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Der große Test: Mobil sein in der Stadt


von Nicola Diehl
Fotos: Andreas Coerper

Lautes Hupen, stinkende Auspuffe, verstopfte Straßen. Unterwegs sein in der Stadt kann ziemlich nervtötend sein. sensor hat sich umgeschaut, welche innovativen Fortbewegungsmöglichkeiten es in Mainz gibt und welche davon sich für das Hin- und Herkommen am besten eignen.

Gelbe Mieträder für Mainz

Das älteste Verkehrsmittel mausert sich zum neuen Trend urbaner Mobilität, schließlich ist es leise, braucht wenig Platz, kostet keinen Sprit und ihm entfahren keine giftigen Gase. Für die Stadt optimal. Immer mehr Städte erkennen das und investieren in öffentlich nutzbare Mietradsysteme. Auch in Mainz tummeln sich seit einiger Zeit die gelben Räder der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG), die ab April für alle öffentlich nutzbar sind. Die sehr robusten Räder sind wendig und dank guter Gangschaltung auch für eine Fahrt bergauf geeignet. Der Sitz ist höhenverstellbar, Körbe sind an allen Rädern vorhanden. Das Anbringen von Kindersitzen ist dadurch leider nicht möglich. Rücktritt fehlt ebenfalls. Um ein gelbes Rad zu leihen, muss man sich zunächst online registrieren. Der Kunde erhält eine Mobilitätskarte, mit der er an allen Stationen bis zu vier Räder auf einen Schlag ausleihen kann. An jeder Ausleihsäule hängt ein Stadtplan, der alle Radstationen zeigt. Die Rückgabe ist überall möglich. Informationen zum Ausleihvorgang fehlen bisher, sollen aber nach Aussage der MVG im April noch angebracht werden. Der Preis für eine halbe Stunde ist mit einem Euro recht hoch, aber günstiger als die Kurzstrecke mit Bus oder Bahn für 1,55 Euro. Abo-Kunden erhalten Rabatte. Der fällige Betrag wird per Lastschriftverfahren einmal im Monat abgebucht.

Das „Callbike“

Die Konkurrenz zu den knallig gelben Stadträdern steht in Form von rund 15 Rädern der Deutschen Bahn an Gleis 1 am Mainzer Hauptbahnhof. Das Mietsystem „Call a Bike“ funktioniert vom Prinzip ähnlich. Die Ausleihe funktioniert allerdings per Telefonanruf, ein Mobiltelefon ist daher notwendig. Die Registrierung kostet im Gegensatz zur MVG satte 12 Euro, wobei 7,50 Euro bei online-Anmeldung auf dem Guthabenkonto landen. Das Callbike ist mit 8 Cent pro Minute (2,40 pro halbe Stunde) wesentlich teurer als die MVG-Räder. Dank Abschließsystem können zwar Fahrpausen eingelegt werden, Gebühren fallen in der Zeit allerdings trotzdem an. Weiterer Nachteil: Im Gegensatz zu anderen Städten verfügt Mainz lediglich über eine Call a Bike-Station, so dass das Rad hierher zurück gebracht werden muss. Einziger Vorteil: Einmal angemeldet, kann man die Räder in allen großen Städten Deutschlands nutzen. Mainzer Radverleih für größere Radtouren in der Gruppe Auch der Mainzer Radverleih im Parkhaus Cityport am Hauptbahnhof bietet Leihfahrräder. Während die Mieträder von MVG und Deutscher Bahn jedoch für kurze Wege innerhalb der Stadt geeignet sind, ist die Verleihstation des Christilichen Jugenddorfwerks Deutschland (CJD) als Tages- oder Wochenausleihe konzipiert und von April bis Oktober geöffnet. Die Tagesausleihe beträgt zwischen 8,50 und 9,50 Euro, das Wochenendfahrrad für drei Tage gibt es ab 18,90 Euro. Kinder- und Jugendräder sind günstiger, auch für den Gruppenverleih erhält der Mieter Preisnachlass. Die Räder können auch über mehrere Wochen ausgeliehen werden. Zur Ausleihe sind Personalausweis und Kaution nötig. Besonderes Highlight ist das ausleihbare Tandem für 19 Euro am Tag.

