von Ulla Grall & Chiara Padovan (Foto)
Die Delattre Dance Company ertanzt Mainz. Ab 17. Januar läuft in den Kammerspielen die neue Choreographie „eXchange“. Und Gründer Stéphen Delattre möchte nichts Geringeres als den Weltruhm …
Dass ein ambitionierter Tänzer und Choreograph mit seiner Situation im Ensemble vielleicht nicht ganz zufrieden ist, mag vorkommen. Dass er darum gleich eine eigene Company gründet, ist wohl eher ungewöhnlich. Und das in Mainz, wo es doch schon das Ballett des Staatstheaters gibt. Doch genau dies hat Stéphen Delattre getan. Mit Martin Opelt als Geschäftsführer und acht Tänzerinnen und Tänzern gründete der 30-Jährige vor wenigen Monaten in Mainz die „Delattre Dance Company“: „Es war für mich eine logische Entwicklung. Es wurde Zeit, die Choreographie in den Vordergrund zu rücken.“ Als Solotänzer und als Choreograph hat sich Delattre bereits international einen Namen gemacht. Schon mit 13 Jahren entwickelte er eine kurze Choreographie für die „Ecole Nationale Supérieure de Dance“ in Marseille, arbeitete 2002 in Cannes, 2003 und 2004 für das Staatstheater in Saarbrücken und von 2005 bis 2006 für das Staatstheater in Braunschweig. Einladungen nach Russland, Japan und Portugal stehen ebenso auf seinem Lebenslauf wie die Zusammenarbeit mit Tänzern des englischen National Balletts und Solisten des Stuttgarter Ballettensembles. „Seine Choreographie fordert die Grenzen des traditionellen Balletts heraus“, schreibt die Kritik.
Neue Farbe im Bild
Unter Pascal Touzeau tanzte Delattre auch bei „ballettmainz“ und gab dort sein choreografisches Debut mit dem Stück „BlaBlaBla“. Ob Meinungsverschiedenheiten der beiden Choreographen oder „Missverständnisse“ der Auslöser für die Gründung des eigenen Ensembles waren, ist schwer nachzuvollziehen. „Wir waren ein gutes Team“, stellt Delattre abschließend fest, „das Feedback auf das Stück meiner Company war auch von Seiten des Theaters positiv.“ Als erste eigene Produktion brachte er im vergangenen März „Poetry takes Form“ auf die Bühne der Kammerspiele – nicht mit schlechtem Erfolg: „Alle Aufführungen waren ausverkauft“, berichtet Martin Opelt. Der Geschäftsführer hat in der Company einen Allrounder-Job als Organisator, Fundraiser und „Mädchen für alles“ und ist, als Grafiker und gelernter Schreiner, auch fürs Bühnenbild zuständig. Noch arbeitet die Crew der Company auf Projektbasis. Opelt hofft jedoch, die Arbeit der Tänzer bald auf eine solide finanzielle Basis stellen zu können. „Wir sind in Kontakt sowohl mit dem Kultusministerium als auch mit Sponsoren. Es geht uns da wie jedem anderen Ensemble“, meint er. Ballettmeister Delattre und Manager Opelt ergänzen sich dabei hervorragend: „Es gibt hier ein großes, sehr interessiertes Publikum. Wir sind durch die Resonanz sehr motiviert“, meint Delattre. „Ein zweites, professionelles Ballett in Mainz ist wie eine neue Farbe im Bild.“
Kostprobe im Institut français
Großes Interesse an Tanz stellte das Mainzer Publikum auch im November unter Beweis bei der zweiten Aufführung der DDC – so das Kürzel der Delattre Dance Company – anlässlich der französischen Woche im Institut français. Das Ensemble zeigte Ausschnitte der neuesten Choreographie, mit kleinerer Besetzung und den engen Raumverhältnissen angepasst. „Mit so vielen Besuchern hätten wir nicht gerechnet“, sagt Opelt, der immer mehr Stühle heranschleppte. Nach der Vorstellung äußert sich auch Stéphen Delattre zwar zufrieden, meint jedoch: „Wir hatten wenig Platz und der Boden war manchmal etwas problematisch. Das wird auf der Bühne der Kammerspiele besser.“ Doch Delattre wäre nicht er selbst, wenn er sich nicht auch auf schwierigem Terrain beweisen könnte. „Stuttgart“, so sagt er, „ist ein gutes Bespiel dafür, dass neben dem Ensemble eines Staatstheaters auch eine kleinere Kompanie existieren kann.“ Warum sollte dies nicht auch in Mainz funktionieren?! Das Mainzer Ballettpublikum kommt schließlich nicht nur aus der eigenen Stadt, sondern auch aus Frankfurt, Wiesbaden, Darmstadt … und ist vor allem neugierig auf Neues. „Wir öffnen Türen“, so Delattre weiter und verspricht: „Wir möchten auf jeden Fall gerne in Mainz bleiben, wir erhalten von allen Seiten viel Zuspruch.“ Selbstbewusst zieht er so für 2013 den Vergleich: „Es ist so, als ob man ein neues Restaurant eröffnet. Wir haben eine gute Basis.“