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Happy Nowruz! (Das persische Neujahrsfest am 20. März)


Für viele Menschen hat das neue Jahr noch gar nicht angefangen, sondern beginnt erst heute am 20. März, kurz vor Frühlingsanfang am Beginn der Tag und Nachtgleiche. Seit mehr als 3.000 Jahren feiern die Iraner hier ihr Neujahrsfest „Nowruz“. 2009 erklärte es die UNESCO zum Welterbe und seit 2012 steht das Fest auch im Mainzer Veranstaltungskalender.

Das Fest, das im vorislamischen Zoroastrismus entstanden ist, feiern immerhin drei Prozent der Mainzer Bevölkerung, darunter 1.400 Iraner, 4.000 Kurden aus der Türkei, dem Irak und Syrien, Afghanen, Pakistaner und andere Mitbürger aus Mittelasien.

Hoher Planungsaufwand
Während die Organisation unserer Silvesterfeiern überschaubar ist, bedarf das traditionelle Nowruz einigen Planungsaufwands. Anfang März beginnt alles mit einem gründlichen Frühjahrsputz (Khane tekani), bei dem die ganze Familie mitarbeitet. Denn die neue Zeit soll in einer blitzblanken, frisch duftenden Unterkunft beginnen. In einer Verschnaufpause wird ein Teller mit Linsen-, Gersten- oder Weizensaat vorbereitet. Die Samen sollen zu einem grünen Teppich keimen, ihnen kommt als Sabsi (Grünzeug) später noch eine wichtige Rolle zu. Kaum ist die Wohnung in optimalen Zustand versetzt, bricht die ganze Familie zum Nowruz-Einkauf (kharid-i Nowruzi) auf. Alle werden neu eingekleidet, Vorräte an Früchten, Nüssen, Konfekt (Gaz) und Kerzen besorgt, denn während der dreizehn Festtage wollen Familie, Freunde und Nachbarn verpflegt sein. Wer Süßkram mag, dem empfehlen wir den Besuch beim persischen Lebensmittelhändler um die Ecke. Vor dem Neujahrsfest gibt es dort besonders leckeres Gaz, ähnlich türkischem Honig.

Aber auch an Geschenke muss gedacht werden. Zum neuen Jahr verschenken Eltern und Großeltern Geld (eydi) an die jüngsten Familienmitglieder. Zunächst nichts besonderes, so kennen wir es an christlichen Feiertagen auch. Erwähnenswert nur deshalb, weil Scheine wie Münzen druck- bzw. prägefrisch sein müssen. Iranische Banken halten deshalb neue Münzen und Scheine vor. Die Mainzer Volksbank bietet den Service, die neusten Scheine und Münzen aus dem Bestand zu sortieren.

Der geheimnisvolle Gabentisch
Sind die Einkäufe erledigt, wird die Vorbereitung des traditionellen Gabentischs angegangen. Auf dem Tisch stehen sieben Dinge, die mit dem persischen Buchstaben Sin beginnen: Essig (Serkeh), Äpfel (Sib), Knoblauch (Sir), süßer Weizenbrei (Samanu), gemahlene Früchte des Speierlings (Somagh), Mehlbeeren (Senjed) und Sabsi. Diese sieben Komponenten repräsentieren Gott, seine Erzengel und deren Eigenschaften. Komplett wird der Tisch mit Hyazinthen, Kerzen, einer Münze für jedes Familienmitglied, einem Spiegel, einem Goldfischglas, Orangen, Brot, dem Gedichtband von Hafez (bei Moslems dem Koran) und hart gekochten bunten Eiern. Gerade rechtzeitig, denn in den Straßen tanzt schon der rot gekleidete Neujahrs-Botschafter, „Haji-Firuz“. Mit Magierhut, kohlschwarzem Gesicht und Tamburin treibt er Späße mit Passanten.

Der letzte Tag
Der letzte Mittwoch vor Neujahr bricht an, der rote Mittwoch (Chahar-Shanbe-Suri) und die Vorfeiern beginnen. Ein mittelgroßes Feuer wird entzündet, um das sich die Feiernden versammeln. Nacheinander springen alle über das Feuer und rezitieren: „Meine Blässe für dich, deine Röte für mich, meine Kälte ist dir, deine Wärme mir.“ Dieses Spektakel fand am 19. März im Schlachthofs Wiesbaden statt.

Die Nacht verstreicht und es wird Donnerstag. Zum Abendessen gibt es Reis mit Huhn und die letzten Tage vor Nowruz vergehen in angespannter Vorfreude. Ist die Stunde des Jahreswechsels nahe, versammelt sich die Familie vor dem Gabentisch. Jeder hält eine Münze in der Hand und hofft auf Glück im Folgejahr.

Der Beginn des neuen Jahres ist exakt festgelegt und richtet sich nach Teheraner Zeit. Dort beginnt es am 20. März um 8.44 Uhr morgens. Das bedeutet früh aufstehen, denn bei uns ist es dann erst 6.14 Uhr. Die folgenden zwölf Tage sind unzähligen Besuchen bei Verwandten, Freunden und Nachbarn gewidmet. Am dreizehnten Tag enden die Neujahrsfeiern mit einem Picknick im Grünen, nahe einem fließenden Gewässer. Das Anfang März gezogene Grün (Sabsi) wird dabei in den Fluss geworfen. Es hat seine Aufgabe, Krankheit und Unglück zwischen den Blättern zu fangen, erfüllt und der Fluss trägt es weit weg. Und weil der iranische Sonnenkalender 622 nach Christus beginnt, mit der Auswanderung Mohammeds von Mekka nach Medina, wünschen wir allen, deren neues Jahr am 20. März anfängt, ein frohes, gesundes und erfolgreiches Jahr 1392.

von Andreas Coerper