Kaum bekräftigt der neue Koalitionsvertrag den Biotech-Ausbau, kommt der Protest. Das „Netzwerk nachhaltige Stadtentwicklung fordert Umdenken bei Entscheidungen: Keine Neuversiegelung für den Biotech-Campus“. Eine Petition richtet sich nicht gegen das aktuelle „Hochschulerweiterungsgelände“, sondern gegen die geplanten weiteren 50 Hektar Acker dahinter, klimasensibles Gebiet und fruchtbaren Boden: openpetition.de (https://www.openpetition.de/petition/online/keine-neuversiegelung-fuer-den-biotech-campus
Die Stadt Mainz plant auf den landwirtschaftlichen Flächen zwischen Saarstraße, Koblenzer Straße und der A 60 ein gut 50 Hektar (ha) großes neues Gewerbegebiet, den sogenannten „Biotech-Campus“ (wir berichteten).
Das Gebiet entspricht ca. 70 Fußballfeldern und wurde bereits 2009 als klimasensibel bezeichnet. Daher fordert das „Netzwerk nachhaltige Stadtentwicklung“ ein Umdenken der politisch Handelnden, insbesondere vom Stadtvorstand unter Führung von OB Haase (parteilos), Im Hinblick auf weitere Versiegelungen.
Die Fläche sei aktuell als „Fläche 30“ in der Regionalen Raumordnungsplanung von derzeit „Vorranggebiet Grünzäsur“ und „Vorranggebiet Landwirtschaft“ als „Vorranggebiet Gewerbe“ beantragt worden.
Das Projekt ist für die Stadt ein Langfrist-Projekt. Abgesehen davon, dass die Flächen noch erworben werden müssen, muss das zuständige Büro ein Angebot abgeben und entsprechende Verhandlungen geführt werden.
Gutachten wollen zudem veröffentlicht werden, um für alle Seiten nachvollziehbar zu machen, was hier wie untersucht wurde. Bürgermeister Günter Beck sieht für die Gesamtentwicklung eine Zeitachse von bis zu 20 Jahren. Dem Projekt weht viel Gegenwind entgegen.
Mainz gehört zu den heißesten Städten Deutschlands
Mainz gehört jetzt schon zu den heißesten Städten Deutschlands und seit dem 2019er Projekt „Klimawandel in der Praxis (KLIMPRAX) Wiesbaden/Mainz – Stadtklima in der kommunalen Praxis“ ist bekannt, dass sich diese Situation bei fortschreitender Versiegelung weiter verschlechtern wird. So stellt der KLIMPRAX-Handlungsleitfaden für Kommunen fest: „Planungsentscheidungen im Hinblick auf Versiegelung, Grünflächenentwicklung, Wasserflächen und Gebäudegestaltung beeinflussen die konkreten Auswirkungen der Hitzeentwicklung in der Stadt. Dies heißt auch, so das Fazit des Projekts, dass Kaltluftentstehungsgebiete (z.B. Äcker und Wiesen) und Kaltluftschneisen, durch welche kühle Luft in die Städte fließt, nicht verbaut werden sollen. Dies ist jedoch bei den Bauvorhaben für den Biotech-Campus geplant. Der Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs 2023 errechnet 6% Verminderung des Kaltluftabflusses. „Das sieht nach nicht sehr viel aus“, so Susanne Schmid von von der Mainzer BUND-Gruppe, „aber weitere Verminderungen des Kaltluftzuflusses kamen ja bereits durch die Hochschule, das Stadion und kommen durch jetzt das im Bau befindliche Hochschulerweiterungsgelände an der Saarstraße. Und wie die Kaltluft auf der Fläche durch die Bebauung und Verkehrswege erwärmt wird, wissen wir nicht.“ Außerdem wird durch die Versiegelung mit noch nicht absehbaren Folgen in den Wasserhaushalt eingegriffen.
Doch trotz des im September 2019 vom Stadtrat ausgerufenen Klimanotstands belegt Mainz aktuell Platz 5 der meistversiegelten Städte Deutschlands im „Hitze-Check“ der Deutschen Umwelthilfe (DUH) von 2024 und beim Punkt Begrünung in der Stadt steht Mainz noch schlechter auf Platz 4.
Aber der Flächenverbrauch gefährdet nicht nur das Klima. Er verringert den Lebensraum der hier lebenden, von Äckern abhängigen Wildtiere und trägt wesentlich zum Verlust an Biodiversität bei. Zudem werden durch das geplante Vorhaben beste Ackerböden vernichtet. „Hier wird ganz konkret unser aller Lebensgrundlage vernichtet“, gibt ein Landwirt, der Teile der Flächen bewirtschaftet, zu bedenken. „Wenn diese Äcker erstmal bebaut sind, sind sie für die Landwirtschaft verloren. Boden ist nicht regenerierbar. Regionale Landwirtschaft sichert die Versorgung der Bevölkerung und verringert die Abhängigkeit von Importen. Dies zu gefährden ist fahrlässig.“
Deshalb fordern die Initiatoren der Petition: „Um den großen Herausforderungen des Klimawandels und des Artensterbens konsequent in allen Bereichen gerecht zu werden, muss ein Umdenken hin zu einer verbindlichen Entsiegelungsplanung und Vergrößerung des Grünanteils in die Mainzer Stadtplanung Einzug halten.“
Was sagt der neue Koalitionsvertrag dazu?
