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Im Check: Mainzer Buchhändler (und ihre Buchtipps)

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von Ulrike Melsbach  Fotos Jonas Otte

Die Ära Buchhandlung Kohl ist zu Ende: Die größte inhabergeführte Buchhandlung der Stadt schließt am 30. November endgültig. Bleiben uns jetzt nur noch Ketten? Nein! Ein sympathischer bunter Haufen klein und mittelständischer Geschäfte widersetzt sich. Also: Nicht im Internet bestellen, sondern hier – vor allem zu Weihnachten. Und falls Sie doch eine Bestellung machen müssen: Der Buchhändler hat sie in der Regel am nächsten Tag im Laden.

Innenstadt

Jürgen Kross (Claudius) empfiehlt „Gegend Entwürfe
Jürgen Kross (Claudius) empfiehlt „Gegend Entwürfe

Buchhandlung Claudius, Vordere Präsenzgasse 4

Die Buchhandlung Claudius gibt es schon seit 100 Jahren – seit 70 an diesem Standort. Inhaber Jürgen Kross offenbarte sich als beeindruckende Persönlichkeit: „sophisticated“, würde der Engländer feststellen. Kross wurde schon oft aufgefordert, eine Biographie zu schreiben, doch er bleibt lieber Dramatiker und Lyriker. Als solcher verliert er kein Wort zu viel und hat seine strenge Form entwickelt; spannende Anekdoten gibt es frei Haus. Kross ist von der Stärke kleiner Buchhandlungen überzeugt und besteht auf die Wichtigkeit des Literatur-Gesprächs. Gerade zu diesem Austausch kommen seine Stammkunden gerne zu ihm. Er unterstützt einen festen Kreis kleiner Verlage, obwohl er auch größere führt.

Jürgen Kross empfiehlt „Gegend Entwürfe“

dombuchhandelDombuchhandlung, Markt 24-26

Mitten in Mainz, im Schatten, ja sogar im Fuße des Doms, finden wir die traditionsreiche Dombuchhandlung, die seit 1966 von der Familie Stoffl geführt wird. Petra Kriszat zeigt ihren geräumigen Laden, in dem man alles Mögliche findet: Belletristik, Wissenschaftliches, Mainz-Literatur, Kinderbücher, natürlich auch Theologisches, Ratgeber, Reiseführer, Kunsthistorisches. Stadtschreiber Zaimoglu, der ja um die Ecke wohnt, wird natürlich auch geführt, sogar mit signierten Exemplaren.

Petra Kriszat empfiehlt „Siebentürmerviertel“

Shakespeare und So…, Gaustr. 67

Cliff Kilian (Shakespeare und so...) empfiehlt „Zwei Schwestern“, Nida Kilian „Die Straße der Pfirsiche“
Cliff Kilian (Shakespeare und so…) empfiehlt „Zwei Schwestern“, Nida Kilian „Die Straße der Pfirsiche“

„Wir sind die, vor denen Amazon gewarnt hat“ prangt an der Eingangstür der gut frequentierten Buchhandlung, die Nida und Cliff Kilian seit 17 Jahren führen. Die beiden scheinen zufrieden und glücklich, wie auch ihre Kunden, die hier hauptsächlich Belletristik, Literatur und Kinderbücher finden; früher gab es noch mehr Lyrik sowie Film- und Theaterwissenschaftliches. Die Kilians geben sich im digitalen Zeitalter bewusst altmodisch, kommen aber umso lebendiger daher. Lesungen werden nicht mehr veranstaltet, aber vielleicht dürfen wir ja nächstes Jahr auf eine Geburtstagsparty hoffen, denn am 12.9. wird der Laden volljährig. Geheimtipp: So hübsch wie Nida Kilian packt kaum einer Geschenke ein.

Cliff Kilian empfiehlt „Zwei Schwestern“, Nida Kilian „Die Straße der Pfirsiche“

Silke Müller empfiehlt "Die Wahrheit"
Silke Müller empfiehlt „Die Wahrheit“

Erlesenes & Büchergilde, Neubrunnenstr. 17

Entwarnung: Nein, Sie müssen nicht in die Gilde eintreten, um hier einzukaufen! Warnung: Es könnte passieren, dass Sie ein derart schön gestaltetes Gilden-Buch entdecken, das Sie dazu verführt. Nahe der scheidenden Gutenberg-Buchhandlung lohnt sich ein Besuch bei Silke Müller, die den Laden vor einem halben Jahr übernommen hat und es sich und anderen nun richtig gemütlich gemacht hat. In der einen Ecke kann man zwischen Büchern „normaler“ Verlage und schönen Dingen stöbern, in der anderen finden sich die außergewöhnlich gestalteten Bände der Büchergilde, so- wie Original-Grafik und im hinteren Teil ist die großzügige Kinderbuchabteilung. Über den reinen Bücherkauf hinaus kann man sich bei einer „Spätlese“ im Geschäft einschließen lassen, Kinderprogramm genießen oder sich vom „Literaturkurier“ ereilen lassen.

