Eine eingezäunte Müllhalde, umrahmt von Gestrüpp, Parkplätzen und Hundehaufen – dieses Bild bietet sich noch rund um den Kransand in Mainz-Kastel auf dem ehemaligen Gelände Naturbaustoffe Menz. Ein Bild, das sich schon bald ins Gegenteil verwandeln soll. Bereits im nächsten Jahr soll hier ein neues 2.500 m² großes Sport- und Freizeitgelände vor allem junge Menschen anlocken und jede Menge Raum bieten.
Das ehemalige Kies-Menz-Gelände liegt westlich der Theodor-Heuss-Brücke direkt am Rhein und bietet eine einzigartige Aussicht auf die Mainzer Stadtkulisse. Letztes Jahr kaufte die Stadt Wiesbaden das Areal von den Mainzer Nachbarn und will es bis 2019 zu einem neuen Trendsportplatz umgestalten. Slackline, Boulderparcours, Tischtennisplatten, eine Ruhezone und eine kleine Gastronomie sind vorgesehen. Vor allem aber kann sich die Skater- Szene freuen, denn auch ein öffentlicher Platz für BMX-Räder und Skateboards soll entstehen. Der Bedarf ist jedenfalls da – auf beiden Seiten des Rheins.
Vorzeige-Planung mit Bürgerbeteiligung
Die Stadt Wiesbaden bot öffentliche Workshops für das Areal an. Von den Skatern holte man sich Rat von Tim Luft, treibende Kraft der Wiesbadener Skateszene, sowie seinen Kollegen Robert Rocho vom Rollsportverein Mainz e.V. und Stefan Weiler, der den Skateshop „asphaltinstrumente“ betreibt. „Die Stadt Wiesbaden ist in den Dialog mit den Bürgern getreten und hat versucht, urbane Kulturen und Freizeittreibende zu erreichen, die in der Umgebung gemeinnützig und mit Herzblut ihre Leidenschaft verfolgen“, sagt Rocho. So konnten sich die Skater für die Umsetzung ihrer Wünsche und Ideen einsetzen.
Protestinitiative fordert „Ballsport statt Skatepark“
Die Opposition ließ nicht lange auf sich warten. In diesem Fall die von Serhat Sen angeführte Initiative „Ballsport statt Skatepark“, mittlerweile umbenannt in „Bürgerbegehren Kein neuer Skateplatz in Kastel“. Sie stören sich daran, dass die Skateanlage mit 40 x 15 Metern die größte Fläche der vorgesehenen Nutzungsmöglichkeiten einnimmt und findet: „Eine Skateanlage dieser Größe steht nicht im Verhältnis zu der kleinen Zielgruppe.“ Nun wollen die „Gegner“ zunächst mit Unterschriften und schließlich mit einem Bürgerbegehren dafür kämpfen, dass auf der Fläche eine Ballsportanlage entsteht. Sie soll für Fußball, Basketball und Volleyball genutzt werden können: „Das bietet einer viel breiteren und durchmischteren Bevölkerungsschicht die Möglichkeit, sich auf dem Areal sportlich zu betätigen.“
Politik bleibt (noch) hart
Die Stadtpolitiker lassen sich bisher noch nicht zu stark von den Argumenten beeindrucken und betonen, dass der Freizeitpark, der weitestgehend autofrei erreichbar sein soll, in erster Linie für Jugendliche und junge Erwachsene konzipiert werden soll. Für alle anderen Altersgruppen gebe es im Stadtgebiet reichlich Angebote. Flächen für ein junges Publikum aber seien Mangelware. Neben den Rampen für die Skater sollen auch Fitness-Geräte wie auf dem Gelände am Wiesbadener Schlachthof aufgestellt werden. Aus Skater-Sicht gibt es keinen Grund für Konflikte mit anderen Sportlern: „Skateboarding vermittelt eine Vielzahl von Kompetenzen und ist alles andere als ein Individualsport. Es fördert die Gemeinschaft, ohne dass es dabei um Sieg oder Niederlage geht. Man entwickelt sich miteinander und nicht gegeneinander“, sagt Robert Rocho. Und auch Tim Luft ist überzeugt: Ein vielseitig gestaltetes Gelände wäre eine Bereicherung für die Lebensqualität aller Bürger.
Bereicherung oder Armutszeugnis?
Auch andere Skater, wie Philipp aus Mainz, sind überzeugt: „Das neue Gelände wird mit Sicherheit angenommen.“ Es gebe zurzeit zu wenige Plätze in der Nähe. Der nächste gute Skatepark sei in Ginsheim-Gustavsburg. Außerdem ist die Lage zwischen Mainz und Wiesbaden für Skater aus beiden Städten günstig. Stefan Weiler ist sogar entrüstet. Es sei „ein Armutszeugnis für die Stadt Mainz, dass die öffentlichen Skateanlagen seit Jahren nicht saniert werden, Wiesbaden das aber locker hinbekommt.“ So wird das neue Gelände auch zum Konkurrenten des alten Skateparks am Kaisertor. Dieser ist schon seit Jahren nicht mehr interessant für die Szene, da er sanierungsbedürftig ist und Verletzungsgefahren birgt. „Sollte gegenüber ein moderner Park entstehen, den wir mitgestalten können, dann wird das definitiv das Publikum verschieben “, glaubt Robert Rocho.
Legale Plätze fehlen
Die Vorfreude ist also groß, vor allem auf Mainzer Seite. Wiesbadener Skater konnten bisher schon recht gut im Kulturpark am Schlachthof zurechtkommen, meint Tim Luft. Und auch die Skatehalle Wiesbaden sei ein gutes Beispiel, dass die Stadt für die urbane Szene viel leistet. Boris Seel von der Skatehalle hofft derweil auf neuen Zuwachs durch das Gelände in Kastel: „Wenn im Sommer mehr Leute durch einen gut konzipierten Park Spaß am Skaten finden, kommen hoffentlich auch mehr Menschen im Winter in die Skatehalle nach Wiesbaden.“ Am Ende entscheidet mal wieder das Geld. Das Budget, das den Mainzern für eine Sanierung des Platzes an der Kaiserstraße fehlt, ist in Wiesbaden vorhanden. Insgesamt 818.000 Euro sind für die Neugestaltung der „Trendsportfläche“ eingeplant. 507.000 Euro kommen aus dem Förderprogramm Kastel/Kostheim. Aus Perspektive der Skater und mit Blick auf die Angebote für junge Leute offenbar gut angelegtes Geld.
Text Alica Bergmann Fotos Rainer Eidemüller