von David Gutsche (zu Teilen aus der Allgemeinen Zeitung)
Im Wohnungsbau wird jetzt so richtig geklotzt. Wir stellen die größten und wichtigsten neuen Projekte vor – vom Billig- bis zum Luxussegment.
Die Zahl der Einwohner in Mainz steigt, aktuell sind es 210.000. Von 2.000 Neubürgern pro Jahr spricht OB Michael Ebling. Laut eines aktuellen empirica-Wohnraumgutachtens für Rheinland- Pfalz sind auch die Neuvertragsmieten zwischen 2005 und 2013 um 22 Prozent gestiegen. Damit einher geht auch ein teils drastischer Anstieg der Grundstückspreise.
Wohnraum, vor allem im preisgünstigen Segment, ist indes Mangelware. Um dem steigenden Bedarf gerecht zu werden, sollen in den nächsten Jahren mehr als zwanzig neue Stadtquartiere und andere Projekte entstehen, die über 10.000 Menschen ein neues Zuhause bieten. Wir stellen die größten und wichtigsten neuen Projekte vor – vom Billig- bis zum Luxussegment.
Zu den bevorzugten Wohngegenden zählt die Lage am Rhein, also Winterhafen und die Uferstraße. Der Zollhafen wird sehr bald dazu kommen. Auch in den innerstädtischen Gebieten wie Altstadt, Oberstadt und Neustadt ist die Nachfrage ungebrochen. Ältere Käufergruppen, die aus den Randlagen zurück ins Zentrum ziehen, verstärken den Trend. Familien dagegen suchen vermehrt in den Vororten und dem Umland nach Ein- und Zweifamilienhäusern.
Um den Druck ein wenig rauszunehmen, beschloss der Bund kürzlich die Mietpreisbremse. Denn wer auf den Euro schauen muss, hat auf dem normalen Wohnungsmarkt in attraktiven Gegenden kaum noch eine Chance. Doch egal ob mit oder ohne Mietpreisbremse: Wenn ein Vermieter die Wahl hat, entscheidet er sich sowieso für den solventen Interessenten. Um das Dilemma in den Griff zu bekommen, läuft der „soziale“ Wohnungsbau langsam wieder an, vor allem die städtische Wohnbau ist aktiv. Aber auch die Stadtverwaltung ist nicht untätig: Um die Neubaupläne zu koordinieren, wird nun eine „Leitstelle Wohnen“ geschaffen.
Hechtsheim – Altes IBM Gelände
Auf dem ehemaligen IBM-Gelände in Weisenau sollen knapp 2.000 Wohnungen entstehen: etwa ein Drittel Eigentumswohnungen, ein Drittel frei finanzierte und ein Drittel geförderte Mietwohnungen. Über 5.000 Menschen sollen hier in ein paar Jahren leben, im attraktiven Wohngebiet mit „bezahlbarem Wohnraum“. Ende Juni soll das Bebauungsplanverfahren stattfinden und damit 2016 die Bauarbeiten starten. Neben stadtnahen Gesellschaften wie der Mainzer Aufbaugesellschaft (MAG) und Wohnbau kommen auch private Investoren zum Zug. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Heiligkreuzareal im Bereich Wilhelm-Theodor-Römheld- Straße und Bettelpfad kommen weitere rund 500 neue Wohnungen dazu. Zum Teil sind die Häuser bereits fertiggestellt oder im Bau.
Ehemalige Peter-Jordan-Schule (Hartenberg)
Auch für das Areal des alten Schulgebäudes zwischen der Straße „Am Judensand“ und dem Hartenbergpark soll laut Baudezernentin Marianne Grosse Mitte 2016 Baurecht vorliegen. 200 bis 250 Miet- und Eigentumswohnungen sind auf dem 22.000 qm großen Gelände geplant, die die Wohnbau und die MAG-Tochter Emag realisieren. „Wir sind von der zunächst angedachten achtstöckigen Bebauung auf vier Geschosse runtergegangen“, erinnert Grosse an die Proteste von Anwohnern. Die Bebauung des alten Schulsportplatzes, der ebenfalls bei Anwohnern auf Kritik stößt, indes sei für das Projekt nötig. Derzeit befindet sich noch der Kulturverein PENG in der Schule sowie eine provisorische Flüchtlingsunterkunft, die voraussichtlich im Herbst / Winter umziehen werden. Mit der Bebauung wird im Frühjahr 2017 begonnen.
