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Mainz ist ruiniert – Interview mit den Machern des Ruineé Magazins


von Sebastian Zimmerhackl

Das Ruineé Magazin wird seit 2010 von Neven Allgeier und Benedikt Fischer in Mainz produziert. Es versteht sich als Kunstwerk, das visionäre Denkansätze für die Welt und den Menschen von morgen anbietet. Mittlerweile sind drei hochwertige Ausgaben realisiert.

Was ist das schwierigste am Magazin machen?

Zeit und Geld. Jedes Heft neu erfinden und der Linie dabei treu bleiben. Und durchhalten, obwohl andere Tätigkeiten nahe liegender wirken.

Wie wichtig ist Humor für eure Arbeit?

Humor ist sehr wichtig, während der Entstehung und vor allem beim gemeinsamen Schreiben der Ruiné-Botschaften. Da lachen wir sehr viel. Ruiné greift Gegenwart und Entwicklungen auf, überzeichnet und führt sie ins Absurde. Die Meinung des Magazins ist absolut, eine überspitzte Kunstmeinung, die keine Auswege zulässt. Dabei geht es nicht um den erhobenen Zeigefinger, sondern wir begreifen uns als Teil des allgemeinen Abwärtstrends. Alle sind ruiné, Mensch ist ruiné.

Wie viel Phantasie steckt in einer Ausgabe?

In jedem Heft steckt ein Jahr Arbeit. Wir versuchen, viel Zeit miteinander zu verbringen, an passende Orte zu reisen, viel zu lesen und viel zu reden. Wir recherchieren und konsumieren auch massig, das meiste entwickelt sich aber in unseren Gehirnen. Da entstehen Science-Fiction-artige Ideen. Und das Abbild dieses Prozesses sind die erwähnten Ruiné-Botschaften, umfangreiche Dystopien wie Betondeutschland, die Digitalisierung des Menschen, radikaler Religionsstaat, Google Sex oder Ruiné City.

Welche Utopie habt ihr für das Magazin?

Realistisch gesehen insgesamt zehn Ausgaben zu machen, eine pro Jahr. Ruiné als Gestalterbibel, Sprachrohr und Plattform für uns selbst, unsere Freunde und andere Künstler und Gestalter. Wir möchten mehr an Self-Publishing-Messen und Events teilnehmen und uns mit interessanten Menschen vernetzen. Eher eine unrealistische Utopie ist eine Ruiné-Ranch in Spanien, ein mattschwarzer und ein mattweißer Lamborghini, ein mattschwarzes und ein Perlmutt-Stilett sowie Ruiné-Zentralen mit goldverspiegelten Fenstern in Paris, Moskau und Frankfurt.

Wird es eine Magazin-Ausstellung geben?

Wir hoffen auf eine Ausstellung im Atelier Zukunft im Sommer. Außerdem nehmen wir im Mai an der about-Messe für selbstverlegte Publikationen in Mainz teil. Dort arbeiten wir in einem Workshop mit Studenten der Fachhochschule Mainz zusammen und die Ergebnisse gibt es dann auf der Messe zu sehen.

Was ist das besondere an Mainz in Stichworten?

Junge Szene, überschaubare Szene, gute Vernetzung, mutige Menschen, Mut zur Neugründung. Entscheidung gegen Umzug in eine Metropole. Masterdart, Justice League, Prima Publications, Atelier Zukunft, Ringstube, TipTop Express. Frischer Wind an der Kunsthochschule: Dieses Jahr gab es zum ersten Mal mehr freie Künstler als Lehramt-Studenten, guter Rundgang, leider immer noch zu wenig Aufmerksamkeit und Vernetzung zwischen Kunst- und Fachhochschule. Langsam entstehen auch kulturelle Strukturen in der Stadt, junge Studenten und Absolventen versuchen Sachen aufzubauen, statt wegzuziehen. Es entstehen Kooperationen zwischen Institutionen wie dem Staatstheater oder den Mainzer Museen, zum Beispiel die Zusammenarbeit der Fachhochschule und dem Gutenberg Museum. Insgesamt erschafft eine junge Generation mit viel Engagement und nicht profitorientiert, besondere Projekte. Trotzdem sind in Zukunft auch lockergemachte Gelder wichtig, wenn die Stadt von dieser Begeisterung langfristig profitieren will.

Was wolltet ihr schon immer mal wissen?

Wie viele Autos hat Wesley Snipes? Und die zehn heißesten Momente von Mick Jagger.

www.ruine-magazin.de