Nie wollte ich eine Payback-Karte. Alle haben mich davor gewarnt. Die großen Discounter würden mein Kaufverhalten ausspionieren, meine Daten verhökern und schließlich mein Leben kontrollieren. Verschiedene Verschwörungstheoretiker vermuteten unterschiedliche Geheimdienste hinter der Payback-Karte. Als nächstes würde ich zwangs-gechipt werden. Mit diesen Warnungen im Ohr konnte ich jahrelang stolz nein sagen, wenn mich die Verkäuferin an der Kasse nach der Payback- Karte fragte.
Neulich beim Einkaufen aber war im Ausgangsbereich ein extra Stand aufgebaut. Die Verkäuferin, die diesen Stand betreute, hatte eine besonders sympathische Ausstrahlung. Sie fragte mich, ob ich eine Payback-Karte habe, ich antwortete nein und sie fragte mich warum. „Weil man damit mein Kaufverhalten ausspionieren wird und meine Daten verkauft.“ „Aber Sie bekommen Punkte“, meinte sie. Da sie einen südländischen Akzent hat und womöglich Israelin sein könnte fragte ich: „Sind Sie vom Mossad?“ Die Frage schien sie nicht zu irritieren. Ich war schließlich so verzaubert, dass ich den Laden mit einer Payback-Karte verließ.
Beim Auspacken meiner Einkäufe wurde mir doch mulmig. Dann aber beruhigte ich mich schnell wieder bei dem Gedanken, dass ich die Karte notfalls vernichten kann. Ich musste sie an der Kasse ja nicht vorzeigen. Dann bekäme ich zwar keine Punkte, aber eigentlich habe ich sowieso kein Interesse an Punkten. Mathematisch betrachtet braucht man unendlich viele Punkte, wenn man eine Strecke bilden will, von einer Geraden will ich gar nicht reden. Und unendlich viele Punkte kann man gar nicht beim Einkaufen bekommen, das glaube ich nicht. Diese Punkte überschreiten meine Vorstellungskraft, eigentlich möchte ich mich gar nicht damit beschäftigen und habe es bisher auch noch nicht getan.
Dennoch war ich beunruhigt und besuchte einen guten Freund, der sich mit verschiedenen Verschwörungstheorien auskennt. Er beruhigte mich. Wahrscheinlich war die Verkäuferin nicht vom Mossad. Dann überlegten wir, wie wir die Payback- Karte subversiv einsetzen könnten, um die Datenräuber zu verwirren. Da er ohnehin für seine ganze Familie einkaufen wollte, gab ich ihm meine Karte. Nun würde man mir Windeln und Baby-Brei zuordnen und andere Produkte. Damit hatten wir fürs erste genug Verwirrung in den Datenbanken gestiftet.
Es ist ja immer das gleiche Ritual: Zuerst sagt die Verkäuferin nett hallo, dann scannt sie die Waren ein und nennt den Betrag. Schließlich kommt die Frage nach der Payback-Karte und dem Kassenzettel. Und nun kann ich nicht mehr stolz nein sagen. Ehrlich wie ich bin, sagte ich beim nächsten Einkauf ja, und da ich den Geldbeutel ohnehin schon in der Hand hatte, gab ich ihr die Karte. Die Verkäuferin nahm sie, fragte dann aber nach dem Bezahlvorgang dennoch automatisch nach der Karte, die sie mir längst zurückgegeben hatte. Es war schrecklich. Ich weiß nicht, wie es weitergeht mit dieser verdammten Karte.
Fürs erste kann ich mich davor hüten, indem ich nur noch für Beträge unter 10 Euro einkaufe. Dann gibt es keine Punkte und folglich auch keine Daten. Ich habe aber auch gelegentlich Einkäufe, die 10 Euro übersteigen. Ich müsste dann mehrmals abrechnen, jeweils bis zum Betrag von 9,99 Euro. Eine furchtbare Rechnerei, bei der man sich bei den nachfolgenden Kunden schnell unbeliebt macht. Ich könnte die Karte einfach zu Hause vergessen oder vernichten. Ich könnte auch versuchen, erst noch mehr über die Payback-Verschwörung herauszufinden. Vielleicht können noch mehr Freunde mit meiner Karte einkaufen, um meine Daten zu verschleiern. Solange das Bargeld noch nicht abgeschafft ist, fühle ich mich einigermaßen sicher im Supermarkt