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So wohnt Mainz: zu Hause im Hundesalon



Text: Nicola Diehl
Fotos: Frauke Bönsch

Auf den Hund gekommen ist nicht nur Loriot. Nein, das sind auch Katharina Fromme und Richard Lemke (beide 26 Jahre, Studenten). Denn das vierbeinige Wesen spielt eine entscheidende Rolle im Leben der zwei gebürtigen Niedersachsener: Katharina und Richard bewohnen seit Februar einen ehemaligen Hundesalon. Als wäre das nicht genug, kam einen Monat später Hündin Stella als Mitbewohnerin dazu. Heute ist vom „Fellspektakel“ – so der Name des damaligen Salons – nur noch wenig zu sehen. Die beiden haben das ehemalige Ladengeschäft in schweißtreibender Eigenregie und mit humorigem Einrichtungsgeschick zu einer eigensinnigenExotenwohnung umgebaut. Mangel an Wohnraum war der Grund, weshalb sie Anfang des Jahres das Wagnis „Hundehütte“ eingegangen sind.

50 Prozent Privatsphäre

In den vorderen Ladenräumen, dort, wo heute Richards Schreibtisch steht, hatte früher eine Hundebadewanne ihren Platz. An der Decke überwacht ein imposanter Kronleuchter das Geschehen und der Blick durch die Eingangstür aus Glas fällt auf ein altes Klavier: Richard verdient sein Geld neben dem Studium als Organist. Zum Üben nutzt er jedoch lieber sein Keyboard. „Das Klavier haben wir hier hingestellt, damit es von draußen nett aussieht“, erklärt Richard, während er die verstimmten Tasten des Klaviers anspielt.“ Die Exklusivität der Wohnung besteht jedoch aus den großen Fensterfronten samt der selbst gebastelten Gardinenhängung, sodass das Privatleben von Katharina und Richard immerhin nur zu fünfzig Prozent sichtbar ist. „Die waren auf jeden Fall notwendig, damit nicht ständig jeder hier reinguckt“, erzählt Katharina. „Am Anfang waren die Leute schon neugierig und verwundert, haben geklopft und uns mit einem ‚Ei was is’ denn jetz’ hier eischendlisch’ konfrontiert“, ahmt Richard nach. Das hat sich mittlerweile gelegt. Und glücklicherweise schließen sich an die Ladenräume ein Schlaf- und ein Wohnzimmer samt Küche und Bad an. Privatsphäre gibt es also durchaus.

Humoriges und Selbstgebasteltes

Katharina und Richard sind kein konventionelles Paar. Ihr schräger Humor zieht sich – neben der Sache mit dem Hund – wie ein roter Faden durch Leben und Wohnung: Im Gäste-WC hängen zwei Kalender mit leicht bekleideten Damen und Herren, über der Klopapierrolle ein funktionsloser „Panik“-Knopf und am Wandschrank kleben alte Pornofilmplakate. „Die sind von meinem Vater, der neben seiner Ausbildungals Filmvorführer in einem Pornokino gearbeitet hat“, erzählt Richard stolz und zeigt uns ein paar mehr von seinen Schmuckstücken. Im Wohnbereich hängt eine Mona Lisa mit den Gesichtszügen von Richard und als Mädchen mit den Perlenohrringen lacht Kathrina aus dem Bilderrahmen. Die Wohnung sprüht vor Erfindergeist. Selbstgemachtes und Ulkiges findet sich in jeder Ecke. Auch die Rollenverteilung beim Basteln ist geklärt: Der selbst geschnitzte, goldene Bilderrahmen an der Wand stammt aus Katharinas Händen. „Ich hole eher die Nähmaschine raus und nähe die Gardinen um“, sagt Richard. Und tatsächlich gingen sämtliche Vorhänge vorher durch seine Hände und sind dennoch oder gerade deswegen hübsch anzusehen.
Man muss vielleicht schon ein wenig verrückt sein, um in einen Hundesalon einzuziehen. Und ein bisschen sind das Katharina und Richard vielleicht auch. Eins steht jedoch fest: In ihrem Hundehäuschen fühlen sich die drei pudelwohl. Und Loriot, den mögen sie natürlich auch.