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N`Eis eröffnet heute neue Filiale am Winterhafen – dazu ein Interview mit den Cheffinnen Anke Carduk & Julia von Dreusche

Wie kamt ihr eigentlich auf Eis?

Julia (rechts im Bild): Wir haben während unseres Medienmanagement-Studiums in Mainz zusammengewohnt und hatten schon früh den Traum ein gemeinsames Café zu eröffnen. Allerdings haben wir das anfangs nicht sehr aktiv verfolgt und erstmal nach dem Studium mit „normalen“ Jobs angefangen. Als der Eckladen am Gartenfeldplatz plötzlich frei wurde, hat es sich einfach richtig angefühlt. Wegen der Größe des Ladens kam dann ein Café nicht in Frage und so wurde die Idee des Eisladens geboren. Wir haben dann einfach gegoogelt wie man Eis macht und haben in der Eisfachschule in Werl unser Eisdiplom gemacht. Und irgendwie ging’s dann los.

Wie erklärt ihr euch euren Erfolg?

Julia: Wir haben das am Anfang selbst nicht verstanden. Jeden Tag gab es Schlangen vor unserem Laden. Nach drei Monaten haben wir beide gekündigt und sind seitdem Vollzeit dabei. Ich glaube wir haben den Zahn der Zeit getroffen. Und es gibt nicht viele Alternativen in der Neustadt.
Anke: Und jeder kann sich ein Eis leisten. Und die Qualität ist gut. Wir arbeiten mehr mit natürlichen Sachen, Früchten usw. Viele arbeiten mit Pasten und da wird schon alles fertig angeliefert, auch die Sorte. Wir hacken unsere Äpfel oder den Sellerie noch selbst. Das ist schon hart manchmal.

Heute eröffnet ihr am Winterhafen, neben dem KUZ in einem kleinen denkmalgeschützten ehemaligen Wehrhäuschen. Was erwartet uns dort?

Julia: Ja, das wurde saniert und wird jetzt geöffnet. Wir haben dort zwei Türen, also muss man hoffentlich nicht mehr so viel rumstehen. Sitzplätze gibt es leider keine, aber drum herum gibt es ja viel. Vom Angebot her ist es das gleiche wie in der Neustadt. Auch unseren Farben und der Eule bleiben wir treu. Aber wir werden dort vielleicht auch im Winter aufhaben und dann Kuchen und warme Waffeln anbieten.

Vor zwei Jahren habt ihr die Kugel von 1 Euro auf 1,20 Euro erhöht. Muss das sein?

Anke: Wir mussten leider schon nach einer Saison den Preis erhöhen, um den gestiegenen Rohstoffpreisen entgegenzuwirken. Außerdem haben wir uns damals entschieden, auf neue, recycelbare Becher umzusteigen, weil uns das Thema Müll früh aufgefallen ist. Dadurch, dass wir aber mittlerweile fast 150 Sorten haben, können wir durch eine Mischkalkulation die teuren mit den günstigeren Sorten finanzieren. Allerdings sind wir auch seit drei Jahren immer noch beim gleichen Preis für eine Kugel.
Julia: Wir sind nicht reich, nur weil die Leute draußen Schlange stehen. Wir haben richtig viele Kosten: Personal, Mieten, Maschinen und und und. Auch die neue Location, da müssen wir Kredite für aufnehmen, das zahlen wir nicht einfach aus der Portokasse. Wir beide haben locker eine 60-70 Stunden Woche und rackern uns seit Beginn an ab. Das ist manchmal ein bisschen schade, wenn Leute denken, wir erhöhen die Preise, um „noch reicher“ zu werden.

Was macht ihr sonst gegen Müll und Lärm am Platz?

Anke: Wir haben mit dem Grün- und Ordnungsamt eine erste Lösung erarbeitet und es wurden zwei weitere Tonnen aufgestellt, die montags bis samstags täglich geleert werden. Unsere Aushilfen haben die Aufgabe abends über den Platz zu gehen und den Müll aufzusammeln, der auf die Eimer gestellt wird. Wir versuchen gerade mit unseren Gastronomie-Nachbarn Lösungen für die Zukunft des Gartenfeldplatzes zu finden.
Julia: Leider sehen wir auch oft, dass nicht alle Tonnen auf dem Platz genutzt werden. Lieber wird auf der nächstbesten gestapelt anstatt fünf Schritte zur freien Tonne zu laufen. Alle sollten gemeinsam daran arbeiten, den Platz sauber zu halten.

