von Ejo Eckerle:
Mit frischer Skipisten-Bräune im Gesicht ist er soeben aus Saas Fee zurückgekehrt. In dem mondänen Schweizer Wintersportort war Frank Buchholz auf einem Gipfeltreffen der Spitzenköche zu Gast. Sozusagen das Weltwirtschaftsforum der ersten Liga der Weiß-Mützen-Träger; eine Mischung aus Familientreffen, Branchenmeeting und PR-Schaulaufen. Der 48-jährige Vater von zwei Kindern (13 und 16 Jahre) hat Spaß an so was, er ist gerne unter Leuten. Wie sieht der gebürtige Ruhrpottler (Dortmund) den Zustand der Sterne-Gastronomie?
„Der Anspruch der Leute ist hoch, aber die Preise halten nicht mit. Wir haben die Fixkosten eines Handwerkers, liegen aber bei den Stundenlöhnen weit dahinter. Das Essen hier habe ich zwei Tage vorbereitet. Wenn ich das in Rechnung stellen würde, bekämen meine Freunde Tränen in die Augen.“ Stillstand kennt der Mann nicht. Während unseres Gesprächs schnippelt, tranchiert und brät Buchholz was das Zeug hält, was für ihn grundsätzlich kein größeres Problem darstellt: „Ich kann drei Dinge gleichzeitig.“
Dem Multitasking-Sternekoch fehlt es nicht am nötigen Selbstbewusstsein. Sternekoch? Hat der nicht…? „Sternekoch bleibt man sein Leben lang“, rückt er Behauptungen gerade, die davon künden, er habe seinen Guide-Michelin-Stern zurückgegeben. Dabei hat er nur das dazugehörige Restaurant in Gonsenheim geschlossen. Und selbst das stimmt nur zum Teil. Der Herd, soviel ist sicher, wird dort nicht so schnell kalt.
Spaß am Leben
Die Lammfilets, die er nun mit sicherer Hand und Hingabe zerteilt, haben einen weiten Weg hinter sich. Sie stammen von Tieren an der Müritz, oben in Mecklenburg-Vorpommern. Die Schafe hatten ein gutes Leben, bevor sie in der Pfanne landeten. Müritz- Lämmer wachsen stressfrei auf, im biologischen Kreislauf weitgehend unberührter Natur. Solche Detail sind Buchholz wichtig: „Ich esse nichts, was gequält wurde.“ Fleisch vom Feinsten, begehrt von Gourmet- Köchen in ganz Deutschland.
Buchholz, Sohn der Unnaer Gastronomin Doris Gala, wollte eigentlich einen kaufmännischen Beruf erlernen. Da er jedoch keine Lehrstelle als Hotelkaufmann erhielt, nahm er eine als Koch an. Von 1986 bis 1996 absolvierte er seine Ausbildung bei Franz Feckl, Heinz Winkler und Gerd Käfer, unter anderem in den Käfer- Stuben in München, Palma de Mallorca und Mailand. Anschließend war er von 1996 bis 99 Maitre de Cuisine des Brückenkellers in Frankfurt.
Bekanntheit erlangte er durch die Fernsehkochsendung „Kochduell“ sowie durch die „Beef Buddies“ auf ZDFneo. 1999 wurde er von Gault-Millau als innovativster Koch des Jahres mit 3 Mützen und 17 Punkten ausgezeichnet. 2007 dann wurde sein Restaurant Buchholz mit einem Michelinstern ausgezeichnet. In seinem Gonsenheimer Nobel-Gastrotempel gab sich die Prominenz die Klinke in die Hand: zwei Bundespräsidenten, Angela Merkel; die Außenminister Frank Walter Steinmeier und Henry Kissinger ließen es sich hier gut gehen. Auch Ex-Ministerpräsident Kurt Beck war unter den Gästen. „Kein guter Esser, mengenmäßig schon, aber nicht so sehr was Qualität angeht.“
Buchholz kann schwer mit seiner Meinung hinter dem Berg halten. Ein Buch will er schreiben. Da steht dann alles drin. Ja, wirklich alles: „Ich werde denunzieren.“ Stoff genug hat er. Doch Frank Buchholz möchte einen Teil seines Lebens ab jetzt mit Dingen verbringen, an denen er Spaß hat. Dazu gehört durchaus auch so etwas wie Arbeit. Die geht ihm sowieso nicht aus: ob montags im Baden-Badener Studio des SWR, um das ARD-Buffet anzurichten, an einem Abend wie diesem 14 Freunde und Geschäftspartner zu bewirten oder sich um das Bootshaus am Winterhafen zu kümmern.
Seit Kurzem betreibt er auch noch einen kleinen Delikatessenhandel (das Weinlager) schräg gegenüber von seinem Restaurant in Gonsenheim. Buchholz, der, wir erwähnten es schon, Stillstand hasst, wird in Zukunft zudem häufiger unterwegs sein, unter anderem mit einem umgebauten alten DDR-Wohnwagen der Marke „Nagetusch“. Der rundliche Einachser dient als mobile Küche für Weinfeste und andere Events. Bedeckt hält sich der Erfolgsgastronom über weitere Projekte. Aber, so viel verrät er immerhin, plant er etwas für jüngere Gäste: „Gutes Essen, erschwinglich.“ Ein Ort in der Stadt, wo genau, sagt er nicht: „Das muss erst noch gebaut werden.“ Also wieder nachfragen, in zwei oder drei Jahren.
Kochschule & Event-Location
Seine Entscheidung, die Sterne-Gastronomie an den Nagel zu hängen, war keineswegs ein Spontan-Entschluss. Bereits seit drei Jahren gärte es in ihm. Als es Ende 2015 dann so weit war, kullerten bei manchen Stammgästen die Tränen und andere, die sich jahrelang nicht blicken ließen, „kamen plötzlich wieder aus ihren Löchern“. Leid täte es ihm um die vielen Mitarbeitern, die gegangen seien, weil sie das neue Konzept nicht mittragen wollten.
Das neue Konzept, tja, was ist das eigentlich? Kurz gesagt: Das „Buchholz“ ist künftig eine Kochschule und eine Location für besondere Anlässe. Das kleine Häuschen, das bisher für die Gourmet-Lehrgänge als Schulungsstätte diente, wird zu einer Wohnung umgebaut. Die Kurse umfassen maximal 12 Personen, dazu können noch einmal so viele Freunde und Partner kommen. Zwischen 100 und 300 Euro muss man anlegen, um von Buchholz in die höheren Sphären der Kochkunst eingeweiht zu werden. Jeder Kurs steht unter einem Thema, sei es Fisch, Krustentiere oder Grillen.
Das „Buchholz“ im alten Ortskern von Gonsenheim war eine gastronomische Institution und als es in Mainz entstand ein Novum. Mit hochwertigem Essen zu entsprechenden Preisen machte sich Buchholz zunächst nicht nur Freunde: „Da haben sie mich erstmal an die Wand gestellt.“ Keine drei Monate werde er durchhalten, spotteten Neider und Konkurrenten. Doch Trotz, Zähigkeit und Können waren stärker. Es wurden schließlich fünf Jahre, bevor er dieses arbeitsintensive Kapitel für sich nun beendete.
Foto hbz/Jörg Henkel