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Verein „Mehr Demokratie“ fordert SPD & Grüne eben dazu auf

Anlässlich der nun begonnenen Koalitionsverhandlungen in Rheinland-Pfalz fordert der Verein Mehr Demokratie die SPD und Grünen dazu auf, eine weitreichende Reform der direkten Demokratie im Koalitionsvertrag zu verankern. „Die Volksgesetzgebung steht zwar seit 1947 in der Verfassung. Bisher gab es in Rheinland-Pfalz aber noch nie ein erfolgreiches Volksbegehren oder einen von Bürgern angeschobenen Volksentscheid, da die Hürden einfach zu hoch sind. Die neue Regierung soll die Chance nutzen, aus einem Recht, das nur auf dem Papier steht, ein anwendbares Instrument der politischen Mitbestimmung zu machen“, sagt Michael Efler, Mehr Demokratie-Vorstandssprecher.

Auch die CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner hatte sich im Wahlkampf zu weitgehenden Reformen der direkten Demokratie bekannt. Mehr Demokratie hofft, dass die CDU nun auch nach der Wahl auf Kurs bleibt.

Im Ranking der Bundesländer belegt Rheinland-Pfalz für die Regelungen der direkten Demokratie mit der Note „ausreichend“ nur Platz 9. Für eine wirkungsvolle Reform schlägt Mehr Demokratie vor, die Unterschriften-Hürde beim Volksbegehren von zehn auf fünf Prozent der Wahlberechtigten zu halbieren und die Sammel-Frist von zwei auf mindestens vier Monate zu verlängern. Zudem soll die sogenannte freie Unterschriftensammlung erlaubt werden. Bisher müssen Bürger zur Unterzeichnung eines Volksbegehrens aufs Amt. „Dieser Zwang, auf dem Amt zu unterschreiben, ist ein echter Volksbegehrenskiller und dient im Grunde dazu, Mitbestimmung so sehr zu erschweren, dass sie nahezu unmöglich wird“, sagt Gert Winkelmeier, Sprecher von Mehr Demokratie Rheinland-Pfalz. „Wir sind dafür, dass man Unterschriften frei sammeln kann, also zum Beispiel am Info-Stand oder im Freundeskreis.“

Eine weitere Einschränkung ist das Verbot von Volksbegehren zu „Finanzfragen“ (Artikel 108a, Verfassung). Mehr Demokratie wünscht sich an dieser Stelle eine Präzisierung: „Besser wäre die Formulierung, dass Volksbegehren zum Haushaltsgesetz nicht zulässig sind. So würde das Parlament seine Haushaltshoheit behalten. Gleichzeitig wären aber Volksbegehren, die finanzielle Auswirkungen haben, zulässig. Finanzwirksame Volksbegehren ganz zu verbieten, degradiert die direkte Demokratie zu einer Nischenveranstaltung. Denn welche politische Entscheidung hat schon keinerlei finanzielle Folgen?“, so Efler.

Mehr Demokratie schlägt außerdem vor, das im Jahr 2000 für Volksentscheide eingeführte Beteiligungs-Quorum wieder abzuschaffen. Demnach müssen sich 25 Prozent aller Wahlberechtigten an einem Volksentscheid beteiligen, damit dieser überhaupt gültig ist. „Diese zusätzliche Hürde einzuführen, war das falsche Signal. Die Zeichen der Zeit stehen auf einem Mehr an Beteiligung, nicht auf einem Weniger“, so Winkelmeier. „Wir fordern, dass bei einer Abstimmung, wie auch bei einer Wahl, die Mehrheit der Stimmen entscheidet. In Bayern, Hessen und Sachsen wird das bereits so gehandhabt.“

Auch bei der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene, also bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden, sieht Mehr Demokratie Reformbedarf. Zwar gab es 2010 leichte Verbesserungen. Dennoch sind weiterhin viele Themen von Bürgerbegehren ausgenommen (Negativkatalog). So sind Begehren zu den Gemeindefinanzen und zur Bauleitplanung nicht zulässig. „Gerade auf diese wichtigen Themen sollten die Bürger direkten Einfluss haben. Der Negativkatalog muss weg“, so Winkelmeier. Zudem tritt Mehr Demokratie dafür ein, die Unterschriften-Hürde bei Bürgerbegehren von zehn auf sieben Prozent der Wahlberechtigten zu senken und das Quorum beim Bürgerentscheid abzuschaffen, wonach 20 Prozent der Wahlberechtigten zustimmen müssen, damit der Entscheid überhaupt gültig ist.

In Rheinland-Pfalz gab es seit der Einführung der direkten Demokratie 1947 insgesamt fünf Volksinitiativen, ein gescheitertes Volksbegehren und keinen Volksentscheid auf Landesebene. Auf kommunaler Ebene erlebte Rheinland-Pfalz bisher 134 Bürgerbegehren und 50 Bürgerentscheide.