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Der große Test: Die besten Mainzer Brezeln!

„Darf´s auch ein Laugenbrötchen sein?“ fragt der hilfsbereite Bäcker, wenn man zu spät in den Laden kommt und nach einer der längst ausverkauften Brezeln fragt. Nein, ein Brötchen ist kein angemessener Ersatz. Denn bei einer Brezel schmeckt im Idealfall jeder Bissen anders. Gedreht wird sie aus einer Teigrolle, die sich zu den Seiten hin verjüngt. Durch die unterschiedliche Dicke und die verflochtene Form hat die Backware an jeder Stelle eine andere Beschaffenheit. Weich und voll am Bogen, härter und spröder am Kreuz und besonders kross an den Spitzen muss sie sein. Laugenbrezel sind in der Regel aus Hefeteig gebacken. Was sie salzig und knusprig macht, ist ein kurzes Bad in kochender Natronlauge, bevor sie in den Ofen kommen. Etwas Salz vor dem Backen unterstützt den Geschmack. Wir zeigen die Mainzer Favoriten.

Bäckerei Kai Olemutz // Hauptstraße 61, Mombach

Preis: 70 Cent / Gewicht: 80 Gramm

Die drei Bäckerläden versorgen Mombach und die Boppstraße mit hausgemachten Erzeugnissen. Der Familienbetrieb behauptet sich erfolgreich gegen die großen Ketten. Seine Laugenbrezel, die zwischen Schmandkuchen und Sauerteigbrot auftreten, schlagen jedes Industrieprodukt. Sie sind nicht ganz so dunkel wie üblich und großzügig mit leicht schmelzenden Körnern gesalzen. Beim Duft vermischt sich das Laugenaroma mit dem des Teigs. Auch beim Geschmack spielen beide Komponenten angenehm ineinander. Die Brezel besitzen die Schwere und Weichheit, die Merkmale von Hefegebäck sind, haben rundherum aber eine dünne Kruste. Empfehlenswert!

Mario P. Berg Bäckerei & Konditorei // Sömmerringplatz 6, Neustadt

Preis: 75 Cent / Gewicht: 80 Gramm

Das mit fünf Filialen im Raum Mainz ansässige Unternehmen wirbt mit einer Brezel, die eine Krone trägt. Zu Recht, so viel sei schon verraten. Die Ware ist hervorragend. Sie sieht schon außerordentlich appetitlich aus, braun wie Kastanien, den Bogen ziert eine hellere Kerbe. Darauf ist viel, aber nicht zu viel grobes Salz verteilt. Auch mehrere Stunden nach dem Kauf duftet sie noch betörend nach warmer Hefe. Das Gebäck ist nachgiebig, auch am Kreuz, welches an seinen Ausläufern knusprig wird. Das Verhältnis der Aromen ist ideal. Sogar eine leichte Butternote entfaltet sich.

Neubäckerei // Ecke Gartenfeld/Adam-Karrillon, Neustadt

Preis: unklar, Gewicht: 80 Gramm

Die Verkäuferin war sehr freundlich, doch es bestand eine Sprachbarriere. Zwischen dem genannten (bzw verstandenen) Preis und dem erhaltenen Wechselgeld war kein Zusammenhang zu erkennen. Hier ist „für jeden Geschmack etwas dabei“ verspricht ein Schriftzug im Fenster. Und so ist es. In dem kleinen Laden in der Neustadt liegen rosafarbene Donuts neben selbstgebackenen Kardamomkeksen. Die hier erstandenen Brezel sind ungewöhnlich hell. Was die Farbe schon erahnen lässt: das Gebäck erhält seine Würze vor allem vom Salz – grobe Körner, auf manchen reichlich, auf anderen spärlicher vorhanden. Die Lauge ist kaum spürbar, noch hat sie für eine Kruste gesorgt. Vermutlich wurde der Teig nur damit bestrichen statt darin gekocht. Doch auch wenn dieser entscheidende Faktor fast fehlt, schmecken die Brezel nicht schlecht. Der Teig hat alles, was von Hefegebäck erwartet werden kann und hält sich lange frisch. Der hübsch geschlitzte Bogen ist merklich dicker als das Kreuz, so dass sich der erfreuliche Kontrast in der Beschaffenheit ergibt.

Vetters Backstube // Jakobsbergstraße 4, Altstadt

Preis: 80 Cent / Gewicht: 85 Gramm

Brezel hat jeder. Daher hat Vetter ausdrücklich keine, sondern Laugenringe. Doch da der renommierte Meisterbetrieb nicht übergangen werden soll, wird nun ausnahmsweise ein Ring getestet. Dessen Konsistenz erinnert mehr an Brot, mehr schaumig als schwer. Der Eindruck ergibt sich möglicherweise daraus, dass er überall eine ähnliche Dicke hat und damit die Kombination aus knackig und weich entfällt. Dazu ist er merklich länger gebacken als üblich. Die so entstandene Rinde bereichert den Laugengeschmack durch Röstaromen. Zusätzlich ist der Ring zwar auch mit Salz, aber vor allem mit Sesam bestreut. Ebenfalls eine gelungene Ergänzung.

