von David Gutsche Fotos: Janika Herz & Sebastian Zimmerhackl
In Mainz befindet sich eine der weltweit größten Sammlungen afrikanischer Popmusik. Schaut mal herein:
Nein, das AMA ist nicht die deutsche Arbeitsmarkt-Agentur, sondern so ziemlich die größte Musik-Sammlung – deutschland-, wenn nicht sogar weltweit – für afrikanische Popmusik. Dafür muss man das „Archiv für die Musik Afrikas“ erst einmal finden, so versteckt liegt es auf dem Campus der Uni Mainz. Im Erdgeschoss des so genannten SBII-Gebäudes schlummern ca. 10.000 Tonträger, die zum Teil bis in die 1940er Jahre zurückreichen: Tonbänder, Kassetten, Schellack-Platten, aber auch CDs. „Regionale Schwerpunkte bilden Äthiopien, Ghana, Kamerun, Kongo (Ex-Zaire), Kenia, Nigeria und Tansania“, erzählt der Leiter des Archives Hauke Dorsch (47 Jahre). Hauke arbeitet seit 2010 für das AMA und hat das Archiv von seinem Vorgänger und Gründer des Ganzen, Wolfgang Bender übernommen. Man muss sich folgendes vorstellen: Der junge Bender war Afrika-fasziniert, Ethnologie-Student und Musik- Fan. Er bereiste wagemutig den ganzen Südkontinent, traf Musiker und sammelte, was er in die Finger bekam. Einmal transportierte er sogar eine ganze Wagenladung Tonträger von Frankreich nach Deutschland, als das dortige „Radio France International“ seine Plattensammlung auflöste. So bildete sich in Mainz über die Jahre ein beachtlicher Bestand.
Sounds of Africa
Die musikalischen Perlen im AMA reichen vom entspannten Palmwine- Sound der Kolonialzeit über Megahits und Dauerbrenner wie „Pata Pata“ von Miriam Makeba oder „Yékéyéké“ von Mory Kanté bis hin zu angesagten elektronischen Sounds des heutigen Afrika. „In Afrika ist House super populär, so wie hier Pop“, erzählt Hauke, „aber leider dennoch nicht so bekannt wie der normale Mainstream-House. Da steckt noch ein Riesenpotenzial“ – welches auch gerade einige europäische DJs für sich entdecken. Auch viel Highlife-Musik ist im AMA zu finden. Highlife ist eine Tanz- und Musikrichtung in Ghana und Sierra Leone, die aber auch in anderen westafrikanischen Ländern anzutreffen ist. Die ghanaischen Musiker entwickelten aus ihren traditionellen Rhythmen, in Verbindung mit Jazz-Elementen, einen neuen Musikstil, der auf zumeist europäischen Instrumenten (bis hin zu Geigen) gespielt wird. Der Name Highlife spielt auf die High Society der damaligen Kolonialverwaltung und der oberen Klasse an. In Deutschland entstand in den 80er Jahren mit dem Burger- Highlife eine Crossover-Version dieses traditionellen Stils. Bedeutende Interpreten waren George Darko und die Lumba Brothers.
Forschung, Feiern, Fetz
„Das Archiv ist ein Zwitter. Es gehört organisatorisch zur Universitäts-Bibliothek, aber in der Forschung und Lehre zum Institut für Ethnologie und Afrikastudien“, erklärt Hauke. Das Hauptaugenmerk liegt derzeit auf der Katalogisierung aller Titel sowie der anschließenden Digitalisierung und „Zugänglich-Machung“. Denn wer benutzt heutzutage noch Kassettengeräte und Plattenspieler? Die Arbeit wird zum Teil durch afrikanische Hilfskräfte durchgeführt. Derzeit übersetzt Clémentine Nkongolo aus dem Kongo einige hundert Liedtexte aus ihrer Heimat: „Ich verstehe aber manchmal kaum, worüber die singen. Da sind so viele Anspielungen drin und es gibt allein im Kongo mehrere Sprachen und Dialekte. Das dauert alles eine ganze Weile“, sagt sie. Worüber denn gesungen wird, will ich wissen und sie lacht nur: „Wie überall auf der Welt …“ Doch im AMA geht es nicht nur um Musik-Hören und Plattensammeln. Ein wesentlicher Bestandteil ist die Forschung, die nicht selten in Veran- staltungen mündet: Mitarbeiterin Marie Abla Dikpor referiert aktuell über den Ohrwurm-Charakter afrikanischer Songs. Gar nicht so einfach, denn was macht eigentlich einen Ohrwurm aus? Dazu kommen Veranstaltungen wie Konzerte, wo auch schon mal Bands auf der Durchreise verpflichtet bzw. eingeladen werden. Aber auch Ausstellungen von alten Postern und Plattencovers sind dabei, Lectures wie „Hip Hop in Kamerun” oder Partys von Institut-DJs, die ihre Lieblingsplatten spielen. Wer sich selbst vom Ethno-Sound inspirieren lassen möchte, dem sei am 9. Juli Sven Mietzsch – die Blues Harp sowie am 23. Juli Andreas Kreiner-Wolf mit „Ska in Argentinien“ empfohlen, beides im AMA. Weiterhin sind Termine auf der Planke Nord angedacht (www. plankenord.de).
Öffnungszeiten AMA Montag 15-17 Uhr Dienstag 12-14 Uhr Donnerstag 11-12 Uhr www.ama.ifeas.uni-mainz.de