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Austaxiert – Mainzer Taxiunternehmen im Konzessionsstreit

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Ein junger Mann möchte in Mainz ein Lokal mit Alkoholausschank eröffnen. Er erfüllt alle Voraussetzungen, die mit diesem Vorhaben verbunden sind. Doch das genügt nicht für eine Konzession. Die Stadt prüft außerdem, wie viele Lokale es in Mainz gibt – und ob deren Gewinn durch eine weitere Kneipe beeinträchtigt würde. Mit dem Ergebnis, das Lokal ist zu genehmigen, allerdings unter bestimmten Voraussetzungen. So bestimmt die Stadt, wie viel Geld der Kneipier für ein Glas Bier verlangen darf, was die Portion Pommes kostet, und legt außerdem fest, dass der Wirt Gäste aus Bingen oder Wiesbaden nur bewirten darf, wenn die vorher reserviert haben. Klingt abstrus? Ist aber ziemlich nah dran. Nicht bei einem Kneipier, aber an der Realität für Taxiunternehmen. Der nämlich darf sich nicht einfach ein Auto anschaffen und losfahren, sondern muss sein Vorhaben von der Stadt genehmigen lassen.

Streit entbrannt

Um die Taxi-Konzessionen ist in Mainz ein erbitterter Streit entbrannt. Dazu ist zu sagen, dass sie keine Besonderheit speziell bei uns sind, sondern Konzessionen in jeder Kommune Grundvoraussetzungen für den Betrieb eines Taxiunternehmens sind – dasselbe gilt für die Festlegung von Preisen. „Stellen Sie sich mal vor, die Stadt sagt dem Bäcker, was er für Brötchen verlangen kann, was da los wäre!“, erregt sich Georgios Mathes, einer der beiden Vorstände der Genossenschaft „Allgemeine Funktaxizentrale Mainz. Inzwischen ist sie die größte Taxizentrale in Rheinland-Pfalz.

Doch es sind nicht die Einschränkungen innerhalb ihres Berufes, die Mathes und Kollegen so aufregen, sondern die Tatsache, dass die Stadtverwaltung die Zahl der Konzessionen von etwa 212 im letzten Sommer mittelfristig auf 175 herunterfahren möchte. Grund dafür ist eine Studie des Sachverständigenbüros Linne + Krause aus Hamburg, das in den letzten Jahren in etlichen Städten die Situation am Taximarkt untersucht und eingeschätzt hat, ob mit der bestehenden Flotte jeder einzelne Unternehmer eine Chance hat, mit seinem Betrieb ausreichend Gewinn zu erwirtschaften.

„So, wie der Taximarkt in Deutschland derzeit organisiert ist, können Unternehmer kaum überleben“, erklärt Geschäftsführer Thomas Krause und fügt hinzu: „Wir sprechen hier von einem klassischen Niedriglohnsektor.“ Seine Arbeit will er deshalb nicht als ein Handeln gegen die Unternehmer und Fahrer verstanden wissen: „Es geht darum, den Markt so weit zu bereinigen, dass die verbliebenen Betriebe sauber arbeiten und von dieser Arbeit überleben können.“ Deswegen rät die Agentur den Städten zur Reduktion von Konzessionen.

Grauzonen-Gemunkel

Diesen Ansatz bestätigt Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne), die zudem erklärt: „Das Thema ist weder politisch, noch haben wir es uns ausgesucht.“ Es handle sich vielmehr um eine „reine Verwaltungsgeschichte. Wir wurden darauf gestoßen, weil Anwärter auf Neukonzessionen sich über Wartezeiten beschwert haben.“ Daraus entwickelte sich die Fragestellung nach der Wirtschaftlichkeit der bestehenden Betriebe, und bei deren Beantwortung sei man auf dicke Probleme gestoßen. „In Mainz agieren viele Unternehmen in einem Graubereich, der deutlich näher an Schwarzarbeit als weißer Weste ist“, verdeutlicht auch Thomas Krause. Der Fragebogen, den eine Stichprobe der Fahrer und Betreiber ausfüllen musste, habe Gewohnheitsverhalten am Rande der Legalität zuhauf ans Licht befördert. Ein besonders Dorn im Auge sei der Stadt dabei die Verpachtung der Konzessionen, sprich die Vermietung an Unternehmer, die ohnehin nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist.