Carsharing

Die blechgewordene Individualität ist dieser Tage ein nicht mehr so gerne gesehenes Gefährt in der Stadt. Abgase verpesten die Luft, der Lärm stört und Parkplatzmangel herrscht in Mainz sowieso überall. Braucht der Stadtmensch also das Auto?
Vielleicht nicht. Und wenn doch, bieten Carsharing-Angebote Ersatz. In Mainz verstecken sich gut verstreut rund 15 book-n-drive-Stationen. Das Automietsystem ist sowohl für kurze spontane Erledigungen von wenigen Stunden als auch für längere Touren am Wochenende geeignet. Die Anmeldung ist zunächst kostenlos. Online oder per Telefonanruf kann das Auto dann gebucht und an der nächsten Station per Kundenkarte und PIN-Code ausgeliehen werden. Die entstandenen Kosten sind online immer einsehbar und werden per Lastschrift vom Konto abgebucht. Attraktiv klingtder Tarif „Basic“, bei dem keine Monats- oder Jahresgebühr entsteht, sondern der Mieter nur das bezahlt, was er tatsächlich gefahren ist. Je nach Autogröße sind zwischen 3 Euro pro Stunde für den Kleinwagen und 6 Euro für eine Stunde mit dem Transporter fällig. Dazu kommen die Kilometerpauschalen (25 bis 34 Cent pro km), die das Ganze besonders bei längeren Touren teuer machen. Das geliehene Auto muss an die gleiche Station zurückgebracht werden. Kindersitzerhöhungen befinden sich in jedem Auto.

Das Pedelec und der eRoller

Besonders innovativ zeigen sich die neuen e-Mobile. Das Elektro-Fahrrad, neudeutsch „Pedelec“ genannt, kam einst als Rentnergefährt auf den Markt. In jüngster Zeit findet es auch bei Berufstätigen Anklang. Sie nutzen das Rad auf dem Weg zur Arbeit, um nicht komplett durchgeschwitzt im Büro zu erscheinen. Bis zu 25 km/h schnell fahren die Räder, die als gemütliches Stadtrad oder sportliches Mountainbike erhältlich sind. Ein voll aufgeladener Akku reicht je nach Modell, Tour und Fahrstil 50 bis 100 Kilometer. Natürlich kann der Motor zwischendurch auch komplett ausgeschaltet werden, beispielsweise für gerade Streckenabschnitte. Großer Haken ist der Preis. Mit 2.000 bis 3.500 Euro für qualitativ gute Pedelecs sind sie eine sehr teure Fortbewegungsvariante. Attraktiver stellt sich der etwas schnellere eRoller dar. Mit vollgeladenem Akku sind 50 bis 80 km Fahrstrecke am Stück durchaus drin. Und die eRoller stehen ihren Benzin schluckenden Kollegen in Sachen Schnelligkeit in nichts nach. Im Gegenteil, sie sind flink, leise und noch dazu wesentlich wartungsärmer. Denn im eRoller stecken weder Zündkerze, Zylinder oder Auspuff, sodass kaum Reparaturen anfallen. Kostenpunkt: 3.500 bis 7.500 Euro für mit einer Vespa vergleichbare Modelle. Wer Pedelec oder eRoller einmal testen möchte, wird bei den ‚Radgebern‘ oder dem frisch eröffneten Laden ‚e4go‘ im Fort Malakoff fündig.

Das Ökotaxi

Und noch eine Neuheit kommt nach Mainz: das Ökotaxi. Der Fahrservice MyGreenCar, ein Öko-Taxi für kurze Strecken im Mainzer Innenstadtgebiet, geht am 21. April an den Start. Es ist eine Dienstleistung des My-GreenWay-Center, ein E-Mobilitätszentrum, das zeitgleich in der Großen Langgasse 1A eröffnet hat. In Planung sind auch E-Carsharing, der Verkauf von Elektroautos sowie Beratung. sensor durfte schon vorab testen und ließ sich vom Mobilitätscenter in der Langgasse bis zur Neustadt kutschieren. Das Fahrgefühl im Elektroauto ist beindruckend ruhig. Kein Motorengeräusch ist zu hören, kein Abgas strömt aus dem Auspuff. Ein Problem bringt die Stille jedoch mit sich: Mensch und Tier hören das herannahende Auto oft nicht und bleiben auf der Straße stehen. Für den Elektroautofahrer ist also Vorsicht geboten. Preislich ist das Ökotaxi durchaus attraktiv und entspricht mit zwei Euro pro gefahrenen Kilometer dem Preis eines üblichen Taxi.

Fazit

Umweltfreundliche Fortbewegungsmittel sind auf dem Vormarsch. Zwar ist der Mensch ein Gewohnheitstier, aber mehr Rad und weniger Auto macht nicht nur die Stadtluft, sondern auch den eigenen Kopf frei. Eine interessante Entwicklung findet insbesondere im Bereich Elektromobilität statt. Damit der grüne Funke in Mainz weiter sprühen kann, hat sich die Region Rhein Main bei dem vom Bund ausgeschriebenen Wettbewerb „Schaufenster Elektromobilität“ beworben. 180 Millionen Euro Fördergeld für drei bis fünf Gewinnerregionen sind verfügbar, um die insgesamt 23 Bewerber buhlen. Die Entscheidung steht vermutlich Ende April an. Wir sind schon ganz grün vor Neugierde.