Die Erwartungshaltung war groß, als Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Bundespressekonferenz einberief, um sich zu den Plänen der Cannabis-Legalisierung zu äußern. Ein überfälliger Schritt, war dies doch eines der Kernthemen im Koalitionsvertrag der Ampel- Regierung. Aus Mainz und Wiesbaden, wo man als Modellregion künftig unter wissenschaftlicher Begleitung Cannabis nicht nur in Clubs, sondern auch in Fachgeschäften anbieten will, blickte man besonders gespannt auf die Pläne des Ministers. Fest steht: Die Legalisierung soll ab dem kommenden Jahr Wirklichkeit werden. Der Weg dorthin ist allerdings noch mit Fragezeichen versehen und bietet Diskussionsstoff.
Letzteres begrüße Lauterbach, da mit dem Gesetzesentwurf gleichwohl eine „Enttabuisierung“ des Themas und der damit verbundenen Probleme vorangetrieben werden soll. Doch was ist der Plan? Zunächst ist vorgesehen, dass für Erwachsene der Besitz von 25 Gramm Cannabis straffrei sein soll. Darüber hinaus sei es zulässig, für den Eigenkonsum bis zu drei Pflanzen anzubauen. Kritik gibt es aus zwei Richtungen. „Sie komme einerseits von denjenigen, „die sich eine vollständige Legalisierung gewünscht hätten“. Für diese geht der Gesetzesentwurf nicht weit genug. Andererseits wird kritisiert, dass die Legalisierung an sich schon ein fataler Schritt sei. Dieser Meinung ist auch die Mainzer CDU. Allerdings hat man hier auch keine plausiblen Lösungen parat, um den Problemen in Bezug auf Schwarzmarkt, Streckung und Jugendschutz zu begegnen. Was als die „Wende“ in der Drogenpolitik bezeichnet wird, ist in anderen Ländern längst legal, etwa in den USA und in Kanada. Zuletzt hat sogar das bisher rigide Thailand seine Gesetze liberalisiert. In den Niederlanden ist der Stoff verfügbar und in Portugal ist der Besitz bis 25 Gramm nicht mehr strafbar, während Italien und Frankreich noch mit sich ringen. Natürlich bietet die Entkriminalisierung auch einen enormen wirtschaftlichen Faktor. Dafür steht das Beispiel Thailand.
High Society
Schon als die Pläne zu einer Legalisierung stärker in den Vordergrund rückten, überlegten sich viele Menschen und Unternehmen, darunter auch die beiden Mainzer Julian Sens und Chris Hauptmann, ein Konzept für den Verkauf. In sogenannten „Cannabis Social Clubs“, Anbauvereinen oder einer Art von Genossenschaften, sollen künftig die Grundlagen für die legale Abgabe von Cannabis gelegt werden. „Ein gutes Konstrukt“, so Lauterbach, denn: „Wenn diese Vereine für ihre Mitglieder das Cannabis produzieren, dann ist damit zu rechnen, dass die Kosten, die dort entstehen, weniger reglementiert werden und daher kompetitiv sind.“ Dies könne dazu führen, dass die Preise niedriger als auf dem Schwarzmarkt liegen. Derweil wird das Interesse an einer Mitgliedschaft im Mainzer Cannabis Social Club mit dem Namen „High Society“ immer größer, wie die Gründer berichten: „Die Voranmeldungen laufen sehr gut. Wir arbeiten an der Eintragung zum Verein. Allerdings immer mit dem Hinweis des Staates im Hinterkopf, mit der Gründung noch so lange zu warten, bis das fertige Gesetz vorliegt.“ Sobald die rechtliche Grundlage existiert, wolle man sofort loslegen. Derzeit befinden sich Sens und Hauptmann auf der Suche nach einem geeigneten Ort für ihr „Clubheim“. Dort können nur Mitglieder Cannabis erwerben, die Kriterien werden zuvor vom Club geprüft, was eine Abgabe an Kinder und Jugendliche verhindern soll. Zusätzlich ist geplant, Workshops zum Thema zu veranstalten, die über die Wirkung von THC aufklären. Ein eigenes Gremium des Social Clubs soll außerdem über den Anbau der Cannabis-Sorten entscheiden und somit saubere Qualität gewährleisten. Angebote für Anbauflächen liegen „High Society“ bereits vor, aber auch hier gibt es noch offene Fragen, wie etwa, ob der Verein neben der Selbstbewirtschaftung auch Dritte mit der Aufzucht beauftragen darf. Der Mainzer Cannabis Social Club nähert sich mit Bedacht seinem Ziel.