Kunde ist Leidtragender

„Alles Quatsch“, platzt Mathes in der Taxizentrale in Gonsenheim fast der Kragen bei diesem Thema. „Der Krause stolziert hier rum mit seinen angeblichen Ergebnissen, dabei hat er nicht mal mit allen gesprochen.“ Vorstandskollege Uwe Gärdes beschwichtigt und erläutert: „Wir hätten uns gewünscht, es wäre mit allen Kollegen und auch mit den Gaststättenbetreibern und Hoteliers geredet worden.“ Dann wäre das Ergebnis aus ihrer Sicht deutlich anders ausgefallen, denn: „In Randzeiten kriegt man in Mainz jetzt schon kein Taxi.“ Darunter leide letztlich der Kunde: „Dem ist es egal, ob morgens um neun genügend Fahrzeuge an den Halteplätzen sind, wenn er freitagnachts um zwei eins braucht.“

Die Aussage der Stadt, alles sei halb so schlimm und bislang seien nur drei Konzessionen nicht verlängert worden – ein Neuantrag wird nach fünf Jahren fällig – winken beide ab. „Wir wissen doch, welche Kollegen sich aus dem Funk abmelden, weil ihre Verlängerung abgelehnt wurde. Die Stadt nennt die Zahl drei, weil in diesen Fällen bereits der Widerspruch der Fahrer gescheitert ist. Aktuell stillgelegt sind schon mehr als 20 Fahrzeuge.“ Die Fahrer seien teilweise mit neuer Konzession unterwegs, die sie im Landkreis beantragt und erhalten haben. „Aber uns fehlen sie in der Stadt, auch als zahlende Mitglieder.“ Auch für die Kunden hat die Verschiebung Nachteile, denn vor Ort Gäste aufnehmen und an den Stellplätzen warten dürfen grundsätzlich nur die lokalen Taxen.

Neue App in Betrieb

Es wäre zu viel gesagt, dass die Fronten in dieser Angelegenheit verhärtet sind, aber glücklich ist keine Partei mit der Situation. „Wir halten uns streng ans Gesetz“, beteuert Verkehrsdezernentin Eder. Und „wollen ganz sicher niemanden um seine Existenzgrundlage bringen. Wir sind da in guten Gesprächen mit den Unternehmen.“ Das bestätigten Gärdes und Mathes, denen bisher eher Eders Parteikollege Ansgar Helm-Becker ein Dorn im Auge war: In seiner Funktion als Aufsichtsvorsitzender der Funkzentrale vertrat er in ihrer Wahrnehmung eher Partei- und Eigeninteressen als die seiner Taxi- Kollegen. Dem im April neu gewählten Gremium gehört er nun jedoch nicht mehr an, was ein wenig Emotionalität aus der Sache nimmt.

Derweil will die Zentrale den Service für Kunden auch in schwierigen Zeiten verbessern und bietet seit Anfang Mai mit der App cab4me die Möglichkeit, am Smartphone ein Fahrzeug zu bestellen. Demnächst sind sogar Extras wie Kindersitz, Fahrer/- in oder Fahrzeugtyp wählbar, sagt Gärdes und betont: „Wir sind Dienstleister und nehmen diese Rolle sehr ernst – wenn man uns lässt.“

Taxibetrieb – Fragen und Antworten

Wer darf in Deutschland kostenpflichtig Personen befördern?

Das Personenbeförderungsgesetz regelt die „entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen“. Ohne einen Personenbeförderungsschein läuft hier nichts, für Taxibetriebe ist eine Konzession notwendig und es gelten feste Regeln für die Preise. Anders ist das bei Mietwagen, die Fahrten z.B. zum Flughafen anbieten, dafür aber nicht an Taxiständen halten dürfen.

Wieso musste der Taxidienst „Uber“ seinen Betrieb einstellen?

Uber hat nach eigenen Aussagen als Vermittler zwischen Gast und Fahrer gewirkt, die Fahrer waren also nicht angestellt. Vielen fehlte der Personenbeförderungsschein. Die Preise wurden frei festgelegt. Das Landgericht Frankfurt entschied: Das verstößt gegen deutsches Recht. Der Versuch, auf eine Mietwagenflotte umzustellen, ist Uber bisher nicht gelungen, in Frankfurt, Hamburg und Düsseldorf wurde der Betrieb Ende 2015 zumindest vorübergehend eingestellt, nur München und Berlin werden noch bedient.

Welche Sonderrechte genießen Angebote über Mitfahrzentralen?

Hier greift zum einen die Sonderregelung, dass der Anbieter der Fahrt auf der sicheren Seite ist, wenn sein verlangtes Entgelt die Kosten der Fahrt nicht übersteigt. Zum anderen gilt diese Praxis nicht als gewerbsmäßig.

 

von Mara Braun, Foto: Jonas Otte