Zitat: „Wir setzen uns weiter dafür ein, dass der geplante Biotechnologie-Hub an der Saarstraße entwickelt wird. Wir versprechen uns davon die Schaffung von vielen neuen und zukunftsfähigen Arbeitsplätzen und eine enorme Stärkung des Wirtschaftsstandortes Mainz. Aufgrund der ökologischen und mikroklimatischen Relevanz des Areals sind die Anforderungen an das Vorhaben hoch anzusetzen. Für die Klimaverträglichkeit des Vorhabens, insbesondere zum Schutz der Kaltluft-entstehungsgebiete und -ströme, sind durch verbindliche Festsetzungen die bebauten Flächen zu begrenzen. Ebenso sind die Belange des Artenschutzes vollumfänglich zu berücksichtigen.
Wir wollen zudem auf dem durch den städtebaulichen Wettbewerb vorgegebenen Untersuchungsgebiet nur so viel Fläche unter den beschriebenen Maßgaben bebauen, wie für den tatsächlichen Bedarf für die Biotechnologie-Entwicklung benötigt werden.
Der Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs zur Entwicklung des Areals ist eine gute Grundlage für die weiteren Planungen. Er setzt mit seinem Energiekonzept auf die Nutzung erneuerbarer Energien und damit auf eine klimaverträgliche Energiegewinnung. Eine großzügige Planung von ökologisch hochwertigen Frei-, Nass- und Wasserflächen innerhalb des Areals trägt zum Schutz und zur Steigerung der Biodiversität, zur Kaltluftentstehung und zur Wahrung der Frischluftströme bei.
Unser Ziel ist eine vollständig klimapositive Entwicklung des Gebiets nach dem Standard der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen. Für jeden neu versiegelten Quadratmeter im Bereich des Biotechhubs sollen zum Ausgleich mindestens zwei Quadratmeter im Stadtgebiet entsiegelt oder ökologisch aufgewertet werden. Dazu gehört auch, dass wir die umliegenden Flächen dauerhaft schützen und als ökologisch wertvolle Biotope, Zentren der Artenvielfalt und Naherholungsflächen aufwerten.“ (Zitat-Ende)
Breites Netzwerk
Das Netzwerk ist eine Gruppe von Menschen aus verschiedenen Organisationen – u.a. der AG bäuerliche Landwirtschaft, des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND Mainz), MainzZero und der Nachhaltigkeitsinitiative Bretzenheim sowie Eigentümer und Pächter der Flächen. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, startete das Netzwerk eine Unterschriftenaktion auf der Onlineplattform openpetition.de (https://www.openpetition.de/petition/online/keine-neuversiegelung-fuer-den-biotech-campus).
* Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Rheinland-Pfalz/Saarland (AbL)
* Attac AG Stadtentwicklung
* Bündnis Stadtklima Mainz-Wiesbaden
* Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) Mainz
* engagierte Bürgerinnen und Bürger
* MainzZero
* Nachhaltigkeitsinitiative Bretzenheim (NiB)
* Ökosozialistische Initiative Mainz
* Pächter*innen und Eigentümer*innen betroffener Flächen
* Parents for Future Mainz (P4F)
* SOLAWI MAINZ Solidarische Landwirtschaft Mainz e.V.
* Workers for Future (W4F)
Die Petition wird unterstützt von:
* Greenpeace Mainz/Wiesbaden.
Es ist 10 nach 12 und an der Teit endlich umzudenken.Zeitnah gab u.gibt es viele Beispiele warum eine Versiegelung der Flächen sträflich ist.Die Frischlftzone muss erhalten bleiben,,ebebenso die Rückzugsorte für Tiere.Es verbietet sich kostbare fruchtbare Ackerflächen zu versiegeln.Die Stadt wird immer heisser u.das Leben in der Stadt unerträglicher.Bereits versiegelte Flächen im Stadtgebiet sollten zusätzlich renaturiesiert werden,Mensch u.Tier wird es danken..
Mit freundlichen Grüßen
J.Willfahrt
Mz/Go.
@Josefine Willfahrt, keine Chance, der geplante Campus wirft für eine Handvoll sogenannter „Investoren“ mehr Kapitalrendite ab als das Ackerland heute. Das wollen wir alle so, und wer das nicht will, stellt unsere „Freiheit und Demokratie“ in Frage.