Direkt zum Inhalt wechseln
|

25 Jahre Frankfurter Hof – Das Interview mit Ludwig Jantzer

Portraits-Ludwig-01

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Frankfurter Hof in der Augustinerstraße, „das kulturelle Zentrum der Stadt“, feiert im März sein 25-jähriges Jubiläum. Tausende Künstler hat das Team um Chef Ludwig Jantzer (60 Jahre) bisher nach Mainz geholt und sich immer weiter nach oben gearbeitet. Heute bestehen beste Kontakte bis in die USA. Diesen Sommer kommen unter anderem Sting, David Gilmour (Pink Floyd) und Herbert Grönemeyer nach Mainz sowie teils auch nach Wiesbaden, da die Mainzer Nordmole am Zollhafen wegen Bauarbeiten diesen Sommer nicht zur Verfügung steht.

Der Frankfurter Hof 1991 bis 2016 – eine Erfolgsgeschichte, die es aber beinahe nicht gegeben hätte. Denn dass das baufällige Gebäude Anfang der neunziger Jahre nicht der Spitzhacke und dem Presslufthammer zum Opfer fiel, war dem Engagement des „Bürgervereins Frankfurter Hof“ zu verdanken. Der Abriss war im Rahmen der Altstadtsanierung schon längst beschlossene Sache. Doch die engagierten Mainzer Streiter erinnerten an die geschichtliche Tradition des ehemaligen Saalbaus als Versammlungsort der heutigen demokratischen Parteien, des katholischen Vereinswesens und als Wiege der politisch-literarischen Fastnacht, so dass es im Stadtrat in letzter Sekunde ein Umdenken gab.Hof_Neu

Von klein nach groß

In Ludwig Jantzer, der vorher als Stadtjugendpfleger und bei einer Konzertagentur Erfahrung gesammelt hatte, setzte man die Hoffnung, Kultur- Events in die Tat umzusetzen; mit einem Programm- und Genremix aus lokalen Künstlern und multikulturellen Angeboten, Klassik, (Tanz-)Theater, Ausstellungen und Avantgarde- und Popkultur. Bereits die fünfjährige Halbzeitbilanz las sich wie ein Who-is-Who der (inter-)nationalen Musik- und Kulturszene. Im Lauf der Zeit wurde es dem Frankfurter Hof aber zu klein im 600 Personen umfassenden Gebäude. Mit dem Bruchwegstadion (Patricia Kaas), Liebfrauenplatz, der Phönixhalle und dem Stadtpark fand man entsprechende „Ausweichspielstätten“.

Dazu kamen später noch die Zitadelle sowie das Messegelände in Hechtsheim, als auch die fantastische Location auf der Nordmole direkt am Rhein, leider nur für wenige Jahre… Das Team um Ludwig Jantzer bereitete den Künstlern in den zurückliegenden Jahren immer wieder eine professionelle Plattform. Mit Gelassenheit reagierte man auf so manche Marotten, Gewohnheiten und (Backstage-) Launen der Künstler. Al Jarreau bestand z.B. beim Catering auf pürierte Bohnen, aber verabscheute Tomaten. Der niederländische Musik-Clown Hans Liberg gierte schon damals auf Vegetarisches und selbst der ausgewiesene „Nussecken-Spezialist“ Guildo Horn zog Vollwertkost hinter der Bühne vor. Alle Wünsche wurden in der Regel erfüllt.

 Interview:

Herr Jantzer, 25 Jahre Frankfurter Hof. Was wird geboten?

Es gibt den Jubiläums-Tag am 10. März, da spielt Aziza Mustafa Zadeh aus Aserbaidschan im Frankfurter Hof. Sie ist uns seit 25 Jahren verbunden und hat aus Mainz quasi ihre Weltkarriere gestartet. Sie war auch beim ersten Zelt-Festival schon dabei, für uns also eine wichtige Künstlerin.

Wie kamen Sie zu Ihrem Posten und wie entstand das Profil des Hauses?

Als ich 1991 mit 35 Jahren hier angefangen habe, war eine Stelle als „Programm-Planer im Kulturbereich Frankfurter Hof“ ausgeschrieben, welcher ursprünglich als Bürgerhaus-ähnliche Einrichtung konzipiert war. Es gab aber relativ wenige Buchungen aus dem privaten Bereich und daraus folgte ein Überhang an kulturellen Veranstaltungen, da wir das Haus nicht leer stehen lassen wollten. So entstand ein ständig wachsendes Kultur-Programm, das wir auch heute noch gemeinsam mit vielen Initiativen und Kooperationen betreiben.

Was waren die markantesten Eckpunkte auf Ihrem Weg?

