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Geänderte Rahmenbedingungen: Aus für die Deponie „Steinbruch Laubenheim“

Ein jahreslanges Tauziehen hat ein Ende: Janina Steinkrüger, die neue Dezernentin für Umwelt, Grün, Energie und Verkehr verkündete heute das Aus für die Planung einer Bauschutt- / Mülldeponie im Laubenheimer Steinbruch und schloss sich damit in Teilen den Argumenten der Bürgerinitiative an. Die Rahmenbedingungen hätten sich schlichtweg geändert, Mainz brauche aktuell keine eigene Deponie mehr. Der Steinbruch wird weiterhin mit unbelastetem Bodenaushub verfüllt und soll künftig, geht es nach dem Willen der Dezernentin, naturnah und zur Naherholung verbleiben. Der Stadtrat muss noch zustimmen, dass sein einstiger Beschluss zurückgenommen wird.

Seit 2010 verfügte die Stadt Mainz über keine eigene Deponie, auf der man nicht brennbare, nicht verwertbare Bauabfälle ablagern kann. Daher reagierte der Entsorgungsbetrieb als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger und suchte entsprechend seiner gesetzlichen Verpflichtung nach einer Lösung für mineralische Abfälle aus Mainz und dem Landkreis Mainz-Bingen. Ziel war es dabei, für Mainzer Bürger, die Stadtverwaltung selbst als auch Gewerbeunternehmen, die bauen wollten, zu fairen, angemessenen Preisen, auf kurzen und wenig umweltbelastenden Transportwegen eine lokale Lösung anzubieten.

Wiesbaden lehnte 2015 die Annahme der mineralischen Abfälle aus Mainz auf Anfrage des Entsorgungsbetriebes ab. Andere Entsorgungsmöglichkeiten, zu denen Gespräche in der Vergangenheit stattfanden, hatten den Nachteil von langen Transportwegen oder erhöhten Entsorgungspreisen. Seinerzeit war auch die Zukunft der Deponie in Framersheim  ungewiss.

Nun ist alles anders: In Wiesbaden wurden in der Zwischenzeit drei Planfeststellungsverfahren zur Schaffung zusätzlicher Entsorgungskapazitäten durchgeführt. Der Entsorgungsbetrieb der Landeshauptstadt Wiesbaden (ELW) erklärte aktuell, dass die Erweiterung der Dyckerhoff-Deponie genehmigt wurde. Dadurch stehen regional neue Entsorgungskapazitäten zur Verfügung. Aus diesem Grunde ist die Landeshauptstadt Mainz erneut auf den ELW zugegangen und hat Verhandlungen über eine interkommunale Zusammenarbeit aufgenommen.

Hinzu kommt: Die Mainzer Deponie wurde als Entsorgungsmöglichkeit für die Mombacher Hochstraße vorgesehen. In der Diskussion um den Bau der Deponie im Laubenheimer Steinbruch schloss der Stadtrat trotz Zulässigkeit nach der Deponieverordnung Asbest und Schlacke aus der Müllverbrennungsanlage aus. Neueste Untersuchungen der Hochstraße weisen eine Belastung des Bauwerks mit Asbest nach. Es ist davon auszugehen, dass das Bauwerk baugleich mit der Hochstraße in Ludwigshafen ist. Dies bedeutet, dass das Asbest so in der Hochstraße verbaut ist, dass eine Abtrennung der Asbestbestandteile nicht möglich ist. Damit sei eine Ablagerung im Laubenheimer Steinbruch höchstwahrscheinlich ausgeschlossen.

Im Laufe des Bebauungsplanverfahrens zur Hechtsheimer Höhe (He 130) kam zudem durch hydrologische Gutachten die Frage nach der Stabilität des Hangs auf. Hierzu werden aktuell weitere Untersuchungen durchgeführt, für eine zusätzliche Stabilisierung kann je nach Ergebnis auf verschiedene technische Lösungen zurückgegriffen werden.

Nach Einschätzung der Genehmigungsbehörde SGD Süd stellt dies kein K.o.- Kriterium für die Planungen zum Bau der Deponie dar, allerdings sind die weiteren notwendigen Untersuchungen sehr zeitintensiv. Wie sich dies auf die Investitionskosten auswirken würde, ist wiederum derzeit nicht absehbar.

