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Was macht eigentlich die Falschgeldstelle in Mainz?

Links die echte Banknote, rechts die Fälschung: “Fühlen-Sehen-Kippen”

In Deutschland tauchen jährlich Tausende gefälschte Banknoten auf. Die Falschgeldstelle in Mainz spielt eine entscheidende Rolle bei der Identifikation und Bekämpfung dieser Fälschungen. Experten analysieren dort verdächtige Geldscheine und Münzen, um Täter zu überführen und den Zahlungsverkehr sicher zu halten. Wer aufmerksam bleibt und die „Fühlen-Sehen-Kippen“-Methode anwendet, kann sich vor Falschgeld schützen und dazu beitragen, dass es nicht weiter in Umlauf gerät.

Ein unscheinbarer Geldschein – doch ein geschultes Auge erkennt sofort: Hier stimmt etwas nicht. In Deutschland tauchen jedes Jahr Tausende gefälschte Banknoten auf, die den Zahlungsverkehr bedrohen. Eine zentrale Anlaufstelle für die Ermittlungen ist die Falschgeldstelle in Mainz, die organisatorisch zur Zentrale der Bundesbank in Frankfurt gehört. Hier analysieren Experten verdächtige Banknoten, um Fälschern auf die Spur zu kommen und den Kampf gegen kriminelle Geldfälscher voranzutreiben. Dass die in Mainz-Münchfeld ansässige Falschgeldstelle eine entscheidende Rolle für die Sicherheit des Zahlungsverkehrs spielt, belegt eine Statistik der Deutschen Bundesbank: Im Jahr 2024 wurden rund 72.400 falsche Euro-Banknoten im Wert von 4,5 Mio. Euro im deutschen Zahlungsverkehr registriert. Damit erhöhte sich die Anzahl der Fälschungen gegenüber dem Vorjahr um 28 Prozent.

Sven Bertelmann leitet die Falschgeldstelle

Ein Grund zur Besorgnis für Privatleute und Händler?
„Nein“, erklärt Sven Bertelmann, Leiter des Nationalen Analysezentrums der Deutschen Bundesbank für Falschgeld und beschädigtes Bargeld. „Möglicherweise hat die Pandemie in den vergangenen Jahren zu einem Rückgang geführt, der sich nun wieder ausgleicht. Allerdings gibt es keine eindeutige Entwicklung – der Anteil an Falschgeld schwankt und kann sowohl steigen als auch fallen.“ Am häufigsten werden laut der Deutschen Bundesbank 50-Euro-Scheine gefälscht. Sie machen rund 40 Prozent der sichergestellten Falschnoten aus. „Statistisch gesehen kamen im Jahr 2024 neun gefälschte Banknoten auf 10.000 Einwohner. Vereinfacht hochgerechnet auf eine Stadt wie Mainz wären das etwa 200 falsche Scheine bei 220.000 Einwohnern. Ein Grund zur Sorge besteht also nicht“, so Bertelmann. Doch nicht nur Banknoten sind betroffen – auch gefälschte Münzen tauchen vermehrt auf. Im Jahr 2024 wurden rund 141.300 falsche Münzen im deutschen Zahlungsverkehr entdeckt, besonders häufig 2-Euro-Stücke.

Sollten Kunden auf ihr Rückgeld achten?
Laut dem Polizeipräsidium Mainz wird Falschgeld gezielt dort eingesetzt, wo es schnell und unauffällig weitergegeben werden kann. Häufig passiert dies an belebten Orten wie Märkten, Tankstellen oder Bars, wo Verkäufer unter Zeitdruck stehen und Banknoten nicht immer gründlich prüfen. Auch in Online-Kleinanzeigen und auf Flohmärkten taucht Falschgeld immer wieder auf, vor allem bei direkten Bargeldgeschäften zwischen Privatpersonen. Ein häufiges Vorgehen von Kriminellen ist das sogenannte „Change-Hoax-Verfahren“, bei dem mit einem großen gefälschten Schein bezahlt wird, um möglichst viel echtes Wechselgeld zu erhalten. So landet Falschgeld schnell im Umlauf, während die Täter mit den echten Banknoten verschwinden. Ein weiteres Problem sind Verkäufe von Falschgeld im Darknet, wo Kriminelle gefälschte Banknoten bestellen und in Umlauf bringen. Häufig handelt es sich dabei um organisierte Kriminalität, aber auch Einzeltäter, Gelegenheitskriminelle und experimentierfreudige Jugendliche beteiligen sich daran. Sollte man Opfer von Falschgeld werden, rät das Polizeipräsidium Mainz, sofort die Polizei zu verständigen oder das Falschgeld spurenneutral an der nächstgelegenen Dienststelle abzugeben. Das Falschgeld darf nicht wieder in den Umlauf gebracht werden, da sich die Person sonst selbst strafbar mache.