Stadtquartier Zollhafen
Im Zollhafen haben wir es eher mit Luxus statt günstigem Wohnraum zu tun. Verschiedene Investoren bauen verschiedene Gebäude: Der Spatenstich für das erste Neubauprojekt am Rheinufer erfolgte vor zwei Monaten: Investor Kairos baut den „Rheinkai 500“, ein grauer Klotz direkt neben dem alten Weinlager. Das Objekt ist für hochpreisige Eigentumswohnungen vorgesehen.
Gleiches gilt für zwei weitere Neubauvorhaben im Südteil des Hafengebiets. Insgesamt 1.400 Wohnungen sollen in den nächsten Jahren hier entstehen. Geförderte und damit preisgünstige Mietwohnungen sind aber nur auf 5.000 der insgesamt 180.000 qm Wohnfläche vorgesehen. Der Investor BPD (ehem. Bouwfonds) wird auf dem „Molenkopf Süd“ bis zu 16.800 qm Geschossfläche für hochwertiges Wohnen realisieren. Auf dem ca. 6.000 qm großen Baufeld werden 150 Wohnungen von der Zwei-Zimmerwohnung bis zum Penthouse einschließlich Tiefgarage gebaggert. Die Österreicher CA Immo bauen das dreiteilige Gebäudeensemble „Rheinallee III“.
Die zukünftigen Wohn- und Geschäftshäuser liegen direkt an der Rheinallee. Neben ca. 170 Mietwohnungen ist großflächiger Einzelhandel geplant. Zudem soll eine Kita entstehen. Neben dem Wohn- und Geschäftsgebäude „Rheinallee III“ hat CA Immo auch das Baufeld „Hafenspitze“ am nördlichen Rand des Hafenbeckens erworben. Dort wird auf einer Geschossfläche von ca. 12.000 qm ein Bürohochhaus aufgestellt mit einer Höhe von 42 Metern, wahrscheinlich das prägnanteste neue Gebäude im Zollhafen.
OB Ebling ist sich „Zündstoff sicher“, dabei hat er selbst zugestimmt. Das Ensemble „Rheinalle II“ wird von der saarländischen SBT Immobilien Gruppe gebaut. Deren Grundstück umfasst ca. 16.000 qm und sieht einen Gebäuderriegel entlang der Rheinallee sowie fünf Punkthäuser am Hafenbecken vor. Insgesamt sind hier 140 bis 150 Wohneinheiten geplant. Der Wohnungsmix umfasst 1-Raum-Wohnungen bzw. Apartments mit ca. 30 qm bis hin zu 5-Raum-Wohnungen mit 130 qm Wohnfläche. Im Erdgeschoss ist eine gewerbliche Nutzung vorgesehen. Fertigstellung 2017.
Die Schwaben von LBBW Immobilien realisieren mit „DOCK1MAINZ“ 69 Eigentumswohnungen, rund 5.400 qm Premium-Bürofläche sowie eine Tiefgarage mit 188 Stellplätzen. Es geht um exklusive Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen zwischen 61 und 153 Quadratmetern. Jede Einheit verfügt über einen eigenen Balkon oder eine Loggia, teilweise mit Wintergartenverglasung, sowie über einen Hauswirtschaftsraum. Weitere Highlights: Parkettfußböden, Fußbodenheizung und aus fast allen Wohnungen ein Ausblick aufs Wasser. Zum Gebäude-Ensemble gehört auch ein Bürogebäude. Anfang 2017 sollen die ersten Wohnungen bezugsfertig sein.
Beethovenplatz / Neustadtquartier
Ganz in der Nähe des Zollhafens will die Stadt hinter der „Kommissbrotbäckerei“ im Bereich Wallaustraße / Emausweg mit Hilfe der Wohnbau die derzeitige Bebauung und Freiflächen ordnen. Geplant sind 320 bis 500 Wohnungen, die sich um den neu entstehenden Beethovenplatz gruppieren. Der Baubeginn ist für Spätsommer 2017 anvisiert, in die Vermietung sollen die neuen Wohnungen im Frühjahr 2019 gehen.
