New York oder der Star-Choreograf Hasai Michiyoto aus Tokyo kommen vorbei. Es gibt ein vielfältiges Programm zu sehen, das von außergewöhnlichen Formen der Darstellung bis zu Produktionen der zeitgenössischen Tanz- und Performance- Szene viel zu bieten hat. „Das wird ein irritierender Genuss, unterhaltsam und lustig zu schauen“, meint Nic Schmitt, die Frau für Planung und Struktur. Für die Details und feinen Ausarbeitungen ist eher Peter zuständig, der ergänzt: „Unsere Zusammenarbeit ist so eng, dass es manchmal fast schon eheähnliche Züge bekommt. Aber eins ist sicher: Einer von uns alleine, das wäre nicht denkbar.“