von Nicola Diehl
Fotos Jana Kay & Uwe Bosshammer
Gemächlich schlängelt sich Bobby durch die engen Neustadtstraßen. Mit seiner knallroten Farbe zieht er die Blicke auf sich. Er surrt und schnurrt wie ein junger Kater, dabei hat Bobby schon an die 30 Jährchen auf dem Buckel. In all den Jahren hat er schon viel von der Welt gesehen, denn Bobby ist ein T3-VW-Bulli. Er gehört neben „Bronko“ und „Paula“ zu einer großen Truppe von alten VW-Bussen, die Uwe Bosshammer (42 Jahre) über seine Bulli-Vermietung ‚Hanggtime‘ von Mainz aus für Trips quer durch Europa vermietet. Und dabei ist oft der Weg das Ziel. „Mehr als 500 Kilometer solltest du mit dem Bus an einem Tag nicht fahren, sonst ist es kein Urlaub mehr“, empfiehlt Bosshammer den eigensinnigen Charakter seiner Flotte. Und diese Gemächlichkeit wünschen sich seine Kunden. Ziele wie Kroatien oder Südfrankreich sind mit den modernisierten Bussen also durchaus drin. „Die Motoren der Bullis sind alle auf aktuellem technischem Stand und Servolenkung gibt’s auch fast serienmäßig.“ So schafft es auch die 23-jährige Studentin problemlos, das Gefährt entlang enger Küstenstraßen zu manövrieren.
Besser nichts planen
Eine, die das Ganze schon einmal ausprobiert hat, ist Jana Kay (31 Jahre) aus Mainz. Zusammen mit ihrer damals einjährigen Tochter Jonna hat sie das Abenteuer im August vergangenen Jahres gewagt: Zehn Tage Nordsee – so der Plan. Nur sie, der Bus und die Kleine. Aus zehn Tagen Nordsee wurden dann Zwisch enstopps in Göttingen, der Lüneburger Heide und Hamburg. „Aber genau das ist das Tolle daran. Du kannst Pläne schmieden, so viel du willst und am Ende alles wieder über den Haufen werfen und bleiben, wo es dir gerade gefällt“, erzählt Jana von der Reise. „Und auch wenn der Kühlschrank mal ein paar Stunden nicht funktioniert und man sich wirklich an den Wendekreis von so einem Bulli gewöhnen muss, das Freiheitsgefühl ist einfach grandios. Da schmeckt auch mal ein warmes Bier.“ Es ist genau diese Vorstellung von Urlaub, die Bosshammer mit seiner Bulli-Vermietung vermitteln möchte. Und dabei kommt der Name ‚Hanggtime‘ nicht von ungefähr. Er bezeichnet beim Kitesurfen die Phase, in der der Kiter abhebt und in Schwerelosigkeit badet. Die Sportart, bei der der Surfer von einem Winddrachen gezogen wird, ist neben den Bussen Bosshammers zweite große Leidenschaft. Und „die Reise mit dem VW-Bus bringt genauso viel Freiheit“, schwärmt er. Rund 500 Euro zahlt der Bulli-Mieter für eine Woche, 1.500 Freikilometer inklusive. Die Busse sind ausgestattet mit Kochstelle, Kühlschrank und Bett. Geschirr und Campingausrüstung können hinzu gebucht werden. Und sollte es unterwegs mal ein Problem geben, ist ein Hanggtime-Mitarbeiter immer telefonisch erreichbar.
Meer, Strand und Bullis
Zu Bosshammers Flotte zählen mittlerweile 25 bis 30 Busse mit Standorten in Mainz, Hamburg und Aachen sowie auf den Kanaren und in Andalusien. Dort hat übrigens alles angefangen. 2002 im Urlaub in Tarifa, Südspanien. „Damals hatte ich sechs Monate frei zwischen zwei Jobs, wollte ein bisschen Entspannen und bin mit meinem ersten T3 nach Tarifa“, erzählt Bosshammer. Seither trägt er die Idee mit sich herum. 2009 machte er dann Ernst und gründete seine Bulli-Vermietung.
Heute möchte er nichts anderes mehr tun. Als studierter Maschinenbauingenieur hat Bosshammer lange Zeit im Vertrieb in der Automobilbranche gearbeitet und kennt das Geschäft. „Ich war aber nie so der Anzug-Typ.“ Den Anzug und seinen alten Job hat er eingetauscht in ein Leben zwischen Meer, Strand und Bullis. Und nicht zu vergessen: Sein Hund Balu ist auch immer mit dabei. „Den habe ich irgendwo in Spanien am Kiosk geschenkt bekommen.“ Seitdem sind die beiden unzertrennlich. Und der Fahrtwind ist ihr treuster Begleiter.