Direkt zum Inhalt wechseln
|

Der König der Keramik: Marcel Boerckel

Umgeben von Ton, Farben und Werkzeugen fühlt sich Marcel Boerckel am wohlsten

Berufliche Umbrüche kennt fast jeder. Der gebürtige Mainzer Marcel Boerckel (37 Jahre), studierter Produktdesigner, hat sich noch einmal neu erfunden und verwirklicht mit seinem Keramiklabel „Objektnormal“ seinen Traum. Die berufliche Neuorientierung brachte ihn zur Anfertigung von nützlichen Gegenständen, Geschirr und anderen Objekten des alltäglichen Bedarfs. Wie so einige wollte auch er endlich seiner Leidenschaft folgen.

Der Brennofen ist essenziell für die Arbeit

Kein Herz aus Stein
Nach dem Studium an der Hochschule Darmstadt war für Marcel schnell klar, dass eine Tätigkeit vor dem Computer für ihn unvorstellbar wäre. „Ich möchte mit Material arbeiten; ich möchte etwas schaffen“, sagt er. Während des Studiums bis zu seinem Abschluss 2018 lernte Marcel die verschiedenen Materialien und deren Bearbeitung kennen. Die Keramik und das Töpfern begleiteten ihn dabei. Es ist die Faszination, die das Material auf ihn ausübt: „Ton kann man nicht künstlich imitieren.“ Keramik ist vielfältig formbar, und es ist möglich, bereits eine kleine Produktion ohne viele Werkzeuge zu fertigen. Alles, was man braucht, ist eine Drehscheibe und ein Brennofen und „hier und da eine Portion Kreativität“.

Von der Drehscheibe zum Studio
Der Keramikkünstler hat dabei klein angefangen. Anfangs musste eine gebrauchte Drehscheibe im heimischen Wohnzimmer herhalten, um Ideen zu verwirklichen und kreativ zu werden. Da auch ein Brennofen fehlte, waren die fertigen und noch nassen Objekte, wie Boerckel selbst sagt, „Wegwerfartikel“ und das Töpfern eher ein Hobby: „Die Arbeit bereitete mir Freude, aber mir fehlten die Werkzeuge, um die Arbeiten fertigzustellen.“ Als Freelancer war er nach dem Studium zunächst in Frankfurt und Berlin beschäftigt. Die Pandemie sorgte jedoch für einen Ausfall der Projekte und Aufträge, sodass verstärkt die Idee in den Vordergrund trat, sich selbstständig zu machen. So konnte er auch gleichzeitig wieder in seiner Wahl-Heimatstadt Mainz Fuß fassen. Im Oktober 2022 gründete Marcel somit sein eigenes Label „Objektnormal“.

Normal, aber ein Unikat

Eigens hergestellte Farben

Es ist eigentlich ein Wortspiel: „Normal“ ist so gewöhnlich, dass es jedermann im Gespräch gebraucht. Und doch drückt es auch Minimalismus aus. Dabei ist jedes Objekt handgefertigt und nicht genormt: „Ich bin Produktdesigner. Das beinhaltet die Arbeit mit verschiedenen Materialien. Doch mein Fokus liegt auf der Keramik. Das Objekt gibt mir die Freiheit, meine Arbeit offen zu gestalten,“ strahlt Marcel. Er liebt es, selbst Hand an die Dinge zu legen und den Objekten beim Bearbeiten den letzten Schliff zu verpassen. Der Fokus liegt derzeit mehr auf den Workshops – Marcel möchte seine Passion weitergeben. Er sieht sich als Botschafter, der sensibilisieren möchte, wie viel Energie, Arbeit, aber auch Freude in einem Produkt stecken. Die Freude an der Arbeit und mit Menschen merkt man ihm auch sofort an. Doch nicht nur er ist begeistert und schwärmt von seinen Workshops, bei denen die Teilnehmer den gesamten Prozess der Keramikfertigung erlernen, sondern diese stoßen auch bei Kunden auf großes Interesse. Um daran teilnehmen zu können, benötigt man keine Vorkenntnisse, sondern Freude am selbstständigen Arbeiten. Darin sieht der Vater von zwei Kindern einen Vorteil handwerklicher Tätigkeit: „Meine Kunden sehen sofort, was sie schaffen. Das ist das, was mir die Arbeit zurückgibt und weshalb ich mich immer wieder gerne selbst an die Drehscheibe setze.“ So ist auch eine eigene Kollektion in Arbeit. In Zukunft sollen zudem andere Designer eingeladen werden.

Zurück zum Ursprung
Für Marcel ist es auch wichtig, sich von der Massenware abzusetzen. So sind es auch seine Farben, die eine Besonderheit darstellen. Anders als diverse Keramikkünstler, die ihren Werken mit Glasuren Farbigkeit verleihen, arbeitet der Mainzer farbige Mineralien bereits in den Ton ein. Während eines Praktikums bei der niederländischen Designerin Hella Jongerius ließ er sich von den bunten Lichtspielen inspirieren. Von da an zeichnen sich seine Werke durch besondere Kolorierungen aus, die beim Anblick faszinieren. War er noch vor einigen Monaten am Nordhafen beheimatet, der nun einem Neubau durch die Stadtwerke weichen muss, befinden sich seine neuen Räumlichkeiten inkl. Werkstatt nun am Kirschgarten in der Altstadt. Hier kann auch eine kleine Auswahl der Kollektion erworben werden. Aber auch auf Marcels Website wird momentan ein Online-Shop eingerichtet. „Zwischenzeitlich hatte ich vor, in die neu entstehenden Kunst- und Kultur-Räume des Ollohofes zu ziehen. Aber der Prozess hatte sich gezogen, auch wenn die Nähe zur Kunsthochschule schön gewesen wäre. Immerhin unterstützt ihn so auch seine Frau: „Sie ist zwar selbst nicht in der kreativen Branche tätig, aber wir unterstützen uns, wo immer es geht, sodass Familie und Beruf miteinander harmonieren. Das hilft mir sehr und ich bin dankbar dafür.“
www.objektnormal.de

Text Maike Schuppe Fotos Marcel Boerckel