Die Mietpreise für die öffentlich geförderten Wohnungen liegen bei 7 Euro pro qm / Kaltmiete, im frei finanzierten Bereich wird ein Mietpreis unter 10 Euro pro qm / Kaltmiete angestrebt. Derzeit gibt es jedoch Diskussionen um das neue Areal, denn vier alte Häuser sollen abgerissen werden. Die Mieter erhielten vor kurzem eine Kündigung durch die Wohnbau. Wie es für sie weitergeht ist noch unklar.
Über die zukünftige Nutzung der Top-Immobilie „Kommisbrotbäckerei“, eine Bundesimmobilie, die bald in private Hand übergehen soll, ist ebenfalls nicht viel bekannt – nicht einmal der Verkehrswert. An Ideen mangelt es indes nicht. Die Initiativgruppe Kulturbäckerei wünscht sich nichtkommerzielle Projekträume, Vereinsstätten, Künstlerateliers, Proberäume, Werkstätten und ein soziokulturelles Zentrum. Unterstützung bekommt die Gruppe vom Ortsbeirat.
Untätig sind Baudezernentin Grosse (SPD) und das Stadtplanungsamt um Günther Ingenthron aber nicht. „Wir sind in der Planungsphase“, berichtet Grosse. Sie zielt jedoch auf eine Mischnutzung ab, mit einem Anteil von 50 Prozent für Wohnungen und Gewerbe. „Natürlich will ich auch eine kulturelle Nutzung“, betont die Baudezernentin, die gleichzeitig Kulturdezernentin ist. „Unser Wunsch ist es, dass die Kommissbrotbäckerei von einer stadtnahen Gesellschaft gekauft wird.“
Zwar hat die Stadt das Erstzugriffsrecht, verfügt aber nicht über die finanziellen Mittel. Sie könnte maximal über einen „städtebaulichen Vertrag“ dem künftigen Investor eine teils kulturelle Nutzung „vorschreiben“. Ganz egal aber wie der Bebauungsplan hier aussieht – beschlossen werden kann er nicht vor Ende 2016, denn bis dahin hat der Bund die Planungshoheit über das Grundstück.
Quartier M1
An der Mombacher Straße entlang der Bahngleise zwischen Goethetunnel und Hauptbahnhof plant das Frankfurter Immobilienunternehmen Aurelis Real Estate sein „Quartier M1“. Dabei ist auch der Bau von 1.000 Studenten-Apartments vorgesehen. Die Wohnungssituation für Studierende wird sich damit weiter entspannen, zumal seit dem Vorjahr am Kisselberg in Gonsenheim rund 800 neue Studentenwohnungen zur Verfügung stehen und am Binger Schlag 400 weitere Apartments bereits vermietet sind.
Auf dem ca. 4,6 ha großen Areal des ehemaligen Güterbahnhofs lässt Aurelis aber vor allem einen Mix aus Büro, Dienstleistung und Hotel entstehen. Teile der alten Güterhallen bleiben erhalten und tragen zur Identität des Quartiers bei. Moderne Büroboxen von ca. 50 qm werden als kleinflächiger Mietraum bis 2016 integriert. Insbesondere Selbstständige, Kleinunternehmen oder Außenstellen größerer Firmen sieht Aurelis hier als Zielgruppe. Die Mieten für die Boxen liegen zwischen 900 und 1.100 Euro. Der Software-Entwickler Synthro GmbH hat bereits einen zehnjährigen Mietvertrag unterschrieben und wird rund 1.180 qm beziehen. Er plant auch eine Co-Working Area.
Exklusive MAG-Projekte
Die Bebauung des schicken Wohnquartiers am Winterhafen ist nahezu abgeschlossen. Doch ein Grundstück liegt seit vielen Jahren brach, an der exponiertesten Stelle des Quartiers: an der Ecke Am Winterhafen / Malakoff-Terrasse neben dem historischen Barockhaus direkt an der Drehbrücke. „Heimat.Hafen“ soll die schicke Hütte heißen. Geplant sind 26 Eigentumswohnungen mit zwei bis fünf Zimmern, vier Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss und eine Tiefgarage.
