Direkt zum Inhalt wechseln
| 4

Dr. Treznok und die Zeugen Jehovas

DrTreznok
Seit einiger Zeit bin ich dabei, meine Vorurteile gegenüber den Zeugen Jehovas abzubauen. Lange Jahre nahm ich ihnen ihre schwulenfeindliche Hetze übel und ging ihnen aus dem Weg. Wenn sie bei mir klingelten, erklärte ich ihnen, dass unser Haus einem Zeugenschutzprogramm unterliegt und ich deshalb keine Zeugen Jehovas hineinlassen dürfe, aus Sicherheitsgründen.
Nun hat die Hetze seit Längerem aufgehört, und ich sehe keinen Grund mehr, mich weiter in meinem Groll zu suhlen. Also habe ich mir überlegt, wie ich meine Vorurteile gegenüber den Zeugen Jehovas abbauen könne, und mir eine raffinierte Strategie überlegt:6

Ich traf sie in der Stadt, wo sie mit professionellen Aufstellern am Höfchen standen. Die Zeit, in der sie den Wachturm wie einen Schutzschild vor sich hielten und dabei aussahen, als hätten sie in eine Zitrone gebissen, scheint vorbei zu sein. Am Info- Stand standen zwei sympathisch dreinblickende Menschen, um die 30 oder 40 Jahre. Beherzt ging ich auf sie zu und sagte: „Ich möchte gern mit Ihnen über Gott reden.“ Ihrer Gesprächsstrategie beraubt, waren sie ratlos, und ich bestimmte nun das Gespräch.

Ich verwies auf einige mir bekannte Bibelstellen, etwa den alttestamentarischen Propheten Amos, dessen Buch ein einziges anti-kapitalistisches Manifest ist, oder darauf, dass Jesus im Tempel mal die Tische der Händler und Geldwechsler geradegerückt und randaliert hat. Damit hatten die Jehova-Zeugen nicht gerechnet. Sie hörten mir aufmerksam zu, nickten freundlich und versuchten, das Gespräch wieder zu übernehmen. Einer suchte in der Jehova- Bibel nach der Bibelstelle mit den Tempelhändlern, aber er kam nicht dazu, den Text zu zitieren, weil ich schon das nächste Thema parat hatte.

Ich verwies auf die Menschenwürde, die oft mit Füßen getreten wird, die Ausgrenzung von Minderheiten und Problemfelder in der globalen Finanzpolitik. Schließlich kam ich zu meinem Lieblingsthema, die Instrumente der Eugenik. Durch die pränatale Diagnostik ist es seit über 15 Jahren möglich, genetisch auffällige Embryonen zu diagnostizieren und abzutreiben, was mit großem Erfolg betrieben wird. Immerhin werden inzwischen etwa 95 Prozent aller Embryonen mit Down-Syndrom am Leben gehindert, aber auch Intersexuelle gehören zu den Opfern, da ihr Chromosomensatz von der üblichen Einteilung in „XX“ und „XY“ abweicht.

Schließlich erklärte ich den beiden den Unterschied zwischen Intersexualität, Transsexualität und Homosexualität. Natürlich fanden sie es schrecklich, dass die Intersexuellen nun ausgerottet werden sollen, denn sie sind ja Geschöpfe Gottes. Aber auch Trans- und Homosexuelle gehören schließlich zur Vielfalt der Schöpfung und so bestätigten sie meine Meinung, dass die Gesellschaft die Aufgabe hat, diese Minderheiten mit offenem Herzen zu begrüßen und in ihrer Mitte aufzunehmen. Am Ende des Gesprächs plädierten die Zeugen Jehovas für die Einführung der Homo-Ehe. Das ging mir dann doch zu weit.

Ich fragte sie vorsichtig, ob sie das wirklich ernst meinten, denn die Zeugen Jehovas seien schließlich als fundamentalistisch, reaktionär und kreationistisch bekannt, aber sie bestanden darauf, dass alle Menschen Gottes Geschöpfe sind und die Homo-Ehe zwingend notwendig sei. Ich versuchte noch, ihnen diese Idee wieder auszureden, aber es war zu spät. Gruselig, wie das Gespräch verlaufen war, und die Vorstellung, dass im „Königreichsaal“ nun künftig Homo- Ehen geschlossen werden, erschien mir unglaublich. Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass die Zeugen Jehovas nun die Regenbogen-Flagge hissen. Aber mein Groll auf sie ist seitdem verschwunden.

4 responses to “Dr. Treznok und die Zeugen Jehovas

  1. Nicht wahr???
    Du bist einfach klasse.
    Ein Bekannter von mir hat gegenüber den Zeugen Jehovas folgende Strategie: Wenn sie klingeln, freundlich begrüßen mit den Worten
    „Schön, daß ihr da seid! Lasst uns gemeinsam einen Psalm beten.“
    Dann legt er sofort los (kann viele Psalmen auswendig) und schließt: „Amen! Damit ist doch alles gesagt, oder?“
    Dann können sie nur noch verdattert „ja“ sagen.

    1. Das glaube ich nicht, dass die Zeugen Jehovas
      nurnoch „verdattert ja sagen können“
      Kene einige Z.J. und die sind sehr bibelkundig und würden darauf souverän reagieren.
      Auch glaube ich nicht, dass sie die Homo-Ehe aktzeptieren werden, denn dazu zu deutlich in der Bibel, dass Gott das missfällt. Fragt sie mal, wenn sie wieder klingeln … 😉

Comments are closed.