Silke Müller empfiehlt „Die Wahrheit“

Helena Bose und Katharina Jerusalem empfehlen "Pulang (Heimkehr nach Jakarta)
Helena Bose und Katharina Jerusalem empfehlen „Pulang (Heimkehr nach Jakarta)

Cardabela, Frauenlobstr. 40

Cardabela ist seit 36 Jahren ein echter kleiner Mainzer Neustadt-Laden, der schon zwei-, dreimal miterlebt hat, wie ein Stadtteil „hip“ war. Katharina Jerusalem ist mit Eva Werner noch übrig geblieben von dem achtköpfigen Kollektiv, das die Buchhandlung gründete. Mit Helena Bose wird das Team ergänzt. Inhaltlich ist die Buchhandlung breit aufgestellt, hat aber einen politischen und interkulturellen Schwerpunkt, der zum Entdecken von Autoren, insbesondere aus Lateinamerika und Afrika, einlädt. Es gibt eine große Kinderbuchabteilung und wir finden auch Bildbände, Graphic-Novels, Originalgrafik und Reiseführer. Neben diversen Kooperationen veranstaltet Cardabela einmal im Jahr eine literarische Reise, um auf den Spuren eines Autoren zu wandeln.

Helena Bose und Katharina Jerusalem empfehlen „Pulang (Heimkehr nach Jakarta)“

Matthias Dölger empfiehlt "Greenwash Inc."
Matthias Dölger empfiehlt „Greenwash Inc.“

Bukafski, Kurfürstenstr. 9

Der neue Neustadtbuchladen ist gar nicht mehr so neu, sondern nun auch schon gut vier Jahre alt. Kein Geheimnis: Matthias Dölger und sein Mitstreiter Marco Rocco Roberto bieten unter allen Buchhändlern den besten Kaffee, der zum Verweilen in diesem Buchladen-Café einlädt. In den übersichtlich gestalteten Räumlichkeiten findet man deutsch- und fremdsprachige Belletristik, Lyrik und Kinderbücher, vorzugsweise von unabhängigen Verlagen; einen besonderen Schwerpunkt bilden Graphic Novels. Die Stärke der Buchhandlung sieht Dölger, neben der Beratungskompetenz, gerade im kleinen Sortiment, das Möglichkeit zur Entwicklung lasse. Drumherum gibt‘s immer wieder Büchertische, Lesungen und sogar Konzerte.

Matthias Dölger (Foto ganz oben) empfiehlt „Greenwash Inc.“

Hechtsheim/Bodenheim

Susanne Thomas und Sabine Stupp empfehlen "Glück und Glas" von Lilli Beck
Susanne Thomas und Sabine Stupp empfehlen „Glück und Glas“ von Lilli Beck

Buchhandlung Ruthmann, Alte Mainzer Str. 4

Die Buchhandlung Ruthmann ist eine Zweigstelle des Geschäfts, das Lothar Ruthmann in Bodenheim führt; beide gibt es schon gut 20 Jahre. In Hechtsheim führt Sabine Stupp mit zwei Kolleginnen das freundlich helle Geschäft mitten im alten Ortskern. Draußen locken die liebevoll ausstaffierten Schaufenster, drinnen gibt es eine große gemütliche Kinderbuchabteilung, Romane, Biografien, Bildbände, Reiseführer und – das fällt auf – relativ viele, aber wohl ausgesuchte, Koch- und Backbücher! Die Damen sehen ihre Buchhandlung als kulturellen Treffpunkt. Es gibt regelmäßig Veranstaltungen: Lesungen, Sommerfest, „Kinder bringen Kissen mit“ und „Buchverkostungen“. Bei letzteren werden Koch- und Backbücher vorgestellt und man darf die Ergebnisse der ausprobierten Rezepte gleich verspeisen.

Susanne Thomas und Sabine Stupp empfehlen „Glück und Glas“ von Lilli Beck

Gonsenheim

Bardo Schmitt empfiehlt "Georg Forster- Zwischen Freiheit und Naturgewalt"
Bardo Schmitt empfiehlt „Georg Forster- Zwischen Freiheit und Naturgewalt“

Bardo Schmitt, Breite Straße 36

Seit Bardo Schmitt seinen Altstadt- Buchladen neben der Augustinerkirche 2006 aufgegeben hat, findet man den patenten Mainzer im Vorort. Mitten auf dem „Gonsenheimer Broadway“ führt er nun sein Geschäft, in dem früher schon die Familie Lux mit Büchern handelte. Während unseres Besuches ist noch Verstärkung da, aber wenn einmal kein Kunde da ist, klingelt schon gleich wieder das Telefon; hier ist einiges los. Bardo Schmitt selbst liest gerne historische Romane, Krimis und Sachbücher, aber das Sortiment ist noch breiter. Im Untergeschoss eröffnet sich, um ein rotes Schmöker-Sofa herum, eine großzügige Fläche für Kinderbücher, Bildbände, Ratgeber, Kochbücher und Reiseführer. Hier versammeln sich auch die Gäste der regelmäßig stattfindenden Lesungen.

Bardo Schmitt empfiehlt „Georg Forster – Zwischen Freiheit und Naturgewalt“

Susanne Kux empfiehlt "Wie man mit dem Feuer philosophiert"
Susanne Kux empfiehlt „Wie man mit dem Feuer philosophiert“

Nimmerland, Breite Straße 63

„Problemlos“ antwortet Susanne Lux promt auf unsere Frage, wie man denn heute Bücher verkaufe. Die Inhaberin dieses reinen Kinderbuchladens weiß, dass es der Sparte gedankt ist; denn von ihrer Sorte gibt es nur zehn bis 15 bundesweit und die persönliche Beratung sei bei Kinderund Jugendliteratur besonders wichtig. Darüber hinaus hat das Nimmerland einen eigenen Bücherschrank, die „Little Free Library“ vor der Tür und wartet mit eigenem Veranstaltungskalender auf; derart viel Programm gibt es. Ach ja: Ein Regal mit Erwachsenen-Büchern gibt es auch.

Susanne Lux empfiehlt „Wie man mit dem Feuer philosophiert“