Der Entsorgungsbetrieb der Stadt Mainz und die Verwaltung hatten seinerzeit eine zeitnahe Verfüllung zugesagt und dies im damaligen Stadtratsbeschluss mit aufgenommen. Aufgrund der geänderten Entsorgungsmöglichkeiten in Wiesbaden, der asbestbelasteten Hochbrücke sowie der zeitlichen Komponente durch zusätzlich erforderliche Gutachten und den damit verbundenen Verzug für die Rekultivierung des Steinbruchs hat sich das Umweltdezernat daher entschieden, das Projekt Deponie im Laubenheimer Steinbruch zu beenden: „Es bleibt zu hoffen, dass auf Bundesebene – und dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der Klimaneutralität – der künftige Einsatz von Recyclingbaustoffen deutlich stärker an Fahrt aufnimmt und deren Verwendung künftig gesetzlich vorgeschrieben wird. Der Entsorgungsbetrieb ist sowohl mit dem Umweltbildungszentrum als auch dem neuen Verwaltungsgebäude hier einen vorbildlichen Weg gegangen, der aber leider immer noch die Ausnahme darstellt“, betont Umweltdezernentin Janina Steinkrüger.

Interessant hierbei, dass ein Stadtratsbeschluss also offenbar nicht heilig ist und feststeht, wie die Stadtverwaltung bei ihr wichtigen Projekten immer wieder betont, sondern aufgrund geänderter Rahmenbedingungen etc. auch zurückgenommen werden kann. Dies wird auf der nächsten Stadtratssitzung im Juli erwartet. Steinkrüger habe bereits positive Signale aus der Ampel-Koalition erhalten.

SPD Weisenau begrüßt Aus der Deponie Laubenheim-Nord / Naherholungsgebiet jetzt voranbringen

Die Weisenauer SPD begrüßt die Entscheidung des Stadtvorstands, keine Deponie im ehemaligen Steinbruch Laubenheim-Nord einzurichten. „Dies ist ein wichtiger Schritt für die Lebensqualität und die Attraktivität von Weisenau,“, so der Vorsitzende der Weisenauer SPD, Alexander Quis.

„Die Entscheidung des Stadtvorstands um Oberbürgermeister Michael Ebling und Umweltdezernentin Janina Steinkrüger ist vollkommen richtig. Schon zu Beginn der Planungen war der Widerstand in der Bevölkerung unseres Stadtteils sowie im Ortsbeirat groß. Viele befürchteten unüberschaubare Risiken für Umwelt und Bewohnerinnen und Bewohner, da die Deponie direkt an ein Wohngebiet gegrenzt hätte. Zudem bestanden von Beginn an große Zweifel bezüglich der Wirtschaftlichkeit, insbesondere vor dem Hintergrund, dass in unmittelbarer Nähe bereits eine geeignete Deponie ist. Alles Punkte, die lange bekannt waren. Die jetzige Entscheidung zeigt, dass unser Standpunkt von Anfang an richtig war und wir sind erleichtert, dass die Pläne nicht weiter verfolgt werden“, so  Quis weiter.

Aus Protest gegen das Projekt hatte sich ebenso die Bürgerinitiative „MAINZ21 Nein zur Mülldeponie in Mainz e.V.“ gegründet, zu deren Gründungsmitgliedern auch die stellvertretende Vorsitzende der Weisenauer SPD, Dr. Gitta Weber gehört. Die Bürgerinitative habe über viele Jahre hinweg das Vorhaben kritisch begleitet. Die SPD Weisenau, die SPD-Ortsbeiratsfraktion und die SPD-Stadtratsfraktion haben über die Jahre immer wieder den Dialog mit dem Stadtvorstand gesucht, um den Standpunkten und den Argumenten der Bürgerinnen und Bürger von Weisenau Gehör zu verschaffen. Leider wären damals weder Entsorgungsbetriebe noch die damalige Umweltdezernentin Katrin Eder bereit gewesen, sich mit diesen Argumenten auseinanderzusetzen sondern hätten die Deponie zu ihrem Prestigeobjekt erklärt. Dieses sei jetzt gescheitert.

Ralf Kehrein, Ortsvorsteher von Weisenau, ergänzt: „Es war ein langer Weg, aber das Ende des Projekts ist ein Gewinn für alle Weisenauerinnen und Weisenauer und unser Engagement hat sich gelohnt.“

Die SPD Weisenau blickt nun nach vorne: „Jetzt müssen wir wieder zu den ursprünglichen Plänen der Renaturierung des Steinbruchs zurückkehren. Damit kann das Naherholungsgebiet, das den Weisenauerinnen und Weisenauern versprochen wurde und auf das sie seit Jahren warten, endlich in Angriff genommen werden. Hierfür werden wir uns jetzt einsetzen“, erklärt Quis.

