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Mama ging tanzen: Was wurde aus den Mama&Papa-Tanzpartys?

Die einen hassen sie, die anderen lieben sie: Mama-Partys erobern seit einem halben Jahr auch Mainz. Die Club-Betreiber versprechen sich zusätzliche Einkünfte: Zuerst kommen gegen 20 bis 23 Uhr die Mütter und später dann die normalen Party-People ab 23/24 Uhr. Aber funktioniert das überhaupt? Und wollen Mütter unter sich tanzen? Die Meinungen gehen auseinander und die erste Euphorie ist hier und da verflogen.  Auftakt im Roxy
Gestartet war alles im April, zuerst im Roxy mit der Reihe „Mama geht Tanzen“, ursprünglich gegründet von Anna Schumacher-Stolina und Andrea Rücker aus Wuppertal (30.000 Follower auf Instagram). In Mainz bringt Marit Pahl mit dem Event „Mama geht Tanzen“ frischen Wind in die Eltern-Szene: Alle sechs bis acht Wochen verwandelt sich das Roxy in einen Ort, an dem die überwiegend weiblichen Gäste das Tanzbein schwingen. Inspiriert von den beiden Müttern aus Nordrhein-Westfalen erfasste die gebürtige Norddeutsche den Geist der Veranstaltung und brachte ihn ins Rhein-Main-Gebiet. Die Veranstaltungen sind eine Antwort auf den Wunsch vieler Eltern, das Nachtleben zu genießen, ohne dabei ihre Verantwortungen zu vernachlässigen – ein Balanceakt, den Marit Pahl selbst nur zu gut kennt. Als 37-jährige Berufspilotin und Mutter von zwei, bald drei Kindern, hat sie es geschafft, ihre Leidenschaft für das Fliegen mit dem Familienleben zu vereinbaren. Die Musikauswahl ist dabei so breit gefächert wie das Publikum, mit Fokus auf den Hits der 1990er, 2000er, Hiphop und Charts. Und wer um 23 Uhr noch nicht genug hat, kann danach einfach auf der regulären Party weitertanzen. Marits Vision für „Mama geht Tanzen“ ist einfach und doch kraftvoll: glückliche Frauen und Mütter, die tanzen, wie sie es in ihrer Jugend taten, und sich dabei frei und lebendig fühlen.

In Mainz organisiert Marit Pahl „Mama geht Tanzen“

Kritiken
Doch nicht alle sind von dem Konzept begeistert, so gibt es auch Kritik, vor allem im Netz. Während die einen den „Safe Space“ feiern, kritisieren die anderen, dass das Format nicht genügend Männer einbeziehe, denn die moderne Frau teile sich heutzutage die Kinderbetreuung mit dem Partner: Warum soll sich also eine Partyreihe hauptsächlich an Mütter wenden? Auch Väter müssten am Wochenende morgens wieder früh aus dem Bett. Positiv beschreiben einige Frauen, dass sie weniger Konkurrenzdruck verspüren, denn die Mamas sind unter sich und jede kann anziehen, was sie möchte. Doch anderen Frauen fehlt ohne Männer das Salz in der Suppe und sie fragen sich: „Was sagt das über den Status quo der Gleichberechtigung aus?“ Von veralteten Rollenbildern über Diskriminierung bis hin zu „völlig überflüssig“ ist alles mit dabei…

Nische in Mainz
Und auch sonst halten die Vorstellungen nicht ganz, was sie versprechen, das mussten auch schon andere Clubs erfahren. Im Finns am Südbahnhof machte sich etwa das Team von „Moms Out“ an die Partyreihe, die nach einem halben Jahr floppte: Die Reihe wurde kürzlich eingestellt – zu wenige Besucherinnen. Laut Betriebsleiter Vincent Schmidt hat es am Ende nicht gereicht. Das Finns setzt verstärkt auf Firmen-Events. Das Club-Geschäft sei laut Schmidt nicht mehr das Wahre und vor allem auch die hohe Vergnügungssteuer mache den Clubs zu schaffen. Im Finns arbeitet man daher fast nur noch mit externen Veranstaltern zusammen, um das Risiko zu streuen.

Auch im „Kulturclub schon schön“ lief die Reihe „Come on Mami/Papi, let’s go Party“ nicht ganz so gut wie erhofft. Club-Betreiber Norbert Schön plant das Format dennoch fortzusetzen bzw. unter einem anderen Titel laufen zu lassen. Er denkt an sogenannte Drei-Stunden-Partys bis 23 Uhr – Konzepte, die gerade auch woanders ausprobiert werden. Club-Betreiber erhoffen sich auf diesem Wege weiterhin die Lücke zwischen Vorabend und Nacht-Publikum zu schließen. Am 21. Dezember startet dieses Format demnach im „schon schön“ unter dem Namen „Schön Früh Tanzen“ von 20 bis 23 Uhr für alle, die das Tanzbein früher schwingen wollen. Tanzbares gibt es von Soul über Pop, HipHop, RnB und Indie bis hin zu Gitarrenmusik. Und natürlich kann auch hier länger geblieben werden.
Nur im Roxy boomt „Mama geht Tanzen“ nach wie vor. Betriebsleiter Sasa Dukanovic schwärmt von ausverkauften Nächten und einem „Bonus fürs Hauptgeschäft“. Da das Roxy sowieso die ältere Zielgruppe bedient, gehen die Partys nahtlos ins Nachtgeschäft über. 30 bis 40 Prozent der Gäste blieben länger.

Kinderdiscos!
Einen positiven Nebeneffekt – neben der Erfahrung – hat das Ganze übrigens noch für das „schon schön“. Denn parallel startete man hier eine Kinderdisco, bisher einmal im Monat an einem Sonntagnachmittag für die Kleinen mit Kindermusik, Waffeln, Pommes, Glitzer und Malen. Die Schlange vor dem Club war lang, man kam zum Teil nicht mehr rein. Hier treffen nicht nur Kinder aufeinander, sondern auch die Eltern, die früher oder zum Teil heute immer noch am Wochenende im Club tanzen. Sie sehen sich wieder in anderer Atmosphäre zu Hits wie dem „Krokodil vom Nil“ oder einem Best of „Hurra Kinderlieder“. Die nächste Kinderdisco steigt am 15. Dezember! Und was die „Mama geht Tanzen“-Partys angeht, scheint ein Event genug zu sein für eine Stadt in der Größenordnung von Mainz.

Text: Christina Schwab & David Gutsche

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