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Das sensor 2×5 Interview mit Eva Focke (WeBelieve & geMAINZam)

Was glaubst du, wann Cannabis legalisiert wird und was habt ihr davon?
Bei uns im Laden sind CBD- (= Cannabidiol) Blüten schon erhältlich. Wann und wie genau sämtliches Gras in Deutschland legal wird, ist noch schwer zu sagen. Einige Politiker sagen, bald! Ich glaube, dass da noch einiges losgetreten werden muss. Ich hoffe dennoch, dass wir schon nächstes Jahr in vielfältiger Bio-Qualität Cannabis legal genießen können. Mit unserem Unternehmen, Know-how und den Kontakten haben wir vielleicht schon eine Art Fuß in der Tür.

Ihr seid auch Teil der Initiative geMAINZam. Wie kam es dazu und was wollt ihr eigentlich?
Dazu kam ich durch meine Fischtor-Kumpanin Jana Blume. Die ehrenamtliche Initiative, gegründet zu Beginn von Corona, möchte Ladeninhabern und Unternehmern Sichtbarkeit verschaffen, sie stärken und zusammenbringen. Gastronomie und inhabergeführter Einzelhandel könnten weiter „aussterben“, und damit verschwinden auch Existenzen, die davon abhängen und die Stadt mit Herz und Leidenschaft prägen. Diesem Szenario wollen wir mit geMAINZam mit Tatendrang lautstark entgegenstehen.

Gibt es auch Tage, an denen du, als Gesicht von WeBelieve, dich niemandem zeigen möchtest?
Natürlich. Grundsätzlich macht mich der Kundenkontakt sehr glücklich. Instagram hingegen ist schon anonym. Anfangs musste ich über meinen Schatten springen, dort auf Knopfdruck gute Laune zu teilen. Dann wurde es zur Gewohnheit. Instagram fühlt sich wie eine Parallelwelt an. Einerseits findet eine Menge Ermutigung zu Vielfalt und Nischen statt, andererseits wird in Szene gesetzt, künstliche Realität abgebildet und Hasskommentaren Raum gegeben. Ich wünsche mir mehr Respekt und Frieden.

Du bist auch bei der Ukraine-Initiative „Familien für Familien“ dabei. Wie weit geht euer Engagement?
Wir fahren 14 Stunden mit dem Auto hin, übernachten dann im Grenzgebiet, finden heraus, dass wir noch eine Nacht warten müssen und kehren mit fremden Menschen im Schlepptau zurück. Das ist schon abenteuerlich. Unser Ziel ist es, ukrainische Familien hier in Familien unterzubringen und diese zu unterstützen. Darüber hinaus haben wir ein Osterfest bereitet, und im „perfect day“ in Wiesbaden ist das Café Ukraina entstanden, das von Geflüchteten betrieben wird.

Und wo geht deine eigene Reise beruflich hin?
Ich fühle mich bislang wie ein wildes Huhn, das von Ecke zu Ecke flattert und dabei aufs Bauchgefühl vertraut. Die Zukunft wird frischen Wind bringen. Die Menschen aus der Ukraine brauchen uns. Bei WeBelieve will ich ab Sommer kürzertreten und schaue dann in Richtung Kulturverein PENG, um Leerstand für alle Menschen nutzbar zu machen und einen freien Raum mit Liebe zu schaffen. Da kann die Reise hingehen. Ansonsten vielleicht ein Gnadenhaus für Tiere, ein Geburtenhaus mit Kultur, der perfekte Coffeeshop oder alles auf einmal. Ich träume gerne.

Bist du privat auch auf so vielen Hochzeiten unterwegs?
Ich bin mit Patchwork aufgewachsen und mein Freund ebenso. Da sind wir manchmal auf vier Familienfeiern gleichzeitig. Bei mir ist immer viel los, auch privat. Ich muss erleben, um beleben zu können. Auf den letzten Drücker bin ich dabei ständig und kriege trotzdem fast alles gut hin. Nur Schlaf kommt da leider oft zu kurz und ist mir dennoch superwichtig.

Was hältst du, als Power-Frau, von Feminismus und Gendern?
Ich weiß schon, dass das Gendern sich nicht allzu gut im Ohr anhört. Mir geht es dabei jedoch um Bewusstsein und Wertschätzung, ich gendere daher meistens. Wobei Feminismus für mich stark behaftet ist. Das sind mir zum Teil einfach zu extreme Ansichten. Bei dem Begriff denke ich an Frauen, die nicht zusammenhalten, sondern oft sowohl einander als auch Männer mehr ausgrenzen als supporten. Da finde ich mich nicht wieder. Für mich stehen Liebe, Akzeptanz, Toleranz und Frohsinn im Vordergrund.

Bist du denn religiös oder spirituell?
Ich wurde katholisch geprägt, habe mich aber davon gelöst. Als Kind war ich Messdienerin und auf dem Maria Ward-Mädchengymnasium. Nach dem Abitur ging meine Begeisterung für Mainz los. Ich bin angekommen und mittlerweile aktiver Teil der Stadt. Bislang wende ich noch zu viel Energie nach außen auf und zu wenig nach innen. Daran will ich arbeiten. Ich glaube an Erlebtes, Energien und daran, was ich sehe und fühle.

Wie bist du so durch die Viruszeit gekommen?
Es war eine wilde Zeit. Ich, als junger, gesunder Mensch, habe mich nach reiflicher Überlegung entschieden, auf die Covid-Impfung zu verzichten. Was mir dadurch begegnet ist, war unglaublich. Innerhalb kurzer Zeit kamen, neben Toleranz und Verbundenheit, eine Menge Bevormundung, Spaltung, Vereinsamung und Druck zustande. Ich bin in die Bredouille geraten, von meiner Grundschullehrerin beschimpft und per Gesetz und gesellschaftlich rigoros ausgegrenzt worden. Die Zeit ab Oktober 2021 war für viele Leute, auch für mich, wirklich hart, depri und strange. Ich finde, Politik sollte weniger das Instrument Angst spielen.

Willst du die Welt verbessern?
Ich will viel machen und entscheiden, um zumindest meine Welt zu verbessern. Da fällt mir ein Musikalbum ein: Amore von Wanda. Das ist mein Feeling!

Interview Thomas Schneider
Foto Jana Kay