Kaiser Biobäckerei

Preis: ca.1,20 Euro (je nach Filiale) / Gewicht: 105 Gramm

Hier gibt es die teuersten, aber auch die größten Brezel. Das Backwerk erweist sich als ungewohnt fest. Obwohl Hefe verwendet wird, fehlt die leichte Zähigkeit. Trotzdem ist zumindest der Bogen frisch und knusprig, vor allem an den Rändern. Nur das etwas dünnere Kreuz ist trocken, dazu ohne Schwung und Spitzen. Ungewöhnlich auch die stärkere Süße. Das könnte am Gerstenmalzmehl liegen, das bei Kaiser zum sonst üblichen Weizenmehl gemischt wird. Diese Note geht jedoch eine glückliche Verbindung mit der Oberfläche ein. Diese ist zwar auch mit grobem Salz versehen, jedoch eher zurückhaltend, denn die Lauge selbst ist deutlich genug wahrnehmbar. Trotz kleiner Abweichungen also eine durchaus erfreuliche Brezelerfahrung.

Ditsch

Preis: 75 Cent / Gewicht: 85 Gramm

Bestimmt ist jede Brezel einmal ein „Teigling“ gewesen. Doch die von Ditsch vertriebenen Produkte überwinden dieses Stadium nie. Sie sind beim Kauf fast immer warm, und ja, sie sind auch schön weich. Aber sie sind auch halbroh! Der Grundteig hätte mit seinem starken Hefearoma Potenzial und die Lauge sorgt für eine überzeugende Rinde, aber in den Backvorgang wird offenbar nur so viel Energie investiert wie unbedingt nötig. Dazu feuert der Backautomat willkürlich Salven von Salz ab. Manche Brezel werden völlig verschont, andere begraben. Wer bisher nur vermutet hat, dass es sich um in den Ofen geschobene Massenware handelt, der kann sich nun sicher sein. Kinder werden daran Spaß haben. Sie können Figuren daraus kneten.

Bäckerei Pfaff // Poststraße 126, Finthen

Preis: 75 Cent / Gewicht: 80 Gramm

Hier wird die Brezel noch zelebriert. Das Gebäck ist goldbraun überbacken und verströmt einen vielversprechenden Duft. Das Salz ist vielleicht etwas zu üppig aufgetragen, aber die unregelmäßig großen Splitter bieten einen reizvollen Anblick. Der Bogen ist fabelhaft flaumig, das Kreuz so dünn, dass es beim Anbeißen knackt. Alle Zutaten, würzig und mild, bilden eine tadellose Einheit und es stellt sich auch in diesem Fall eine Ahnung von Butter ein. Fabulös.

Brezelbäckerei Geppert // Mainzerstraße 21, Kastel

Preis: 70 Cent / Gewicht: 85 Gramm

Die Brezelstände der Firma Geppert sind angesichts der harten Konkurrenz weniger geworden. Auch bei der Rezeptur werden Zugeständnisse gemacht. So sind beispielsweise in der Vollkornbrezel nur noch vereinzelt volle Körner zu finden. Doch bei der Güte der klassischen Laugenbrezel liegt Geppert immer noch weit vorne. Verführerischer Braunton, Salz in Maßen, harmonischer Duft, nachgiebiger Teig, ein spröde auslaufendes Kreuz und ein buttriger Hauch. Sehr sympathisch auch, dass Geppert auf Wunsch Sonderanfertigungen herstellt, also Laugengebäck in jeder Form. An dieser Stelle muss eine Bäckereimaschine namens „Fritschs Multitwist“ erwähnt werden. Das Gerät liefert „eine hohe Vielfalt an Produkten auf Teigstrangbasis“, hat aber mit Handwerkskunst nicht viel zu tun. Es schafft „mühelos 2.000 Brezeln pro Stunde“, alle weitgehend identisch. Doch von Herzen, Buchstaben oder Firmenlogos ist im Werbetext der Firma Fritsch nicht die Rede. Das Angebot von Markus Geppert und seinem Team spricht also stark für Handarbeit.

Fazit

Brezeln sind nicht gleich Brezeln. Es gibt große Unterschiede. Wie so oft kann man auch hier sagen, dass traditionelle Handarbeit den größeren Ketten vorzuziehen ist. Gut schneiden vor allem die Bäckereien Olemutz, Berg, Pfaff und Geppert ab. Auch Vetters Laugenringe sind eine gelungene Variante. Der wahre Brezelfreund weiß ohnehin: Die besten Brezeln sind die, die nicht perfekt sind.

Text Ines Schneider Fotos Markus Gärdes