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Hinter Gittern: Auf den Spuren von ehemaligen Haftanstalten in Mainz

Dieses Bürogebäude Nähe Rheinufer war das letzte große Gefängnis von Mainz

Schon seit über zwanzig Jahren gibt es in Mainz kein Gefängnis mehr. Damals wurde die Justizvollzugsanstalt (JVA) geschlossen und ins rheinhessische Umland verlegt. Doch die Geschichte von Zucht-, Arresthäusern und anderen Gefängnissen in der Mainzer Innenstadt reicht Jahrhunderte zurück.

Hinter Schloss und Riegel
Ihren Spuren folgt der Stadtrundgang „Hinter Schloss und Riegel – Gefängnisse in Mainz“ des Vereins „Geographie für alle e.V. – Stattreisen“. Er ist unter diesem Aspekt einzigartig in Mainz. Tourguide Jörg Burkard, seit 35 Jahren beim „Zentralen Vollzugs- und Ermittlungsdienst“ der Stadt tätig, hat somit auch einen persönlichen Bezug zur Thematik. Der etwa zweistündige Rundgang startet am Holztorturm in der Altstadt und endet vor der ehemaligen JVA Mainz im Bleichenviertel.

Orte von Schinderhannes & Co.
Wie alle Türme der Stadtbefestigung wurde der Holzturm in der Rheinstraße mit Beginn der Neuzeit als Gefängnis genutzt. Als solches gelangte er 1803 zu stadtübergreifender Berühmtheit, als dort Johannes Bückler alias Schinderhannes bis zu seinem Todesurteil einsaß. Weniger bekannt dürfte vielen dagegen das alte Mainzer Zuchthaus in der Kappelhofgasse um die Ecke sein. Auf der Rückseite des heutigen Altersheims lassen die original erhaltenen Eisengitter vor den Fenstern noch darauf schließen, dass es mal ein Zuchthaus war. Mitte des 18. Jahrhunderts nahm es ein riesiges Areal in der Altstadt ein. Das ehemalige Eingangstor, über dem noch ein steinernes Relief aus dieser Zeit prangt, befindet sich in der früheren Zuchthausgasse. Sie wurde 1880 zur Weintorstraße umbenannt, da unter dieser Adresse niemand wohnen wollte, so Burkard. Zeichnungen, alte Fotos und Zitate von Zeitzeugen, die er in einer Mappe mit sich führt, vermitteln einen detaillierten Eindruck der damaligen Zustände und Haftbedingungen.

Schuldner und Verfolgte
Die nächste Station unterhalb des Marktplatzes ist leicht zu übersehen. Nur die Markierung des Grundrisses im Kopfsteinpflaster erinnert dort noch an den Fischtorturm, in dem früher Schuldner absitzen mussten. Der nahe gelegene Eisenturm erhebt sich auch heute noch in imposanter Höhe gegenüber der Rheingoldhalle; er diente ab dem 17. Jahrhundert als Gefängnis für politische Gefangene. Jörg Burkard liefert Details zu Historie und berühmten Insassen. Weiter geht es zum früheren Arresthaus in der Ottiliengasse hinter dem Kaufhof, das 1834 in Betrieb genommen wurde. Heute ist es ein Wohnhaus, dem man die Vergangenheit nicht mehr ansieht. Über Jahrzehnte wurden hier Untersuchungs- und Langzeithäftlinge untergebracht. Bis 1960 wurde es noch als Abschiebegefängnis genutzt und diente auch als Zwischenstation für Häftlinge, die in eine andere Haftanstalt verlegt wurden. Es befindet sich auf der Rückseite des pompösen ehemaligen Justizpalastes, dem Neuen Dalbergerhof in der Klarastraße. Zur Zeit des Nationalsozialismus waren im Keller des heutigen Luxuswohnhauses mit barocker Fassade fast 2.000 politische Gefangene untergebracht, aber auch viele Juden, die von dort in Konzentrationslager überführt wurden. Zeitzeugenberichte aus diesem dunklen Kapitel der Vergangenheit erspart Burkard nicht.

Dieses Bürogebäude Nähe Rheinufer war das letzte große Gefängnis von Mainz

Sanierte Verwaltung
Von dort geht es zur Endstation des Rundgangs, der ehemaligen Justizvollzugsanstalt in der Diether-von-Isenburg-Straße. Leicht erschöpft von den berichteten oft grausamen Details des Strafvollzugs lauschen die Teilnehmer der langen und bewegten Geschichte dieses Hauses, das heute doch recht schön saniert Teile der Landesverwaltung beherbergt. Einst war es auch als Studentenwohnheim geplant, doch man entschied sich letztlich anders. Vielleicht auch hier aus Sorge, ob jemand in einem ehemaligen Gefängnis wohnen möchte. Für besonders zarte Gemüter sei die Tour vielleicht nichts, meint jedenfalls Jörg Burkard. Einen anderen Blick auf die Stadtgeschichte eröffnet sie auf jeden Fall.

Text Tina Jackmuth