Die Preise liegen zwischen 250 und 700 Tsd. Euro pro Wohnung. Die Bebauung ist vor Kurzem gestartet, Fertigstellung im Sommer nächstes Jahr anvisiert. Das MAG Wohnprojekt Landwehrweg ist dagegen schon fertig: 27 Reihenhäuser mit vier bis fünf Zimmern und 105 bis 135 qm Wohnfläche werden zu einem Kaufpreis von 300 Tsd. Euro angeboten. Und wer gerne golft: Das Budenheimer Neubaugebiet „Wiesmoorer / Gonsenheimer Straße“ umfasst eine Fläche von 4,2 Hektar mit 71 Baugrundstücken.
Die „Wohnen am Golfplatz“ GmbH, bestehend aus der MAG und der J. Molitor Immobilien, entwickelt und verkauft 51 Grundstücke für 14 Doppelhäuser und 37 Einfamilienhäuser. Die Größe schwankt zwischen 300 und 1.250 qm. Dazu kommen 20 Grundstücke von fünf privaten Eigentümern. Spatenstich war im Dezember 2014. Nur wie es mit der MAG Immobilie Allianzhaus (Große Bleiche) weitergeht, weiß indes noch niemand so ganz genau.
Die MAG möchte hier ein neues Geschäftshaus errichten, kann aber nichts tun, solange der Kulturclub schon schön noch in der Immobilie ist, der noch einen Mietvertrag bis über 2020 hinaus hat. Zurzeit wird für den Rest des Gebäudes eine temporäre Nutzung als Flüchtlingsunterkunft geplant. Vielleicht zieht das schon schön ja auch schon früher aus, denn Inhaber Norbert Schön ist als zukünftiger Betreiber des KUZ im Gespräch. Dazu mehr an anderer Stelle in diesem Magazin.
Sozial bei der Wohnbau
Nachdem die städtische Wohnbau im Viertel „Suderstraße“ Mombach 130 neue Wohnungen errichtet und vermietet hat, stehen bis Ende 2016 die nächsten Bauabschnitte an. Das Quartier wird mit weiteren fünf Häusern (insgesamt 90 Wohnungen) weiterentwickelt. Da die Wohnungen vom Land gefördert sind, liegen die Mieten zwischen 6 bis 7 Euro, frei finanziert bei 8,50 Euro pro qm.
Am Cavalier Holstein (MLK Park) werden bis April 2016 sechs Gebäude errichtet. Zu den insgesamt 100 Wohnungen gehören schwellenlose Loggien beziehungsweise Terrassen mit Gärten. Mit dem Bau dieser Wohnungen für junge und alte Menschen wird erstmals das von der Wohnbau entwickelte Modellprojekt „Zuhause in Mainz – Wohnen mit Versorgungssicherheit“ realisiert. Hierzu gehören der Pflegedienst Pro Salus mit einem Servicebüro, verschiedenen Dienstleistungen ohne Betreuungs-Pauschale und 24-stündiger Versorgungssicherheit, zwei Gästezimmern auf Zeit, Pflegewohnungen für Menschen mit Beeinträchtigung und ein Nachbarschaftscafé.
In diesem Objekt sind 53 Wohnungen öffentlich gefördert, die deshalb zu einer Nettokaltmiete von 7 Euro pro qm vermietet werden. Frei finanzierte Wohnungen werden mit einer Miete von etwa 9,50 Euro angeboten. Mit den umfassenden Bauprojekten betonen die Geschäftsführer der Wohnbau, Thomas Will und Franz Ringhoffer, die Aufgabe des Unternehmens: „Wir werden mit unseren hohen Investitionen das Wohnraumangebot in Mainz stark verbessern und damit den steigenden Mieten und Preisen entgegenwirken. Was die Miethöhen betrifft, wollen wir der günstigste Anbieter in der Stadt bleiben.“ Hoffen wir, dass dem nach den Exzessen der vergangenen Jahre so bleibt.