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So fährt Mainz: Aus der Garage zur Waschanlage und wieder zurück

Gesucht und gefunden: zwei
Ostwestfalen in Mainz

Was bei Gleichaltrigen Instagram ist, ist bei Christoph und Yascha mobile.de. Die beiden jungen Männer aus Mainz besaßen zusammengezählt schon über 30 Autos und Motorräder. Christoph wechselt seine Autos auch mal mehrmals im Jahr, Yascha ist deutlich konstanter. Infiziert wurden sie einst durch das „Motoraver“-Magazin. Ihre Old- und Youngtimer mit H-Kennzeichen sind in der Regel keine Alltagsautos und im Winterhalbjahr abgemeldet.
Blind Date
„Unsere Autos kannten sich zuerst“, beginnt Yascha ihre Kennenlerngeschichte. Nämlich vom gemeinsamen Parken in der Goethestraße. Beide fuhren damals einen fast identischen Volvo, Yascha in Hellblau, Christoph in Rot. Nur der jeweils andere Autobesitzer tauchte nie gleichzeitig auf. Eines Samstags – es war „Waschtag“ – stand Yascha mit seinem Gefährt an der Waschanlage, da fuhr Christoph mit Motorrad vor. „Moin, ich bin der mit dem Roten“, musste dieser nur sagen. Seitdem verbindet die beiden Ostwestfalen eine innige (Auto-) Freundschaft. Und der im März 2022 gestartete Auto-Podcast „Kultcast“ ist gewissermaßen ihre Selbsthilfegruppe. Denn dort tauschen sie sich nicht nur über die Lust an Kultkarren aus, sondern auch über Pleiten, Pech und Pannen. Was ihnen seitdem immer wieder passiert: Sie verkneifen sich bestimmte Autothemen, die sie sich für den Podcast aufheben wollen, wenn das Mikro mitläuft. Denn: „Solche Gespräche kann man nicht nachstellen.“

Scheckheftgepflegt
Christoph fährt zurzeit einen BMW E30 325e – genannt Eta – Baujahr 1986 in Bronzitbeige- Metallic: „Das ist die Opa-mäßigste Farbe, die BMW damals im Programm hatte.“ Die Farbe war nicht unbedingt Christophs erste Wahl, aber man sollte sich Oldtimer niemals nach Farbe, sondern immer nach Zustand kaufen. Der BMW hatte bisher zwei Vorbesitzer, die ihn gehegt und gepflegt haben, „auf der Heckscheibe klebt noch der Originalaufkleber vom Autohaus“, freut sich Christoph. Der zweite Besitzer hat jedes gewechselte Glühbirnchen mit Datum vermerkt. Aber auch auf zwei Rädern ist Christoph demnächst wieder unterwegs: Im Korsika-Urlaub hatte ein spontaner Blindkauf ein neues Gefährt in Form einer umgebauten 750er Suzuki aus den 1980ern zur Folge. Auch Yascha hat das Motorradfahren wieder für sich entdeckt und zählt zu seinem Besitz seit zwei Jahren eine Honda XL 600 von 1987 in der Paris–Dakar-Ausführung, also der für die berühmte Rallye. Sie unterscheidet sich von der normalen vor allem durch den vergrößerten Tank. Ansonsten fährt er zurzeit einen allradgetriebenen VW-Bus T4 Syncro, einen alten Volvo und einen Saab von 1999. Wie er findet, „eindeutig zu viel“, denn zur Arbeit (als politischer Referent) fährt er sowieso nach wie vor mit dem Fahrrad. Christoph ist Sozialarbeiter.

Statt Paris-Dakar lieber in die Vogesen:
Yascha auf seiner Honda

Nur alte Autos
Die beiden haben sich auf Old- und Youngtimer eingeschossen – vor allem auf Alltagsautos aus den Achtzigern, die in ihrer Kindheit noch auf deutschen Straßen unterwegs waren. Beide haben ein großes theoretisches Autowissen, selbst schrauben ist aber nicht so ihrs. Trotz ihrer automobilen Leidenschaft verfügen die beiden dennoch über ein ausgeprägtes Umweltgewissen. „Von mir aus könnte die ganze Stadt autofrei sein“, sagt Christoph. Und beide meinen: „Es wurden schon so viele Autos gebaut. Warum soll ich mir da ein neues kaufen?“ „So fährt Mainz“ bedeutet für sie vor allem: aus der Tiefgarage zur Waschanlage und wieder zurück. Und, als es ihn noch gab, gerne mal auf eine Cola zum „Schorsch“ – und natürlich mit dem Camper oder Kombi in den Urlaub. Die Autos sind, vor allem im Winterhalbjahr, über Garagen in

Christoph hat ein Herz für BMWs aus den 80ern

der Region verteilt. Bei logistischen Herausforderungen unterstützen sich die Freunde gegenseitig. „Der Traum wäre natürlich eine große eigene Garage, in die mal alles reinpasst“, sagt Yascha. In Mainz allerdings undenkbar bzw. -bezahlbar. Der BMW, der beim Fotoshooting anerkennende Blicke erntet, „ist eigentlich zu gepflegt für mich“, sagt Christoph. Ein Spielzeug. Und deshalb kommt er wohl schon bald wieder weg. „Den soll jemand kaufen, der jeden Samstag mit einer Zahnbürste die Felgen sauber macht. So ein Typ bin ich einfach nicht.“ Stand jetzt soll wieder ein Mercedes oder ein Volvo her, „das kann sich aber wöchentlich ändern“, lacht Christoph. Er wünscht sich, irgendwann mal zur Ruhe zu kommen und sagen zu können: „Das ist das perfekte Auto und das behältst du jetzt mal.“

Spotify: „Kultcast – Der Autopodcast“

Text Katja Marquardt
Fotos Marla Dähne