Gut vernetzt
Auch Lukas Rauße von der „Arvaloo GmbH“ blickt mit Optimismus in die Zukunft. Das Unternehmen ist Partner für den Vertrieb von hochwertigen CBD- und Hanfprodukten für den europäischen Großhandel. CBD-Produkte bietet das Unternehmen in Mainz auf der Rheinstraße über das Geschäft „WeBelieve“ an. Einen eignen Social Club haben Rauße und sein Team unter dem vorläufigen Namen „WeBelieve Cannabis Social Club Mainz” auch schon gegründet. „Wir werden wahrscheinlich noch eine Location dazunehmen“, so Rauße. Seit mehreren Jahren ist „Arvaloo“ mit dem Thema Cannabis und den damit verbundenen Herausforderungen beschäftigt. „Wir haben ein gutes Netzwerk hinter uns. Dazu zählen auch Steuerberater und Anwälte, die mit dem Thema vertraut sind.“ Von ihrem Wissen sollen künftig auch andere Social Clubs profitieren, weshalb demnächst eine Beratungsfirma entstehen soll. Gerade der zweite Gesetzesentwurf habe die Social Clubs interessanter gemacht, was sich vor allem an der flexiblen Preisstruktur in Bezug auf die Mitgliedsbeiträge zeige, so Rauße. Sah der erste Entwurf einen festgelegten Monatsbeitrag vor, könne dies künftig über Pauschalen abgewickelt werden, die der tatsächlichen abgerufenen Cannabis- Menge entsprechen. „Dem Konsumenten gibt das die Freiheit und Flexibilität, die es braucht, um Mitglied zu werden. Ansonsten wäre es einfacher, zum Arzt zu gehen, sich Cannabis verschreiben zu lassen und es anschließend in der Apotheke abzuholen.“ Derzeit leisten Rauße und sein Team vor allem Aufklärungsarbeit – auf politischen Veranstaltungen, auf Messen und im Austausch mit der Stadt. Bis das Gesetz vollumfänglich ausgereift ist, rechnet Rauße mit mehreren Jahren. Auch was das Pilotprojekt für Städte wie Mainz betrifft, also Cannabis in Fachgeschäften abzugeben, wisse man derzeit noch zu wenig, weshalb die Realisierung des Projekts noch gut ein Jahr dauern könnte. „Mit der Stadt sind wir in engem Kontakt und entwickeln ein Jugendschutzkonzept. Ob wir am Pilotprojekt teilnehmen, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, zumal das in den Händen der Politik und den zuständigen Behörden liegt.“ Lukas Rauße rechnet sich jedoch gute Chancen aus.