MENSCH

Wie ergänzt ihr euch?

Anke: Wir sind unterschiedlich in vielen Dingen, aber uns immer auch sehr einig. Mittlerweile müssen wir uns aber mehr aufteilen. Julia ist auf jeden Fall viel ordentlicher als ich.
Julia: Anke übernimmt die Organisation der Veranstaltungen, wie Hochzeitsfeste, Geburtstage oder Firmenfeiern. Da kommen wir dann mit unserem Bus oder Fahrrad. Wir sind auch auf dem Weinmarkt, dem Wilhelmsstraßenfest, mittwochs am Neubrunnenplatz, bei Summer in the City usw. Ich mache mehr den Bürokram. Bei allen wichtigen Entscheidungen stecken wir unsere Köpfe natürlich noch zusammen.
Anke: Ich bin eher der Chaot und Julia bringt die Ordnung rein. So kann man das sagen.

Warum macht ihr so viel? Reicht euch das bisher nicht?

Anke: Eigentlich wollten wir tatsächlich keinen zweiten Laden aufmachen. Aber als wir uns das Wehrhäuschen angeschaut haben, waren wir sofort verliebt. Und Konzerte wie Summer in the City, das finde ich schon cool und will dabei sein. Oder unser Projekt „N’Eis to learn“ ist auch so ein Herzensangelegenheit. Da konnten wir mit Hilfe anderer Firmen und Gastronomen in drei Jahren 20.000 Euro sammeln. Damit haben wir letztes Jahr im November eine Schule in Malawi (Afrika) eröffnet. Das macht schon sehr stolz.
Julia: Wir können auch schlecht Nein sagen. Aber wir nehmen uns das auch so nicht vor, das passiert mehr.
Anke: Aber wir wollen jetzt etwas auf die Bremse treten und uns mit dem neuen Laden mehr strukturieren, was mittlerweile nötig ist.

Wo kann man euch sonst noch treffen?

Anke: Ich wohne mittlerweile in der Altstadt und Julia in der Neustadt. Seitdem wir den Laden haben, sind wir aber leider gar nicht mehr so viel unterwegs. Wir treffen uns gerne mit Freunden zum Kochen oder auf ein Weinchen.
Julia: Durch den Laden leiden leider auch die Hobbys, wie bei mir zum Beispiel Basketball.
Anke: Wir reisen ansonsten gerne noch, bisher meistens in der Winterpause. Bei mir geht es dann am liebsten zum Surfen und Yoga nach Asien.
Julia: Das Reisen bringt uns wieder runter, das tut nach einem stressigen Sommer gut. Unsere Work-Life-Balance ist nämlich leider gerade nicht so ausgewogen.

Was bedeutet das „von“ in „von Dreusche“?

Julia: Oh Gott, das hat mich bisher noch niemand gefragt. Das kommt aus dem nordrhein-westfälischen. Es gibt da mehrere Geschichten. Früher war es ein langer Name und hat sich verkürzt. Oder es war so ein Minikaff, dann wäre das „von“ von daherkommend. Mit Adel hat das nichts zu tun.
Anke: Echt? Ich dachte immer du wärst adelig… (lacht)

Was mögt ihr an Mainz und was nervt euch?

Anke: Ich mag Mainz. Ich bin hier aufgewachsen und habe meine Familie und Freunde hier. Die Stadt ist nicht zu klein und nicht zu groß. Man versucht sich untereinander zu helfen. Ich mag aber auch große Städte. Aber da kann man ja auch sonst mal hinfahren.
Julia: Meine Familie und Freunde wohnen auch hier. Und ich habe einen großen Freundeskreis und viele Bekannte. Ich glaube woanders wäre das auch mit dem Laden schwieriger geworden. In Mainz gibt es wegen der dörflichen Atmosphäre höchstens die Gefahr, dass mal zu viel getratscht wird.

Interview David Gutsche Foto Jana Kay