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Mainzer machen Longboards

Text: Nicola Diehl
Fotos: Ramon Haindl

Olson & Hekmati aus Mainz produzieren urbane Transportmittel der besonderen Art: Von außen sieht man eine nicht ganz so unscheinbare, 25 Quadratmeter kleine Garage. Von innen ist diese räumliche Bescheidenheit Ideenschmiede und Werkstatt von Olson & Hekmati. O&H, das steht für Oliver Dehmel (26) und Björn Hekmati (34), das steht für Kunst am Brett und Liebe zum Handwerk. Denn in der kleinen Garagenwerkstatt am Römerwall werden Longboards im klaren, puristischen Olson & Hekmati-Design hergestellt. Schon durch ihre unaufdringliche Holzoptik heben sich die Longboards des Mainzer Zweimannbetriebs von den üblichen, mit Graphiken eher überladenen Brettern ab. Aber auch die Arbeitsphilosophie sowie die gesamte Herangehensweise ist „irgendwie anders“.

Was sie machen, sie machen es selbst

Im Gespräch mit den Beiden wird schnell klar, dass es um tiefe Leidenschaft für Handwerk und Brett geht. Sie wirken geradezu angetrieben von einem inneren Erfinder- und Bastelgeist, von dem Streben nach Präzision, dem Ehrgeiz, das gute Brett noch besser zu machen. „Wenn ich ein Board habe und das läuft nicht perfekt, dann fange ich an, es zu optimieren. Ich muss das dann einfach ausprobieren und werkeln, bis es passt“, erklärt Björn, der hauptberuflich wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Darmstadt ist. Schon von seinem ersten Longboard konnte er die Finger nicht lassen. Nach einer Woche fahren, wollte das nämlich nicht so recht rollen, wie Björn sich das dachte. Klarer Fall für die Säge. Und damit war der Grundstein für die mittlerweile deutschlandweit bekannte Mainzer Longboardmarke gelegt.
Als studierter Architekt hat Björn eher den technischen Zugang zur Sache. Olli, der Sport- und BWL-Student, ist eher der, der „immer alles bunt machen will“, wie er selbst sagt. Und so treffen sich die beiden irgendwo in der Mitte. Und was dabei entsteht, das gefällt. Seit ihrem Start vor fünf Jahren mehren sich die E-Mail-Anfragen von Tag zu Tag. Und mit ihrem zusätzlichen, etwas farbigeren Klamottenangebot haben sie neuerdings noch einen Gang höher geschaltet. Aber von Massenproduktion und Geldgier keine Spur. Denn das eigene Handwerk liegt ihnen sehr am Herzen. „Ich muss nicht jedes Brett selbst bauen, aber die Herstellung ganz aus der Hand geben, das geht auf keinen Fall“, betont Olli. Und so werden auch die heiß begehrten Mützen immer noch von Ollis Mutter per Hand gestrickt und mit dem ebenfalls puristischen Olson & Hekmati-Logo versehen. Hier ist einfach alles handgemacht. Da kann es schon auch vorkommen, dass für den Bau eines Boards erst mal das richtige Werkzeug gebastelt werden muss. Die funktionsentfremdete Malerrolle ist aus der Produktion gar nicht mehr wegzudenken und die selbsterfundene Styroporbox mit integrierter Glühbirne dient als Klebstofftrockner – hier trifft Self-Made-Charme auf höchste Präzision.

Olson & Hekmati befruchten die Szene

Mit dem Entstehen von Olson & Hekmati ist auch die Mainzer Longboard-Szene gewachsen. Mittlerweile wissen Björn und Olli ein festes, zwölf Mann großes Team von Longboardern um sich, von denen einige auch an Welt- und Europameisterschaften teilnehmen. Es gibt viele verschiedene Fahrstile und Disziplinen. Dementsprechend groß ist die Vielfalt an Brettern. Beim Downhill geht es um Speed um Adrenalin, denn hier erreicht der Boarder beim straighten Bergabrun schon mal bis zu 100 Stundenkilometer. Ein Downhill-Brett muss daher sehr stabil sein. Aber mit den Boards kann auch getanzt und gepumpt werden. Jedes Brett und jeder Fahrer hat eben seinen ganz eigenen Charakter und da scheint es fast offensichtlich, dass Olli eher der Downhill-Boarder ist, während Björn sich für das mechanische Zusammenspiel aus Körperkraft und Brettbewegung bei der Pump-Disziplin fasziniert.

Und wohin rollt die Zukunft?

So langsam, sagen sie, wird ihnen die Garage am Römerwall zu klein und sie sind auf der Suche nach einer neuen Bleibe irgendwo im Mainzer Stadtgebiet. Denn seit ungefähr einem Jahr haben sie mit Hannes (27) ihren ersten „Angestellten“ mit im Boot. Und der passt ins Team wie die Faust aufs Auge. Denn auch seine Hände können nicht still halten, so dass er jede freie Minute an der Werkbank verbringt. Also: Eine Drei-Mann-Bude muss her!
50 bis 60 Quadratmeter wären ihr Wunsch, „damit auch endlich mal eine Couch reinpasst“, so Olli. Doch trotz der steilen Bergaufkurve plus Werkstattsuche sind die Olson & Hekmati-„Brüder“ ziemlich entspannte Zeitgenossen geblieben. Zum Interview kommen sie mit zwei langen Paketen unterm Arm. „Die wollten wir gerade verschicken, aber die Post hatte schon zu“, erklärt Olli. Was sie auch machen, sie machen es selbst.


www.olsonhekmati.de
Römerwall 59

4 responses to “Mainzer machen Longboards

  1. Moving to Mainz soon…I can’t wait to pick up one of your boards! Keep up the great work, hope to ride with you guys some day!

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