Kritik an der Legalisierung
Kritisch sieht die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz die Pläne zur Legalisierung: „Wir sind geradezu bestürzt, dass ein Bundesgesundheitsminister die Legalisierung einer Substanz aufgrund einer Koalitionsvereinbarung umsetzen möchte, von der wir wissen, dass sie hirnorganische Veränderungen hervorruft, zu Verhaltensauffälligkeiten bei Jugendlichen führt sowie Abhängigkeiten und psychische Veränderungen auslösen kann“, so Präsident Dr. Günther Matheis. Die Folgen des Konsums von Cannabis unter Heranwachsenden griff auch Lauterbach auf: „Im Alter bis 25 Jahren wird das wachsende Gehirn oft nachhaltig beschädigt. Darauf müssen wir hinweisen.“ Der Präsident der Landesärztekammer unterstreicht die Gefahren des Konsums besonders für junge Menschen: „Suchtmediziner weisen zu Recht darauf hin, dass Psychosen nicht das einzige Gesundheitsproblem sind: Auch die Wahrscheinlichkeit, an einer Depression, Angststörung oder bipolaren Störung zu erkranken, ist bei regelmäßigem Cannabiskonsum im Jugendalter höher“, so Matheis, der in der Legalisierung ein „falsches Signal für eine geringere Gefährlichkeit der Droge“ sieht.
Rausch auf Rezept
Mit großem Interesse verfolgt derweil Florian Faßbender, Inhaber der Mogon-Apotheke in der Christofsstraße, die Debatte. Mit der neuen Regelung fiele auch das Medizinalcannabis nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz. Was die geregelte Abgabe von Cannabis generell betrifft, plädiert Faßbender: „Natürlich muss es hierfür Auflagen geben. Die Hirnentwicklung sollte abgeschlossen sein. Alles was darüber hinausgeht, sollte jedoch wie beim Alkohol in der Eigenverantwortung der Leute liegen.“ Der Apotheker sieht einen notwendigen Schritt darin, die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren. Eine geregelte Abgabe sei im Sinne des Jugendschutzes und durchkreuze den Schwarzmarkt. Die Mogon-Apotheke ist bereits seit längerer Zeit „Cannabis-Apotheke“. Einige Patienten beziehen regelmäßig THC in Form von Blüten, Extrakt oder über den Wirkstoff Dronabinol. Daran sind enge Voraussetzungen geknüpft. Davon betroffen sind Patienten, die etwa unter starken Schmerzen oder schweren Depressionen leiden. Der Arzt muss hierfür ein spezielles Betäubungsmittelrezept ausstellen und zuvor eine Genehmigung der Kosten bei der Krankenkasse einholen. Erst dann kann das Cannabis in der von der Apotheke zubereiteten Form ausgegeben werden. Dass sich im Bereich der Legalisierung gerade viel bewege, zeige sich auch anhand der vielen Anbieter von Medizinalcannabis, die immer wieder den Kontakt zur Apotheke suchten, erklärt Florian Faßbender, der eine liberale Haltung zum Thema zeigt. Stelle man sich etwa vor, dass die Verschreibungspflicht entfiele, könnte jede Apotheke den Preis selbst bestimmen. „Die Vorteile liegen eigentlich auf der Hand: Es gibt eine Menge Apotheken, also eine gute Infrastruktur, einen bereits bestehenden Transportweg und Expertise“, so Faßbender. Doch bis dahin dürfte es noch ein langer Weg sein.
Text Alexander Weiß
Aus gesundheitlichen Gründe gibt es absolut kein Anlass den Konsum zu legalisieren ! Wie Herrn Dr. Günther Matheis beschreibt , auf keinen Fall bei Jugendlichen. Ich kenne bereits zwei davon welche im alter von 16 bzw. 18 durch Cannabiskonsum an schwere Psychose erkrankt sind, die Folgen sind wohl irreparabel, nach über 10 Jahren immer noch nicht lern oder arbeitsfähig …
Es bleibt für Jugendliche ILLEGAL! oh man..
Und falls jetzt wieder irgendwas kommt… Jugendliche bekommen es heute schon, an jeder Schule und auf den Straßen. Dann lieber legalisieren, dann würden sie wenigstens sauberes bekommen. Wird wie beim Alkohol auch sein, ältere kaufen jüngeren das Zeug.
Aber beim Alkohol der wesentlich gefährlicher ist, interessiert es keinen und ist sogar ab 16 erlaubt zu konsumieren… sorry aber wer das nicht versteht.