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Grenzenlos Kultur Theaterfestival 8. bis 25.9. im KUZ


Bei seiner Gründung 1997 war „Grenzenlos Kultur“ das erste Festival für Kunst von Menschen mit geistiger Behinderung im deutschsprachigen Raum. Auch heute noch gehört die Inklusion behinderter Künstler bei „Grenzenlos Kultur“ zum Selbstverständnis, doch längst ist das Lebenshilfe-Festival weit mehr als das: Es ist eine höchst lebendige Plattform für ungewöhnliche, nicht selten experimentelle, immer auch gesellschaftspolitisch motivierte Kunst- und Theaterformen. Unter dem Festivalmotto „Diesseits von Eden“ wird das KUZ Mainz bei der nunmehr 13. Ausgabe von „Grenzenlos Kultur“ zum Schauplatz von Tanz-, Performance- und Theateraufführungen, von Konzerten, Filmen und Lesungen, die unsere vorherrschenden Lebensstile, Wertesysteme und Verhaltensmuster auf die Probe stellen und sich weigern zu glauben, dass die beste aller möglichen Welten bereits entdeckt ist. „Der Glöckner von Notre Dame“ und „Antigone“ fehlen dabei ebenso wenig wie ein dreiteiliger King Kong-Abend oder als Eigenproduktion eine Stadtrundfahrt mit Südseehäuptling.

Eröffnet wird das Festival mit der Arbeit des international gefeierten Choreografen Rui Horta für die portugiesische Tanzcompany Dançando com a Diferença. In einer intensiven Begegnung mit den behinderten und nicht behinderten Tänzer/innen von der Insel Madeira hat Rui Horta in „Beautiful People“ die Sehnsüchte und die Schönheit des zum Glück immer noch imperfekten Menschen zusammenprallen lassen mit den gesellschaftlichen Verhaltensweisen und Werten, die uns von den Hochglanzmagazinen als normal und erstrebenswert vermittelt werden. Ein zutiefst bewegender, bildstarker Tanzabend, oszillierend zwischen verstörender Brutalität und entwaffnender Zartheit.

Zwei Doppelkonzerte der Extraklasse bringen das Publikum auf recht unterschiedliche Weise dem Paradies ein Stück näher: Mit Richard Bawin und Jim Avignon geben sich zwei eigenwillige Gesamtkunstwerker die Klinke in die Hand, deren Musik neben allen anderen Qualitäten auch noch extrem gut tanzbar ist. Percujam und die seit Jahren weltweit gefeierten 17 Hippies bringen in ihren Konzerten die unterschiedlichsten musikalischen Kulturen unter einen Hut und dann zum Abheben.

Zum Festivalabschluß gastiert Rimini Protokoll, berühmt für ihre Arbeiten mit Menschen aus theaterfernen Berufen, die sich in den Inszenierungen selbst darstellen. Wie aber erzählt man seine eigene Geschichte, wenn man wie Miriam Yung Min Stein bei einer Familie in Deutschland aufgewachsen ist, nachdem man umhüllt von Zeitungspapier in einer Schachtel in Südkorea gefunden wurde? Die gefeierte wie berührende Produktion „Black Tie“ kreist um das schwarze Loch der Herkunft, um das Befremden zwischen Umwelt und einer Frau, die in Osnabrück hineinwuchs in einen Körper, der koreanisch wirkt, und ein ganzes Land, einen Krieg, eine andere Kultur wie in einer verschlossenen Kapsel mit sich herumträgt.