Direkt zum Inhalt wechseln
|

Fußball: Mainz 05 – Rekordumsatz und Angst um den Vereinsstatus

Aus der Allgemeinen Zeitung von Julia Sloboda und Dennis Rink:

Vier Stunden, viele positive Zahlen, einige Diskussionen – und ein drohender Rechtsstreit. So lässt sich die Mitgliederversammlung des 1. FSV Mainz 05 zusammenfassen.
Der Verein hat auf seiner Mitgliederversammlung erneut einen Rekordumsatz vermeldet. Dafür droht ein Rechtsstreit mit dem Amtsgericht Mainz. Doch der Reihe nach: Das Geschäftsjahr 2017/18 schloss der Fußball-Bundesligist mit einem Umsatz von 114,1 Millionen Euro und einem Jahresüberschuss nach Steuern von 3,3 Millionen Euro ab. Im vergangenen Jahr hatte das Ergebnis noch bei 110 Millionen Euro gelegen. Damit ist der Verein in den vergangenen neun Jahren stetig gewachsen. In der Saison 2009/10 lag der Umsatz noch bei 32,2 Millionen Euro.
„Wenn man sich die Entwicklung der vergangenen Jahre ansieht, ist das schon außergewöhnlich“, sagte der kaufmännische Vorstand Dr. Jan Lehmann. „Damit haben wir bewiesen, dass man auch ohne Verluste in der Bundesliga bestehen kann.“
Das Ergebnis setzt sich zusammen aus den Erträgen aus TV-Geldern und Medienverwertungen (53,6 Millionen Euro), Sponsoring und Hospitality (19,2), Ticketing (8,8), Transfers (26,8) und sonstigen betrieblichen Erträgen wie zum Beispiel Merchandising und Mitgliedsbeiträgen (5,6). Die Ausgaben in Höhe von 109,3 Millionen Euro bestehen aus Personalkosten (44,5), Abschreibungen und Transferkosten (36,8) und sonstige betriebliche Aufwände (28).

Damit stockt der 1. FSV Mainz 05 sein Eigenkapital von 30,4 auf 33,7 Millionen Euro auf. Das bedeutet einen Anstieg der Eigenkapitalquote von 42,6 auf 44,4 Prozent. Die Verbindlichkeiten aus Baukrediten sanken von 3,5 auf 2,7 Millionen Euro. Und das wird nicht der letzte Umsatzrekord gewesen sein. Angesichts der enorm hohen Transfererlöse durch die Verkäufe von Abdou Diallo (28 Millionen Euro), Suat Serdar (10) und Yoshinori Muto (12) rechnet der 1. FSV Mainz 05 für das laufende Geschäftsjahr 2018/19 mit einem Umsatz von 142,7 Millionen Euro. Das würde einen Jahresüberschuss nach Steuern von 18,4 Millionen Euro bedeuten.

Ausgliederungsplan muss bis Mitte November vorliegen
Während die Zahlen den FSV zufrieden stimmten, droht Ungemach an anderer Stelle: Wie der Aufsichtsratsvorsitzende Detlev Höhne auf der Mitgliederversammlung öffentlich machte, hat das Amtsgericht Mainz dem FSV als eingetragenen Verein eine Frist bis Mitte November gesetzt, um einen Ausgliederungsplan vorzulegen. Werde das nicht geschehen, drohe dem Klub die Löschung aus dem Vereinsregister. Streitfrage ist hierbei, ob der 1. FSV Mainz 05 als eingetragener Verein einen wirtschaftlichen oder einen ideellen Zweck verfolgt. „Das ist kein Angriff auf Mainz 05, sondern auf den Profifußball generell“, sagte Höhne.

Schließlich ist Mainz 05 nicht der einzige e.V. in der Bundesliga. Ein solches Vorgehen würde auch die Berechtigung der beiden anderen eingetragenen Vereine der Bundesliga, Schalke 04 und SC Freiburg, in Frage stellen. So lange es kein gerichtliches Urteil in dieser Sache gibt, müssen sich die für Freiburg und Schalke zuständigen Rechtspfleger zwar nicht an der Einschätzung der Kollegen in Mainz orientieren, eine Löschung des 1. FSV Mainz 05 wäre aber ohne Zweifel ein Beben im Vereinssport in Deutschland. „Deshalb werden wir auch alle rechtsstaatlichen Mittel einlegen, die uns zur Verfügung stehen“, kündigte Höhne an. „Wir lassen uns das nicht gefallen.“ In dieser Frage erwarte er auch Unterstützung vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) und von der Deutschen Fußball Liga (DFL).