Neben dem normalen Booking für den Frankfurter Hof hatten wir bereits 1992 ein Jazz-Festival. 96 war das erste Konzert außer Haus, im Schloss. 1997 folgte das Mainzer Zelt-Festival, das lief etwa 15 Jahre lang. 1998 hatten wir das erste Konzert in der Phönixhalle mit tibetanischen Mönchen, die die Halle gesegnet haben. 2006 präsentierten wir die Fußball-WM auf der großen Bleiche zusammen mit dem unterhaus mit dem ersten richtig großen Public Viewing, bis zu 20.000 Besucher. Und der nächste große Schritt kam um 2007, als wir uns entschlossen, das Zeltfestival quasi aufzulösen und die Konzerte stattdessen variabel und open air über die ganze Stadt zu verteilen. So waren wir flexibel und so entstand die Idee zu „Summer in the City“, einer Konzertreihe in der ganzen Stadt von Ende Mai bis August. Unser bisher größtes Konzert war 2010 Greenday auf dem Messegelände mit 25.000 Besuchern.

Ist es einfacher geworden, große Künstler anzulocken?

Als wir mit dem Zelt-Festival losgelegt haben, hatten wir schon gute Kontakte zu den großen Künstlern und Veranstaltern. So kam eins zum anderen und uns wurden immer größere Sachen angeboten, Santana, Bob Dylan usw. Aber für die richtig großen Sachen mussten und müssen wir tatsächlich meistens auf die passenden Anrufe warten. Wobei wir aktuell durch die Baumaßnahmen am Zollhafen auch einiges nach Wiesbaden verlagert haben, aber das ist uns lieber, als das Rhein-Main-Gebiet komplett auszulassen bzw. alle Anfragen nach Frankfurt zu legen. So kommen Sting und David Gilmour von Pink Floyd im Juli aufs Bowling Green nach Wiesbaden; eins von zwei Deutschland- Konzerten von Sting übrigens, und auch Simply Red kommt in den Mainzer Volkspark.

Wie hat sich das Booking-Geschäft im Laufe der Zeit gewandelt?

Es ist teilweise einfacher geworden, je länger wir mit den Konzert-Agenturen zusammenarbeiten. Umso interessanter werden auch die Projekte. Der ganze Musikmarkt hat sich aber gravierend dahingehend geändert, dass die CD- oder Schallplatten- Einnahmen bei fast allen Gruppen weggebrochen sind. Dadurch ist das Live-Auftreten wichtiger und beliebter geworden und die Preise gehen nach oben. Aber die Nachfrage und das Interesse wachsen trotzdem nach wie vor und die Leute sind bereit, auch teure Tickets zu kaufen.

Wie entwerfen Sie ihr Musik- und Kultur-Programm? Achten Sie auf eine gemischte Zielgruppe oder wird diese auch mit Ihnen älter?

Es stimmt schon, dass wir älter werden und mit uns die großen Gruppen, die mehr so die Idole aus der früheren Jugend sind. Seit längerem haben wir aber auch Auszubildende, die auch sagen dürfen, wen von den modernen Künstlern wir mal buchen sollten. Von der Location ist der Frankfurter Hof allerdings schlichtweg nicht für Indie- oder Reggae-Gruppen geeignet. Das haben wir versucht, aber das Ambiente ist eher für Klassiker, Kabarettisten oder Jugendkonzerte geeignet. Ich bin mir auch sicher, dass in spätestens 5 Jahren ein Jüngerer das Zepter hier in die Hand nimmt und sich das Programm ändert. Aber auch die Vorschläge der Azubis weiß ich ganz gut professionell abzuschätzen, gerade weil das junge Segment ein schwieriges und oft kurzlebiges ist.

Wie sieht ein durchschnittlicher Arbeitstag bei Ihnen aus?

Zuerst kommt die Programmplanung, die muss man im Auge behalten. Wir haben schon gut 80 Prozent des Jahres durchgeplant und es kommen bereits Buchungen für 2017. In den Klassik-Bereichen wird langfristiger geplant, Weltmusik eher kurzfristig. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Verwaltung vom Finanziellen, Budgets für die großen Konzerte zu kalkulieren. Da gibt es mindestens 200 Kostenfaktoren, bei David Gilmour zum Beispiel. Und dann auch noch die Abendstunden, wenn die Künstler da sind, da braucht man eine gute Leber …

Worauf freuen Sie sich irgendwann im Ruhestand?

Dann werde ich mir die eine oder andere Gruppe anhören, mal ganz ohne Stress und ohne irgendetwas vorbereiten zu müssen. Vielleicht noch ein paar Projekte nebenbei betreuen und kleine Konzerte machen… Aber zuerst brauche ich bestimmt ein bis zwei Jahre, um meine Platten- & CD-Sammlung zu sortieren.

von David Gutsche