SPD Mainz begrüßt neue Entwicklung

Auch die Mainzer SPD begrüßt die neue Entwicklung zum Steinbruch in Laubenheim. „Neue Erkenntnisse erfordern neues Nachdenken und neue Entscheidungen“, erklärte die Co-Vorsitzende der Mainzer SPD Mareike von Jungenfeld. „Es gab immer kritische Stimmen in der Partei zu der geplanten Bauschutt-Deponie in Laubenheim. Diese Stimmen dürfen sich bestätigt sehen. Sie waren Teil des bürgerschaftlichen Engagements in dieser Diskussion. Viele werden jetzt erleichtert sein.“
„Jetzt stehe eine neue Frage im Vordergrund: Wie soll das Areal für die Zukunft weiterentwickelt werden?“ erklärte von Jungenfeld weiter. „Die Antwort bedarf eingehender Überlegungen und einem offenen Beteiligungsprozess. Auch müssen neue Gutachten abgewartet werden. Auf jeden Fall bieten sich jetzt neue Möglichkeiten. Dies gilt es als Chance für das Areal und die Umgebung zu begreifen. Es ist an uns, die umsetzbaren Möglichkeiten mit zu bestimmen und dann auch eine zu verwirklichen“.

ÖDP begrüßt das Aus
Die ÖDP-Stadtratsfraktion begrüßt das Aus für das Vorhaben einer geplanten Bauschuttdeponie für die Deponieklassen I und II im Laubenheimer Steinbruch. Die ÖDP wird einen solchen Stadtratsbeschluss grundsätzlich unterstützen. ÖDP-Fraktionsvorsitzender Dr. Claudius Moseler dazu: „Wir haben jahrelang gemeinsam mit der Bürgerinitiative Mainz21 darauf hingewiesen, dass ein solches Projekt in einem dicht besiedelten Raum nicht nachhaltig sein kann. Das bisherige sture Festhalten der Ampel-Fraktionen und der CDU im Stadtrat zur Ablagerung von belasteten Bauschutt erweist sich nun offenbar als schwerer Fehler.“ Auch wurde immer auf die Problematik der hydrologischen Gegebenheiten und der Hangstabilität hingewiesen. „Wir begrüßen, dass jetzt interkommunale Projekte für die Entsorgung des Bauschutts initiiert werden. Jetzt muss aber auch transparent gemacht werden, wie es mit dem Weisenauer Steinbruch unter den neuen Rahmenbedingungen überhaupt weitergeht. Hier brauchen wir Lösungen für die Natur und die Menschen.“

CDU begrüßt die Beendigung des Projekts und fordert Alternativen zu prüfen

Auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Hannsgeorg Schönig begrüßt diesen Schritt. „Die CDU hatte das Projekt nur mit großen Bedenken mitgetragen, da es nicht unumstritten war, aber für die CDU die Entsorgungssicherheit auch ein wesentliches Argument darstellt“, erklärt Schönig. Immer wieder seien kritische Stimmen laut geworden, insbesondere im Hinblick auf die bestehende und zukünftige Wohnbebauung in der Nachbarschaft. Diese Bedenken habe die Stadt nie ausräumen können.

Auch der CDU-Kreisvorsitzende Thomas Gerster zeigt sich zufrieden, dass es keine Deponie in Laubenheim geben soll. „Die Stadt hat sich mit dem Projekt verrannt“, so Gerster. Im Hinblick auf die Schadstoffbelastung der Hochbrücke und die Ausweitung der Entsorgungskapazitäten in der Deponie in Wiesbaden sei der Stopp des Vorhabens nur folgerichtig. „Die CDU ist froh, dass die Entsorgungssituation regional gesichert ist“, sagt Gerster. Jetzt könnten Alternativen, die zunächst vorschnell abgelehnt worden waren, ernsthaft geprüft werden. Beispielsweise sei hier der Vorschlag eines Badesees zu nennen. Das ursprüngliche Argument, dass ein Badesee aus Sicht des Grundwasserschutzes nicht umsetzbar sei, klinge wenig überzeugend. Schließlich werde in der Region rund um die Gemeinde Eich bei Worms trotz vieler Badeseen in der Nähe Trinkwasser gefördert – auch durch die Mainzer Stadtwerke. „Es ist zwar ärgerlich, dass für die Planungen der Deponie bereits Geld ausgegeben wurde, aber nun ergeben sich neue Möglichkeiten für die Stadt Mainz und für die Bürgerinnen und Bürger von Laubenheim, Hechtsheim und Weisenau“, so Gerster abschließend.