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Geschäft des Monats: Konditorei Nolda

von Monica Bege
Fotos: Katharina Dubno

Sahne, Grundlage für leckere Torten, aufgeschlagen wird sie im Kuhstall – im ehemaligen. Koch Franz Nolda erbte den Bauernhof seines Onkels und eröffnete 1919 eine Bäckerei. Sein Sprössling Gustav, lieber wäre er Studienrat geworden, sah notgedrungen ein, dass in den Wirren des zweiten Weltkrieges weniger Akademiker denn Bäcker benötigt werden. Der heute 91-Jährige schrieb kürzlich seine Memoiren im Selbstverlag und wohnt altengerecht gegenüber der Konditorei. Seit 27 Jahren liegt diese in den Händen von Sohn Hans-Joachim. In naher Zukunft wird dessen Sohn Sebastian, ebenfalls Konditor, das Ruder übernehmen. Die womöglich fünfte Generation rutscht bereits im anheimelnden Duft frisch gebackener Brote mit dem Bobbycar über den Innenhof. Die Noldas schätzen die Nähe zur Arbeit – bis auf Gustav wohnen alle auf dem Konditoreigelände und der Urgroßvater kommt gerne auf eine Tasse Kaffee und einen Plausch über die Straße.

Fleißige Maschine Erika

Um vier Uhr in der Früh legen die Bäcker den Hebel der Knetmaschine um, gegen halb sieben gesellen sich die Konditoren dazu. Ehefrau Doris kümmert sich mit vier Angestellten um den Verkauf. Walken, formen, backen – manchmal wird’s mit zehn Meistern, Gesellen und Lehrlingen in der Backstube eng, aber jeder hat seinen Platz. Viele Ecken der vier im Hinterhof aneinander gereihten Arbeitsräume nebst Küche sind vom Charme der 50er Jahre durchwirkt: ein Buffet mit pastellfarbenen Türen, an der Wand ein geschichtsträchtiges Schränkchen und Erika, die dienstälteste Maschine. Mit rund 70 Jahren rollt sie unermüdlich dreißig Teigstücke gleichzeitig zu Kugeln „… und geht einfach nicht kaputt“, stellt Konditormeister Hans-Joachim Nolda fest.

Zuckerbäckereien

Pralinen, Eis und Schokoladenhohlfiguren aus eigener Herstellung – letzteres die alleinige Domäne von Sebastian. „Negativformen auspinseln liegt ihm eindeutig besser als mir“, so der Vater. Qualität alter Hausrezepte: Für Käsesahnetorten wandern hälftig Magerquark und handgeschöpfter Schichtkäse in die Rührschüsseln. Ab Mitte Oktober geben Mandelmakronen, Schokoplätzchen & Co. auf den großen Blechen ihr Stelldichein und Riesenberge Christstollenteig warten auf ihre Zubereitung. „Mindestens einen Monat lagern, dann schmeckt er besser“, rät der 61-Jährige seinen Kunden. Die köstliche Schoko-Tarte und die flach gehaltene Engadiner-Torte, ein ausgefallenes reines Walnuss-Karamell-Gebäck – keine Ganzjahresgäste, aber Verlockungen, denen man schwer widerstehen kann. Auch im Sortiment: Hochzeits-torten. Die kausale Verbindung zwischen einem zu steilen Weinberg und einer verrutschten Torte im Kofferraum musste Hans-Joachim einst erfahren. „Da kommt Panik auf. Innerhalb einer Stunde alles neu zusammengesetzt und ausgeliefert – niemand hat’s gemerkt. Jeden Tag geht irgendwas schief, dann muss man eben improvisieren“, für Hans-Joachim gehört dieses Talent zum Beruf.

Beat & Brot

Nicht nur Konditor aus Passion, auch der Musik gilt seine Leidenschaft. In der rückwärtigen Scheune rocken mittwochs fünf Männer im schallgedämpften Proberaum bis spät in die Nacht. Nolda an Saxophon und Keyboard – der Alltag ist vergessen. „Sixties & More“ ihr Name, damit tragen sie sowohl ihrem Musikstil als auch dem eigenen Altersdurchschnitt Rechnung. Bereits mit „The Roots“ standen sie auf der Bühne und in jungen Jahren spielte Nolda auch mit Stars wie James Last, Jürgen Drews und Joy Fleming. Die Musik lockte, doch der Familienbetrieb war wichtiger. Herr Nolda, eine letzte Frage: Was macht einen guten Laib Brot aus? „Herzhafter Geschmack und eine knusprige Kruste.“ Was das Brot angehe, habe er eine Hobbywerkstatt. Er schmunzelt. Hundert Prozent Handarbeit. So werden auch die Kreppel alljährlich bis kurz nach Fastnacht manuell gefüllt. Allseits eine leckere Weihnachtszeit!