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sensor-Kolumne im Februar: Dr. Treznok fordert Sauerstoff für Alle!

drtreznok
Überall werden Fronten quer durch die Gesellschaft gezogen, und es wird immer schwieriger, eine klare Position zu beziehen. Die eine Seite möchte Prostitution verbieten, aus moralischen oder aus feministischen Gründen, die andere Seite möchte, dass Prostitution als ganz normale Arbeit akzeptiert wird, seltsamerweise aus den gleichen Gründen. Oder nehmen wir den Klimawandel: die einen behaupten, dass zu viel CO2- Ausstoß einen Treibhauseffekt erzeugt, die anderen nennen das ganze eine Propagandalüge, um die Entwicklungsländer an der Industrialisierung zu hindern.
Die Liste der Themen ließe sich beliebig verlängern: Müssen in den Wäldern mehr Tiere gejagt und erlegt werden, um unter Artenschutz stehende Bäume zu schützen, oder müssen im Gegenteil vom Aussterben bedrohte Bäume gefällt werden, damit mehr Dickicht und Gebüsch wachsen kann, um Wildtiere zu beherbergen? Brauchen wir eine Rundfunk- und Fernsehsteuer, um unabhängige Nachrichten zu gewährleisten, oder fördert diese Steuer im Gegenteil nur den staatlichen Lobbyismus?

Es gibt immer mehr Spaltungen in der Gesellschaft: pro und kontra Rauchverbot, pro und kontra Genderforschung, pro und kontra Rathaus-Renovierung … Dabei kann oft alles Mögliche mit allem Möglichem begründet werden. Man ist für das Rauchverbot, weil die Nichtraucher nun endlich auch Gaststätten besuchen und dadurch der Umsatz steigt, oder man ist dagegen, weil die Raucher zu Hause bleiben und der Umsatz sinkt. Fast alles lässt sich mit Statistiken belegen, und am Ende muss man sich für die Seite entscheiden, wo man die meisten Freunde hat, um nicht im sozialen Abseits zu landen.

Da ich mit meinen oft sehr eigenwilligen Meinungen ständig anecke und Kritik provoziere, möchte ich mich nun endlich auf sicheres Terrain begeben und unverfängliche Themen anschneiden, bei denen sich alle einig sind. Zum Beispiel bin ich für Sauerstoff und Atmung, und ich glaube ich werde keine Menschen finden, die Sauerstoffgegner sind und die Atmung ablehnen. Ebenfalls plädiere ich dafür, dass es Wetter gibt, einfach weil das Wetter immer und überall ein beliebter Gesprächsstoff ist und zur Kommunikation zwischen Menschen beiträgt. Bei vielen Themen bekomme ich zwar keine einheitliche Unterstützung, habe aber doch immerhin die Zustimmung der Mehrheit.

So bin ich zum Beispiel gegen industriellen Massenmord, egal ob an Juden, Kongolesen oder psychisch Kranken. Außerdem bin ich dagegen, die Lebensgrundlagen der Menschen zu zerstören, um schnelle Profite zu erwirtschaften. Es gibt zwar Minderheiten, die meine Ansichten diesbezüglich nicht teilen, aber die große Masse habe ich dann doch hinter mir. Leider sind oft die Minderheiten maßgeblich für soziale und politische Entscheidungen.

Manchmal ist es aber auch gut, dass die Minderheiten verantwortlich sind, weil sich 80 Millionen Irre eben manchmal kollektiv irren können, vor allem, wenn sie einer vom staatlichen Lobbyismus geprägten Propagandamaschinerie ausgeliefert sind. Und schon wieder scheiden sich die Geister, so dass ich mich schon gar nicht mehr traue, irgendwie irgendwo zu irgendwas konkret Stellung zu beziehen. Am Ende irre auch ich mich, und da ich als sensor-Kolumnist meinungsprägend für Mainz bin, führe ich die Stadt ideologisch in den Untergang.

Manchmal ist es wahrscheinlich gut, einfach mal nur zu atmen und die Existenz des Wetters wohlwollend zu akzeptieren. Wenn das gelingt, dann habe ich auch wieder genug Energie, um mich zwischen die Fronten der öffentlichen Meinungen zu begeben, als Quertreiber, Geradeaus-Denker, von mir aus auch als unbequemer Meinungsmanipulator. Ihr Mainzer sensor- Leser werdet schon noch sehen was ihr davon habt, wenn ihr auch in Zukunft den sensor lest. Und wenn ihr glaubt, ihr hättet jetzt, gerade eben, nur nichtssagende Auswüchse manischer Neutralität gelesen, so irrt ihr euch. Zwischen den Zeilen habe ich mittels ausgeklügelter Gehirnwäsche-Techniken so viele Botschaften versteckt, dass ihr nun nicht mehr dieselben Menschen seid, die ihr vor dem Lesen dieser Kolumne wart. Und da ihr nun alles bis zum Ende gelesen habt, gibt es auch kein Zurück mehr. Vergessen gilt nicht.