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So wohnt Mainz: Zu Besuch in den Weinbergen bei Hillesheim

Susanne und Gerald Egelhoff:
die Familie reitet gegen die Krise

Hillesheim bei Mainz – hier wohnt Winzer Gerald Egelhoff (55) mit seiner Familie: Ehefrau Susanne und die Kinder Leonie (15) und Matthias (12). Der malerisch gelegene Ort im Süden Rheinhessens ist in erster Linie für seinen guten Wein bekannt. Seit über 300 Jahren ist so auch das Weingut, der „Jakobshof“, in Familienhand. Mittlerweile führt Gerald es in der 13. Generation. Dabei gab viele Aufs und Abs. Und bis zum Pandemieausbruch im März 2020 war er mit seinem Weinstand unterwegs in der gesamten Republik.

Zuhause in der Aussiedlung, wo die Familie
auch einen Therapiereiterhof ausbaut

Reiterhof als zweites Standbein
Auch die Familie pendelt mittlerweile hin und her, jedoch nicht weit entfernt voneinander. Ehefrau Susanne hat sich einen Therapiereiterhof aufgebaut, auch als Ausgleich für den zusammengebrochenen Weinumsatz. Der Hof befindet sich am Ortsrand von Hillesheim, während das Weingut im Ortskern beheimatet ist. Wir stehen im Stall, den sich die Pferde mit einigen alten Holzmöbeln teilen, darunter ein Thonet Stuhl. Auch eine schöne alte Kutsche ist hier geparkt. Noch reicht der Stall aus, aber die Familie will ihn ausbauen und eine Reithalle errichten. Auch Hühner wünscht sich Susanne. Für Familien mit Kindern aus der Umgebung wollen die Egelhoffs ein Rundumerlebnis organisieren. Schöne Sitzecken und eine Feuerstelle im Garten laden den Besucher zum Verweilen ein, mehrere Kinder und deren Eltern kommen und gehen.

Die Landschaft von Hillesheim zieht Besucher aus dem Umland an

Dunkle Zeiten
Auf dem Weg zum Ortskern, wo das dreistöckige Haus der Familie steht, erzählt Gerald von der Familiengeschichte. Aus dem Ersten Weltkrieg sind die Väter nach Hause gekommen, der Opa habe aber nichts erzählt, „nur anhand des Wehrpasses habe ich herausfinden können, wo er ein- gesetzt war“. Im Zweiten Weltkrieg hatte die Familie weniger Glück, sein Onkel, der Hoferbe, ist 1942 gefallen und Geralds Mutter musste den ganzen Betrieb samt Weinbau übernehmen. Die NS-Zeit habe der Familie sehr zugesetzt, zumal sie der Kirche sehr zugetan waren.

Im Weinkeller lagern die (flüssigen) Schätze

Im Weinkeller
Am Hoftor zieren mehrere Weinauszeichnungen die Fassade. Das Haus wurde 1903 von den Urgroßeltern erbaut und der Anbau, wo die Weinproduktion mit Abfüllanlage steht, ist noch mit den hübschen kleinen, runden Originalziegeln gedeckt. Die seien jedoch undicht, also muss das Dach erneuert werden. Wir steigen in den Gewölbekeller „aus napoleonischer Zeit, Napoleon ist doch schon seit 200 Jahren tot, also muss der Keller älter sein“, rechnet Gerald und schwingt sich auf einen Hocker, um Wein zum Probieren anzuzapfen. Stolz präsentiert er das Glas. Ein Hauch von rosa ist erkennbar. In Wien sei sein Weißer Burgunder gerade mit Goldmedaille ausgezeichnet worden. Am Ende des Kellerganges ziert ein Spiegel in einem großen alten Holzrahmen die Wand. Die Glasfläche ist durch die Luftfeuchtigkeit beschädigt. Für die alten Holzfässer ist das feuchte Raumklima jedoch sehr gut.

 

 

 

Susanne und Miko

Renovierung
Über den mit Pflastersteinen bedeckten Hof gelangen wir in das Wohnhaus. Momentan wird das Wohnzimmer renoviert – die alte Holzdecke soll weg, „jetzt haben wir eine weiße Decke“, so Gerald. Bei den Entscheidungen gibt mal er, mal Susanne nach. Bei den Tapeten hat sie sich durchgesetzt: „Und siehe da! Es sieht gut aus!“, ruft er unvermittelt. Das Büro im Erdgeschoss ist mit alten Möbeln ausgestattet. Dort sitzt Leonie am Computer und lernt. Auch die Kinderzimmer sind mit alten Möbelstücken ausgestattet. Dazu zieren Familienfotos die Wände. Geralds Lieblingsstube aber ist die ausgebaute Mansarde unterm Dach. Hier fällt die Sonne seitlich herein und beleuchtet die umliegenden Giebel. Dort sitzt der Winzer gerne und lässt seinen Blick über die Hügellandschaft schweifen. Er habe viele schöne Orte besucht, aber am wohlsten fühle er sich in Hillesheim: „Seit Beginn der Pandemie waren wir viel zu Hause und haben uns neu wohlgefühlt. Ich möchte nicht mehr so viel reisen. Ich möchte lieber mehr von zu Hause arbeiten. Die Leute aus Mainz können gerne zu uns ins Naherholungsgebiet kommen und die Seele baumeln lassen.“
Text Marta Moneva
Fotos Samira Schulz