Emotionaler Rückblick von Trainer Sandro Schwarz
Bevor Lehmann über die Zahlen und Höhne über die Neuentwicklung in Sachen Ausgliederung informiert hatten, stand auf der Mitgliederversammlung – auf der übrigens auch die komplette Bundesliga-Mannschaft versammelt war – erst einmal der sportliche Rückblick im Fokus. Der Vereins- und Vorstandsvorsitzende Stefan Hofmann hatte sich an den Themen entlanggehangelt, die er bei seiner Rede auf der Mitgliederversammlung am 21. Januar als seine Eckpunkte vorgestellt hatte. Hofmann erinnerte daran, wie die Verantwortlichen versucht hatten, die Nähe zwischen Verein, Fans und Mannschaft wiederherzustellen – vor allem, als die Stimmung in der vergangenen Saison nach den Spielen in Frankfurt und Hoffenheim „im Minusbereich“ gewesen sei. „Der Verein war erstarrt“, blickte Hofmann zurück. Der Vorsitzende hob aber auch hervor, wie die sportliche Krise dank des „Mainzer Wegs“ überwunden wurde.

Doch Hofmann legte auch den Finger in die Wunde. Als er erste Ergebnisse der Fan-Umfrage vorstellte, machte er klar: „Wir haben seit 2011 kaum Fans dazugewonnen.“ Das sei für ihn die erschütterndste Erkenntnis der Umfrage gewesen. Seit dem Umzug in die Opel Arena und trotz der Teilnahme an der Europa League, sei es dem FSV nicht gelungen, mehr Menschen für den Verein zu begeistern. „Das ist Fakt und diesem Thema müssen wir uns stellen.“

Rouven Schröder ging in seinem Rückblick noch weiter in die Vergangenheit, erzählte noch einmal von der ständigen Unruhe um den Rücktritt von Harald Strutz, der Amtszeit von Johannes Kaluza und den vielen Nebenschaukriegsplätzen, an denen „ein Verein normalerweise auseinanderbricht“. Mit der Wahl von Hofmann im Januar 2018 sei dann die Wende eingeleitet worden. „Wir sind nicht perfekt“, sagte der 05-Sportvorstand. Doch er stellte eben auch klar: „Wir sind nicht mehr die kleinen Mainzer. Wir müssen uns hinter niemandem verstecken.“
Sandro Schwarz war dann für den emotionalen Rückblick zuständig. Der Mainzer Trainer berichtete nochmals von der Fan-Veranstaltung und davon, wie er im Anschluss seine Frau angerufen habe. „Schatz, mach dir keine Sorgen, wir steigen nicht ab“, habe er gesagt. Weil ihm der Abend mit den Fans so ein gutes Gefühl gegeben habe. „Die letzte Saison war sehr emotional“, blickte Schwarz auf sein erstes Jahr als Cheftrainer. Sein Dank galt unter anderem dem Sportvorstand. „Danke dafür Rouven, die Birne hinzuhalten in der Öffentlichkeit, um mir den Rücken zu stärken.“

Schnell und unkompliziert gingen die Entlastung des Aufsichtsrats und die Wahl des Ältestenrats über die Bühne. Karl-Heinz Elsäßer, Horst Hülß, Wolfgang Klee, Werner Koch, Dieter Laehn, Norbert Liebeck, Sigurd Spielmann und Manfred Zimmer – und damit alle Kandidaten, die zur Wahl gestanden hatten – wurden in das Gremium gewählt.

Diskussionen um Satzungsänderungen
Weiter ging es mit den Satzungsänderungen, die zunächst alle angenommen wurden. Abgelehnt wurde dann aber der Antrag des Vorstandes und Aufsichtsrates, dass Anträge für die Mitgliederversammlungen zwei Wochen zuvor in Textform beim Vorstand eingegangen sein müssen. Angenommen wurde der bereits im Vorfeld diskutierte Antrag zur Versammlungsleitung. Die Mitgliederversammlung wird künftig vom Aufsichtsratsvorsitzenden geleitet. Bei Themen, die diesen direkt betreffen, geht die Leitung auf den Vereins- und Vorstandsvorsitzenden über. Für Detlev Höhne hatte der Antrag pragmatische Gründe, wie er erklärte. Da der Vereins- und Vorstandsvorsitzende ohnehin den Haupt-Redeanteil habe, gehe es darum, sich gegenseitig zu entlasten. Stefan Hofmann forderte: „Wir sollten uns von der ideologischen Diskussion lösen. Es geht einzig um den formalen Akt der Versammlungsleitung.“

Auch der Antrag, dass die Mitglieder mit Vollendung des 16. Lebensjahres stimmberechtigt sind, wurde angenommen. Nach längeren Diskussionen erreichte auch der Antrag des Vorstandes und Aufsichtsrates hinsichtlich der Aufwandsentschädigung für den Vereins- und Vorstandsvorsitzenden eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Mit 270 Ja-Stimmen (89-Nein-Stimmen) votierten die Mitglieder für die Satzungsänderung, wonach der Vorsitzende für seine ehrenamtliche Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung erhält, deren Höhe der Aufsichtsrat festlegt und die im Finanzbericht nachzuweisen ist.

Foto: Julia Sloboda