Im Falschgeldlabor werden jeden Tag hunderte Banknoten und Münzen analysiert

Analyse in Mainz
Das bundesweit entdeckte Falschgeld landet bei Herrn Bertelmann in der Falschgeldstelle im Münchfeld. Dort wird es analysiert und klassifiziert. „Wir untersuchen das Falschgeld auf Gemeinsamkeiten und teilen es in Klassen auf, die dann mutmaßlich von derselben Quelle stammen. Das ist für die Strafverfolgungsbehörden hilfreich“. Um Täternetzwerke zu erkennen, klassifizieren die 21 Mitarbeiter des Falschgeld-Labors täglich hunderte Banknoten und Münzen. Einer von ihnen ist Martin Weber, Sachverständiger für Banknotenfälschung. Sein Schreibtisch im Falschgeld-Labor ist mit zahlreichen Geräten ausgestattet, die an ein Biologielabor erinnern. Mit Mikroskopen und Lupen kann er Details der Geldscheine auf Echtheit überprüfen. Auf einem großen Bildschirm betrachtet er mehrere Auffälligkeiten gleichzeitig. Entscheidende Merkmale sind Drucktechnik, Farbe und Papierzusammensetzung. Im Falle einer 50-Euro-Banknote erkennt Weber, dass etwas am Hologrammstreifen nicht stimmt – ein durchsichtiges Fenster, das ein Porträt der Europa zeigt, einer Figur aus der griechischen Mythologie. Ihr Gesicht ist auf der gefälschten 50-Euro-Banknote nicht sauber abgebildet. Privatkunden und Händler können meist nicht auf solche Technologien zurückgreifen und haben nur Sekunden, um festzustellen, ob es sich um Echtgeld handelt.

Falschgeldstelle im Mainzer Münchfeld

„Fühlen-Sehen-Kippen“
Für Privatkunden und Händler empfiehlt Bertelmann die Methode „Fühlen-Sehen-Kippen“. „Nehmen Sie die Banknote zuerst in die Hand. Banknotenpapier ist aus Baumwolle. Es ist ein bisschen griffiger. Man kann auch einige erhabene Stellen erfühlen, wie etwa die Riffelung an der Seite der Banknoten. Auch das Architekturmotiv und die Wertzahl sind etwas erhaben.“ Für die zweite Überprüfung, das Sehen, hält der Leiter der Falschgeldstelle eine 50-Euro-Banknote gegen das Licht. „Das Wasserzeichen kennen wohl die meisten Leute und es lässt sich im unbedruckten Bereich jeder Banknote als Schattenbild sehen. Das beste Sicherheitsmerkmal ist jedoch die Smaragdzahl auf der Vorderseite links unten: Beim Kippen verändert sich deren Farbe von grün zu blau und ein heller Balken bewegt sich über die Zahl.“ Für Münzen empfiehlt die Deutsche Bundesbank darauf zu achten, dass das Münzbild deutlich abgegrenzt aus dem Münzgrund hervortreten muss. Münzfälschungen wirken verschwommen und weisen häufig Unebenheiten auf. Echte 1- und 2-Euro-Münzen sind außerdem nur schwach magnetisch. Sie bleiben zwar am Magneten haften, lassen sich dann aber auch leicht wieder ablösen. Fälschungen hingegen werden in der Regel entweder nicht angezogen oder haften fest am Magneten. Trotz dieser Sicherheitsmerkmale gab es im Jahr 2024 laut des Bundeskriminalamts (BKA) deutschlandweit insgesamt über 58.000 Falschgelddelikte. Doch die Fälschungen seien häufig von minderwertiger Qualität, erklärt Bertelmann. „Die Bedrohung liegt weniger darin, dass die Fälschungen besser werden, sondern eher, dass die Leute weniger hingucken. Selbst wenn es technisch möglich wäre, bessere Fälschungen herzustellen, wird es irgendwann auch für die Fälscher zu teuer. Deswegen empfehlen wir auf mindestens zwei Sicherheitsmerkmale gleichzeitig zu achten.“ Auch wenn Falschgeld in Deutschland, laut Bertelmann, nach wie vor ein Randproblem bleibt, zeigen die Zahlen der Deutschen Bundesbank, dass Kriminelle weiterhin versuchen, gefälschte Banknoten und Münzen in Umlauf zu bringen. Doch wer die Sicherheitsmerkmale kennt und Banknoten bewusst prüft, kann sich davor schützen. Die Experten der Falschgeldstelle in Mainz helfen, Fälschungen zu identifizieren und aus dem Umlauf zu bringen – doch letztlich kann jeder Einzelne dazu beitragen, kein Opfer von Falschgeld zu werden.

Text: Annika Lange
Fotos: Stephan Dinges

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