von Ulla Grall und Katharina Dubno (Fotos):
Seit Dezember leben sie in Mainz und die Wohnung der Lenhardts wirkt noch etwas kahl. „Wir haben eine Menge Hausrat in China gelassen und sind noch nicht fertig eingerichtet“, sagt Duan Yifan. Ihr Mann Frank und sie wohnten vorher in Qingdao. Die Region, bis vor etwa 100 Jahren deutsche Kolonie, ist Yifans Heimat. Die Stadt, zwischen Shanghai und Peking gelegen, hat etwa 8,5 Mio. Einwohnern. Kein Wunder, dass dem Paar Mainz ruhig und beschaulich vorkommt.
Deutscher mit Wurzeln in Madagaskar
Frank, in Stuttgart geboren, wuchs in Bad Kreuznach auf, seine Mutter stammt aus Madagaskar. „Meine zweite Muttersprache ist französisch.“ Nach dem Studium der Kommunikationswissenschaften hatte er seine Abschlussarbeit über China verfasst, war aber selbst noch nie dort gewesen. Ein Verlag wollte die Arbeit publizieren, doch „ich wollte erst mal schauen, ob es in China so zugeht, wie ich es beschrieben hatte“, doch „dort angekommen, klappte nichts wie geplant.“ Frank fand gute Kontakte über eine Klettergruppe, sein Hobby in Qingdao. „Das war ein guter Start.“
Weil es mit dem Praktikumsplatz teilweise so schlecht gelaufen war, kam er auf die Idee, Praktikumsplätze für Studenten zu vermitteln und gründete die Firma „InternChina“. Dafür ist es gut, sich im Lande auszukennen, denn „über die positiven Dinge wird in Deutschland nur wenig berichtet.“ Seine Erfahrung – Wohnen in einer Gastfamilie, den halben Tag Praktikum und die andere Hälfte Sprachkurs – setzte er im Angebot seiner Firma um: „Unsere Praktikanten leben ebenfalls in einer Familie oder bewohnen ein eigenes Apartment. In allen vier Städten in China, in denen wir mittlerweile präsent sind, kooperieren wir mit einer Sprachschule.“
Von der Mitarbeiterin zur Ehefrau
Seine Ehefrau fand er im Unternehmen: „Ohne einen Chinesen kann man in China keine Firma gründen.“ Das Startup war „so ganz ohne Kohle“ nicht einfach: „Nach dem Beginn mit einer Offshorefirma in Hongkong mit Repräsentanzen in Festlandchina haben wir in Qingdao richtig angefangen. Die Raummiete war damals noch recht günstig.“ 2007 besuchte er dann in Deutschland ein gutes Dutzend Universitäten, hielt Vorträge und warb für seine Praktikumsvermittlung. Die Zusammenarbeit mit seiner Kollegin Yifan stellte sich als überaus positiv heraus. „Wir haben uns praktisch 24 Stunden am Tag gesehen“, erzählt Frank und sie ergänzt: „2009 haben wir dann geheiratet.“ Es war eine prächtige Hochzeit auf der Burg Reichenstein nördlich von Bingen mit internationaler Verwandtschaft aus Madagaskar, Venezuela, China und Deutschland. Und es gab eine zweite Hochzeit in Qingdao, ganz traditionell. Die Braut in glückverheißendem Rot in einer Sänfte, „die auf der achtspurigen Straße den Verkehr aufgehalten hat“.
Weit und umfangreich
Vor drei Jahren kam Tochter Mia Duan Yuanfang auf die Welt und der einjährige Sohn der Lenhardts heißt Milo Duan Yuanbo. „Die beiden haben drei Vornamen. Wir haben einen europäischen Namen ausgewählt und mein Schwiegervater die chinesischen Namen“, sagt Frank. „Duan ist der Familienname, den auch meine Frau trägt. Nur in Deutschland heißt sie Yifan Lenhardt.“ Ihr Umzug nach Mainz bedeutete also nicht nur Wechsel des Kontinents, sondern auch die Änderung des Namens für die junge Frau. „Der Name unserer Tochter hat eine Doppelbedeutung, zum einen, ‚weit entfernter Ort‘, zum anderen ‚Freiraum zur Entfaltung‘. Der Name Milo bedeutet ‚Umfangreiches Wissen‘.“
Mia geht in den Kindergarten und kann schon besser Deutsch als Chinesisch. Die babylonische Sprachenvielfalt in ihrer Familie scheint sie nicht zu stören. Mit seiner Frau spricht Frank englisch, mit den Kindern deutsch. Yifan spricht mit den Kindern Chinesisch. Frank: „Meine Chinesisch- Sprachkenntnisse habe ich durch ‚learning by doing‘ erworben, aber das Schreiben habe ich irgendwann aufgegeben.“ Das Paar will nun in Deutschland bleiben. „Ich werde Vorträge an den Unis halten und für die Praktikanten langfristig Geldgeber suchen. Die Studenten sollen die Aufenthalte nicht komplett selbst zahlen müssen.“
Seine Frau möchte gerne einen Sprachkurs für Deutsch besuchen, spätestens wenn Milo in den Kindergarten kommt. Bis dahin muss sie, die stets berufstätig war, sich mit der für sie ungewohnten Rolle als „deutsche Hausfrau“ abfinden. So will sie sich auch an der deutschen Küche versuchen: „Das hat mir am Anfang nicht geschmeckt – so viel Käse.“ Yifan vermisst den Tofu und die Vielfalt an Blattgemüsen, die es in ihrer Heimat gibt. „In China isst man dreimal täglich warm und zum Frühstück gibt es Suppe. Aber es ist doch einfacher in Deutschland, als ich gedacht habe.“ Vor allem Mainz gefällt ihr: „Es ist eine angenehme Stadt. Vor allem die Luft ist viel besser als in China“, und Frank ergänzt: „Das war auch ein Grund für uns, nach Deutschland zu gehen.“ Und: „Nach zehn Jahren China bin ich auch kulinarisch gesehen froh, wieder in Europa zu sein.“