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Knall Puff Peng: Mainzer Waffenhändler im Überblick

Im Schaufenster der Gartenfeldstraße 20 (Neustadt) steht ein Motorrad. Kann man es kaufen, kann man es mieten, steckt ein tieferer Sinn dahinter, oder dient das Fenster bloß als Stellplatz? „Das ist einfach nur Deko“, klärt der Besitzer des Gefährts, Kurt Bouras, auf. Ihm gehört auch das dahinter gelegene Geschäft. Hier gibt es er jedoch keine Motorräder, sondern historische Waffen zu kaufen.

Bouras nimmt uns mit in seinen kleinen Verkaufsraum. Fast wie in einem Museum hängen hier Dutzende Gewehre, Revolver und Musketen an den Wänden. Dazwischen Vitrinen mit Erinnerungs- und Sammlerstücken. Ein hölzerner Indianer blickt in die Ferne, über dem Querbalken ein Lasso. „Das sind alles Originale“, erklärt Bouras und zeigt auf einen Pferdesattel: „Der ist zum Beispiel aus den 1890ern.“ Der Wilde Westen hat es Kurt Bouras angetan, nicht nur wegen der Waffen. Bouras‘ Vater arbeitete in den 50ern als Elektriker in der amerikanischen Kaserne in Mainz- Gonsenheim. Über seine amerikanischen Kontakte kommt er damals an die heiß begehrten Jeans von Wrangler und Levi’s und entscheidet 1958 gemeinsam mit seiner Frau, ein Secondhand-Geschäft zu eröffnen (daran erinnert heute noch das „Wrangler“ Schild am Hauseingang). Sohn Kurt, schon als Kind von Cowboys und Indianern begeistert, übernimmt das Geschäft. Über die Kollegen seines Vaters wächst sein Interesse an amerikanischer Geschichte, Artefakten und Waffen. 1983 erhält er seine Handelsgenehmigung und beginnt, in der Gartenfeldstraße statt ausgewaschener Jeans historische Feuerwaffen zu verkaufen. Jeder Revolver und jedes Gewehr in seinem Laden erzählt eine Geschichte – der heute 67-Jährige kennt sie alle. „Man muss in die Thematik reinwachsen“, sagt Bouras, „das Interesse an der Technik und der Geschichte spielt eine wichtige Rolle.“ Bevor Bouras als Händler begann, war er selbst Sammler. Sein Anspruch an die Qualität seines Angebots ist daher ganz einfach: „Ich biete nur das an, was ich auch selbst sammeln würde.“

Kundschaft aus aller Welt

Das Geschäft bekommen nicht viele zu Gesicht, denn Besuche sind aus sicherheitstechnischen Gründen nur nach telefonischer Vereinbarung möglich. Und ganz wichtig, wer dann zu Besuch kommt, muss seine waffenrechtliche Genehmigung dabei haben. Historische Waffen, wie er sie hier verkauft, sind nicht unbedingt etwas für Laufkundschaft. Seine Kunden sind Liebhaber, Sammler aus der ganzen Welt. „Was ich hier verkaufe, sind in erster Linie Raritäten“, erklärt er. In England, Kanada und besonders in den USA ist Kurt Bouras unterwegs auf Waffenmessen und arbeitet seit langem mit USHändlern zusammen. Inzwischen ist das Internet immer mehr zu einem neuen Handelsplatz geworden. Auch dort fehlen „Classic Firearms“ nicht. Denn Waffenfreunde sind eine besondere Spezies: Jäger und Sammler zugleich, wenn sie ein neues Stück suchen. Angefangen hat er mit amerikanischen Waffen, aber dann gab es da etwas Interessantes, dort etwas Seltenes, nicht mehr ausschließlich nur aus den USA; deutsche Waffen wurden zum gesuchten Objekt, dann britische, belgische, französische, spanische – die Schweizer, Österreicher, Italiener, Schweden und Finnen durften nicht fehlen, und so war auf einmal ganz Europa im Angebot. Was fehlte noch? Japan. Also wuchsen die Sammlung weltweit und zugleich das Wissen und der „Riecher“, was beim Sammler ankommt. Der richtige Sammler will mehr: Holster, Zubehör, die berühmten „Schächtelchen“ mit der originalen Munition, nicht zu vergessen das passende Fachbuch. Auch hier ist man bei „Classic Firearms“ an der richtigen Adresse.

Drei Mainzer Waffenhändler

Neben Kurt Bouras gibt es noch zwei weitere Waffenhändler in Mainz – Waffen Frank in der Steingasse und Waffen Bassing in der Augustinerstraße. Bassing, ein Traditionsgeschäft mit beinahe 100-jähriger Geschichte, verkauft neben Jagd- und Sportwaffen auch Schreckschusspistolen, Messer, Luftgewehre und Pfefferspray, für die man lediglich einen „kleinen Waffenschein“ benötigt. Man will jedoch keine Öffentlichkeit, wie uns bei einem Besuch im letzten Jahr mitgeteilt wurde. Waffen Frank hat sich unterdessen auf gebrauchte Jagd-, Sport- und Sammlerwaffen spezialisiert, bietet aber auch Neuwaffen und Reparaturen. Alle Mitarbeiter sind Sportschützen oder Jäger, Besitzer Christoph Frank sogar ausgebildeter Büchsenmacher. Ein Handwerk, das in seiner Familie eine lange Geschichte hat. Unter dem Motto „Tradition bewahren und Fachkompetenz täglich neu erarbeiten“ ist der Laden in der Steingasse seit 1951 in Familienbesitz. Ebenso wie bei Kurt Bouras muss hier jeder Käufer seine Waffenbesitzkarte vorlegen. Die wird in Mainz durch die untere Jagdbehörde des Kreises Mainz-Bingen erteilt, ebenso der kleine Waffenschein.

Heißes Eisen

Ob als Jagdwaffe, Sportgerät oder zur potenziellen Selbstverteidigung – Waffen sind in Deutschland ein heikles Thema. Vielen machen sie Angst, andere sind fasziniert von ihnen. Insgesamt 5,37 Mio. Waffen sind in Deutschland registriert, die meisten davon Jagdgewehre, Büchsen und Flinten. Verteilt auf eine relativ kleine Gruppe von 1,45 Mio. Waffenbesitzern, also etwa 4 Waffen pro Person. Dass sie ursprünglich und auch heute weltweit in erster Linie als Tötungswerkzeug dienen, hören manche Waffenbesitzer nicht gerne, was es zuweilen schwierig macht, sich mit ihnen zu unterhalten. Die Mainzer Waffenhändler haben ein reflektiertes Verhältnis zu ihrer Ware. Für Kurt Bouras sind es Zeugen der Geschichte, für Waffen Frank das Ergebnis hoher Handwerkskunst. Im Verkauf sind sie verantwortungsvoll, wobei ihnen das deutsche Waffenrecht auch nicht viel Spielraum lässt. Die Verantwortung liegt zuletzt bei den Käufern, die sicherstellen müssen, dass ihre Waffen nicht in die falschen Hände geraten.

Text Ida Schelenz Fotos Stephan Dinges